Logo des Tiktok Shops (Quelle: IMAGO/NurPhoto/Jaque Silva)
Bild: IMAGO/NurPhoto/Jaque Silva

Recht | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Tiktok: In-App-Shopping startet unter Kritik

Tiktok bringt die Funktion Shop nach Deutschland - monatlich über 20 Mio Nutzer:innen in Deutschland können jetzt direkt in der App einkaufen. Für die einen die Zukunft des Onlinehandels - für die anderen eine Gefahr.

In der Videoplattform Tiktok ist jetzt auch in Deutschland die Einkaufsfunktion Tiktok Shop verfügbar; User:innen können dann direkt in der Shop Produkte bestellen, die zum Beispiel von Influencern beworben werden. Der Kaufprozess ist direkt in die App integriert, die Zahlungsdaten sind hinterlegt, eine Verlinkung zum Shop des Anbieters ist nicht nötig. TikTok verkauft dabei selbst nichts, kassiert aber eine Provision.
 
Wie das Unternehmen bekannt gab, wird die in anderen Ländern bereits verfügbare Funktion am 31. März auch in Deutschland, Frankreich und Italien freigeschaltet. Für Nutzer unter 18 Jahren soll die Einkaufsfunktion laut Unternehmensangaben gesperrt bleiben. Doch Verbraucherschützende fürchten, dass die Funktion für junge Nutzerinnen und Nutzer dennoch großes Suchtpotential bereithält.
 
Tiktok kam nach eigenen Angaben zuletzt auf 24,2 Millionen monatliche Nutzer in Deutschland. Die App ist eine der größten Social-Media-Plattformen und gehört dem Konzern Bytedance, der seine Zentrale in China hat.

Neue Formate, neue Kaufanreize

Tiktok Shop arbeitet viel mit Livestreams, in denen die Produkte erklärt und angeboten werden. "Formate wie Video oder Live bieten die Möglichkeit, viel mehr Informationen zu vermitteln, als es eine statische Produktseite kann", so Max Burianek, der für den deutschen Tiktok-Shop verantwortlich ist. Mode zum Beispiel könne zu Hause ganz anders aussehen als auf Fotos. Bereits heute entdecken nach Unternehmensangaben 67 Prozent der Nutzer Produkte und Marken auf Tiktok. Dass die Videos dabei wie normale Inhalte wirken, aber Werbung sind, ist ein Risiko für die Nutzer:innen, die sich so vielleicht vorschnell für einen Kauf entscheiden.

Expert:innen trauen dem neuen Tiktok Shop viel zu

"Tiktok kann den Onlinehandel revolutionieren", so E-Commerce-Expertin Karolin Junker de Neui von der Digitalberatung Etribes. Die großen Onlineshops wie Amazon & Co. seien für Kunden häufig wenig inspirierend und deckten lediglich die Bedarfe. Bei Tiktok sei das anders: "Dort werden mir Produkte auf Basis meines Nutzungsverhaltens vorgeschlagen. Das ist wie bei einem Einkaufsbummel. Ich muss nicht suchen, ich werde auf Dinge gestoßen, von denen ich vorher noch gar nicht wusste, dass ich sie brauche." Für Junker de Neui "ein echter Gamechanger".
 
Das Potenzial ist groß: Bei den sozialen Netzwerken belegt die Plattform in Deutschland den vierten Rang hinter Whatsapp, Instagram und Facebook. In keinem anderen Portal verbringen die Menschen so viel Zeit: im Schnitt knapp 35 Stunden im Monat. "Viel Zeit, um die Menschen zu bespielen und Kaufanreize zu schaffen", sagt Ralf Deckers vom Kölner Institut für Handelsforschung (IFH).
 
Deckers rechnet damit, dass die etablierten Onlineportale - ähnlich wie zuletzt bei Temu - sich von Tiktok inspirieren lassen und etwa Elemente des Live-Shoppings übernehmen werden.

Manipulative Designs im Fokus der Kritiker

Tiktok und die neue Shop-Funktion wird von Verbraucherschützenden kritisch beäugt. Die Vorwürfe: manipulative Designs - also Benutzeroberflächen, die Nutzer beeinflussen und austricksen, um sie dazu zu bringen, bestimmte Entscheidungen zu treffen.
 
Verbraucher sollten sich nicht allein auf die Produktpräsentation oder vermeintlich authentische Empfehlungen verlassen, rät Stefanie Grunert vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Sie sollten darauf achten, wer ihnen etwas verkauft, und beim Bezahlen nicht auf den Käuferschutz verzichten.
 

Auch aus Datenschutzgründen bedenklich

Laut Bundesbehörde für Datenschutz und Informationsfreiheit ist Tiktok datenschutzrechtlich mehrfach negativ aufgefallen. Die Altersgrenze von 13 Jahren könne zum Beispiel von Kindern leicht umgangen werden.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material von DPA und AFP, 31.03.2025.