Wenn das Elternhaus ausgeräumt wird -
Das Elternhaus. Ein Ort, voller Erinnerungen. Wenn die Eltern sterben oder älter werden und ihnen Haus oder Wohnung zu groß wird, sind es oft die Kinder, die ausräumen müssen.
Sie entscheiden: Was wird aus der Heimat der Eltern? Was hat noch Wert und was muss weg? Die Sendung erzählt Geschichten von Menschen, die sich vom Ort ihrer Kindheit verabschieden müssen, wie schwer das fällt und wie sie es schaffen, diesen Abschied zu meistern.
Ina Schwarz (61) und ihre Schwester Annedore Knaack (64) räumen seit mehreren Monaten das Haus ihrer Eltern aus, nachdem ihre Mutter im letzten Sommer und ihr Vater bereits 2009 starb.
In dem Anwesen in Blandikow, im Brandenburgischen Heiligengrabe, stecken viele Erinnerungen: Die Urgroßeltern hatten das Haus gebaut, mehrere Generationen lebten hier unter einem Dach, hier war erst der Kolonialwarenladen des Ortes und später ein Konsum untergebracht; die zwei Mädchen mussten oft im Laden helfen.
"Es gab Momente nach dem Tod meiner Mutter, da bin ich reingekommen und musste wieder nach Hause gehen. Weil ich immer gedacht hab, sie sitzt mir noch auf der Schulter und sagt zu mir, was machst du hier, du kannst doch nicht alles ausräumen! Am liebsten würde ich das Haus gar nicht verkaufen", so Ina Schwarz. Ihre Schwester Annedore fürchtet: "Es kommt der Zeitpunkt, wo man nur noch die Erinnerungen daran hat, aber nicht mehr zum Ort gehen kann, von dem die Erinnerungen stammen. Das wird schwer".
Auch für Anne Kriesel ist der Abschied vom Elternhaus schmerzhaft. Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters blieb die Mutter im Elternhaus wohnen. Das ist jetzt 10 Jahre her, damals sahen sich Annes Geschwister und ihre Mutter mit vielen Fragen konfrontiert: Was ist zu erledigen nach einem plötzlichen Tod? Wie organisiere ich eine Beerdigung? Wo finde ich Unterstützung?
In der heute 40-jährigen Anne wuchs der Gedanke ein Netzwerk zu gründen, mit Experten, an die sich Betroffene vor und nach dem Tod eines Angehörigen wenden können; so ist "Bohana" entstanden. "Man hat so viele Sachen, mit denen man sich rund um den Tod eines Angehörigen auseinandersetzen muss, da kann man jede Unterstützung von außen gebrauchen."
Nun muss Anne Kriesel sich von ihrem Elternhaus verabschieden. Ihrer Mutter möchte in eine Wohnung ziehen. Die Kinder unterstützten ihren Entschluss und helfen bei der Beräumung. Doch das ist nicht leicht, denn inzwischen wohnen die drei weit weg, Sohn Johannes sogar in den USA. Er kann sich vom Haus nicht einmal mehr verabschieden.
Für Anne steht nun ein letzter Besuch im leer geräumten Elternhaus an: "Ich habe schon Fotos der Zimmer vor der Beräumung gemacht, und ich habe mir den alten Lieblingssessel meines Vaters mitgenommen. Solche Erinnerungen helfen, damit auch in Zukunft Dinge aus der Vergangenheit bleiben, die einem wichtig sind".
Beim letzten Besuch des elterlichen Grundstücks, gräbt Anne gemeinsam mit ihrer Mutter Marie Pflanzen im Garten aus. Die will Anne mit zu sich nach Hause nehmen. Erinnerungen, die bleiben sollen!
Film von Heike Dickebohm
Erstausstrahlung: 23.01.2021/rbb