Jemand bezahlt in einem Bus das Ticket kontaktlos via iPhone (Quelle: IMAGO/Westend61)
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Geld | Beitrag | Lesedauer etwa 2 Minuten - Apple: Öffnet Schnittstelle für andere Bezahldienste

Damit kommt Apple einer hohen Strafzahlung der EU zuvor: Der Tech-Riese ermöglicht anderen Bezahldiensten, ohne Umwege übers iPhone zu laufen.

Derzeit können Apple-Nutzer das auf allen iPhones installierte kontaktlose Bezahlsystem nur mit den entsprechenden Apple-Diensten nutzen. Wenn beispielsweise Banken ihre Karten zum kontaktlosen Bezahlen auf dem iPhone nutzbar machen wollen, ging das bisher nur über Apple Pay und Apples hauseigene mobile Geldbörse Wallet. Auf dem nötigen Chip des iPhones, über den man das Telefon an der Ladenkasse statt einer Bankkarte einsetzen kann, konnten sie nicht zugreifen. Finanzdienstleister kritisierten das seit langem. Apple erklärte diese "Zugangssperre" dahingegen immer mit Sicherheitsüberlegungen.
 
Das wird sich ändern: Das US-Unternehmen öffnet die entsprechenden Zugänge, um das kontaktlose Bezahlen mit dem iPhone auch für andere Anbieter zur Verfügung zu stellen und weitere Entwicklungen zu ermöglichen.
 
Damit kommt der US-Konzern Forderungen der EU-Kommission nach, die Apple vorgeworfen hatte, die Konkurrenz im Bereich mobiler Geldbörsen zielgerichtet zu behindern. Die Wettbewerbshüter der EU akzeptieren die Zugeständnisse des US-Unternehmens, alle Bedenken, die Anfang des Jahres noch bestanden, konnte Apple mit neuerlichen Zugeständnissen ausräumen. Ein mehr als vier Jahre andauernder Streit um das Bezahlsystem wird damit beigelegt. Ohne Einigung hätten Apple Strafzahlungen in Milliardenhöhe gedroht.
 
Die Zusagen sind ab dem 25. Juli für zehn Jahre rechtlich bindend, "ab diesem Datum werden Entwickler in der Lage sein, eine mobile Geldbörse auf dem iPhone anzubieten, die das gleiche
"Tap-and-Go"-Erlebnis bietet, das bisher Apple Pay vorbehalten war", so EU-Wettbewerbshüterin Margaretehe Vestager. Die Zusagen gelten in allen EU-Ländern sowie Island, Liechtenstein und Norwegen und sollen zehn Jahre in Kraft bleiben. Ihre Umsetzung soll von einem von Apple benannten Treuhänder überwacht werden, der der EU-Kommission über den gesamten Zeitraum hinweg Bericht erstatte.

Apple Wallet (Quelle: IMAGO/NurPhoto/Jakub Porzycki)
Alle Funktionen auch für die Konkurrenz

Um das auf allen iPhones installierte Bezahlsystem auch für Wettbewerber zu öffnen, sichert Apple anderen Entwicklern von mobilen Geldbörsen und Zahlungsdiensten eine Schnittstelle zum dafür benötigten NFC-Chip zu. Über den NFC-Chip kann ein Smartphone über die Nahfeldkommunikation Informationen mit Bezahlgeräten austauschen; der NFC-Chip stellt dabei eine drahtlose Verbindung zum Bezahlterminal eines Händlers her.
 
Die Bezahldienste der Konkurrenz sollen zudem die gleichen Funktionen nutzen können, die für Apple Pay Standard sind: Gesichtserkennung, die Aktivierung mit einem Doppelklick und die Möglichkeit, die App als Standard einzustellen. Dafür und für das generelle Bereistellen der Schnittstelle zum NFC-Chip darf Apple von der Konkurrenz keine Gebühren erheben.
 
Die Anwendungen Apple Pay und Apple Wallet sollen weiterhin für Nutzer und Entwickler verfügbar seien, so Apple. Es wird also weiter die Möglichkeit bestehen, die Apps zum Bezahlen oder digitalem Hinterlegen von Ausweisen zu nutzen.

EU-Wettbewerbskommissarin betont Verbraucherfreundlichkeit

Bislang habe Apple seine dominante Position als iPhone-Hersteller missbraucht und dem eigenen Dienst einen unfairen Vorteil verschafft, erklärte die EU-Wettbewerbskommissarin. "Das schadet den Verbrauchern und ist nach den EU-Wettbewerbsregeln illegal." Das Verhalten Apples hinderte Entwickler daran, neue und konkurrierende mobile Geldbörsen für iPhone-Nutzer anzubieten."
 
Andere Anbieter - wie etwa der neu gestartete Bezahldienst Wero von deutschen Banken - würden von nun an "in der Lage sein, bei mobilen Zahlungen mit dem iPhone in Geschäften mit Apple Pay zu konkurrieren", so Vestager. "Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden also eine größere Auswahl zur Verfügung haben."
 
Denn: Das Zahlen mit dem Handy wird in Europa laut EU-Kommission deutlich beliebter. "Die Nutzung von mobilen Geldbörsen in Geschäften hat sich in den vergangenen vier Jahren verdreifacht", erläuterte Vestager.
 
Bisher hat allerdings lediglich das britische Unternehmen Curve angekündigt, diese Möglichkeit zu nutzen und eine eigene mobile Geldbörse anzubieten.

Einigung kommt nach Milliardenstrafe

Erst im März hatte die EU-Kommission eine Strafe in Höhe von 1,8 Milliarden Euro gegen Apple verhängt. Der US-Konzern habe seine Stellung im Musikstreaming-Geschäft missbraucht. Zusätzlich laufen in Brüssel weitere Verfahren gegen den Konzern. Nach Einschätzung der Kommission verstößt Apple mit seinem App-Store etwa gegen die europäischen Wettbewerbsregeln.
 
Apple muss sich seit März an das Gesetz für digitale Märkte, auch "Digital Markets Act" (DMA) genannt, halten, mit dem die EU die Marktmacht sogenannter Gatekeeper - also Torwächter - des Internets einschränken will.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material von DPA, AFP und AP, 21.07.2024.