- "WILLY – Verrat am Kanzler" ab 24. April in der ARD Mediathek
Zum 50. Jahrestag des Rücktritts von Willy Brandt
Vor 50 Jahren, am 6. Mai 1974, trat Willy Brandt zurück. Der Kanzler stürzte über die Guillaume-Affäre. Sein Referent Günter Guillaume war als DDR-Spion enttarnt worden. Ein gefundenes Fressen für die Presse und die "Parteifreunde". Die vierteilige Doku-Serie "WILLY – Verrat am Kanzler" von rbb, SWR, NDR und WDR rekonstruiert die folgenschwerste Spionageaffäre der Bundesrepublik Deutschland – aus Frauensicht.
Am 24. April sind alle vier Folgen der Doku-Serie in der ARD Mediathek abrufbar. Die 90-minütige Fassung ist am 6. Mai um 22.50 Uhr im Ersten zu sehen.
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rbb/Friedrich-Ebert-Stiftung/J.H. Darchinger
Drei Folgen der Doku-Serie stehen im Audio/Video-Bereich zur Ansicht. Sie müssen eingeloggt sein und die Audio/Video-Berechtigung besitzen, um die Videos schauen zu können.
Ein Politthriller aus Frauensicht
In vier Folgen à 30 Minuten erzählen die Filmemacher:innen Jan Peter und Sandra Naumann eine Geschichte von Geheimnissen, Lügen und Verrat, die einem Puzzle gleicht. "WILLY – Verrat am Kanzler" zeigt einen Politthriller, der die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft, dafür sorgen auch die Archivausschnitte der damaligen Berichterstattung. Eine Besonderheit der Doku liegt in der Perspektive auf die historischen Ereignisse dieser Ära aus Frauensicht: Protagonistinnen der Serie sind u.a. die Journalistin und Vertraute Brandts Heli Ihlefeld, DDR-Spionin Lilli Pöttrich, Autorin und Podcasterin Yasmine M’Barek, Journalistin Eva-Maria Lemke sowie Historikerin und Bestseller-Autorin Katja Hoyer. Wie in ihren vorherigen Arbeiten ("Rohwedder", "Deutschland 9/11", "Der letzte Flug", "LUBI – Ein Polizist stürzt ab") machen Jan Peter und Sandra Naumann Geschichte für ein heutiges Publikum erfahrbar.
Intrigen, Liebschaften und ein Wahlkampf
Die Zeitreise von "WILLY – Verrat am Kanzler” beginnt am Ende des Zweiten Weltkriegs: Günter Guillaume und Willy Brandt versuchen ein neues, ein besseres Deutschland aufzubauen, in der DDR und in der BRD. Doch im Osten ist die Bevölkerung unzufrieden. Hunderttausende fliehen in den Westen – dies nutzt die Staatssicherheit, um Spione einzuschleusen, darunter auch Guillaume. Er macht Karriere in der SPD. 1972 erschüttert ein Machtkampf die BRD. Der Grund ist die neue Ostpolitik des Kanzlers und eine zunehmende Wut der Opposition. Neuwahlen stehen an. Im Team für Brandts Wahlkampf ist auch Guillaume. Sechs Wochen ist Brandt mit ihm im Sonderzug auf "Willy wählen”-Tour unterwegs, absolviert bis zu acht Auftritte am Tag, schläft zu wenig, raucht und trinkt zu viel. Er bleibt Kanzler, aber am 24. April 1974 platzt die Bombe, der Spion im Kanzleramt fliegt auf. Brandt gerät unter Druck. Die DDR-Regierung ist in Panik, denn ein Sturz des Kanzlers könnte fatal für die Beziehung der beiden deutschen Staaten sein. Und dann taucht eine brisante Liste auf: Namen vermeintlicher Geliebter Brandts. Die Grenzen zwischen politischem Intrigenspiel und persönlichem Drama verschwimmen.
"WILLY – Verrat am Kanzler" ist eine Produktion der DOKFILM GmbH im Auftrag von rbb, SWR, NDR und WDR für die ARD.
Im Jahr 1957 beginnt der Bundesnachrichtendienst mysteriöse Nummernsender aus dem Osten abzuhören. Aber erst im Frühjahr 1973 offenbaren die geheimnisvollen Botschaften einen brisanten Verdacht. Glückwünsche zur Geburt des Sohnes führen zu einem Mann ins Kanzleramt. Günter Guillaume, Referent von Willy Brandt, gerät als Spion der DDR ins Visier. Der Verfassungsschutz schlägt Alarm – und was als routinemäßige Überwachung beginnt, entwickelt sich bald zu einem handfesten Skandal ...
Episode 2: Nie wieder Krieg
Den Weltkrieg überlebt der junge Günter Guillaume als einer der wenigen seiner Klasse – er kehrt zurück in seine Heimatstadt Berlin. Willy Brandt hingegen kommt 1945 aus dem Exil zurück nach Deutschland. Beide suchen in den Trümmern nach einem Neuanfang und wollen ein neues, ein besseres Deutschland aufbauen. Doch im Osten ist die Bevölkerung unzufrieden, Hunderttausende fliehen in den Westen. Dies nutzt die Staatssicherheit, um Spione einzuschleusen, darunter auch Günter Guillaume. Er macht bald Karriere.
Episode 3: Sonderzug
1972 erschüttert ein Machtkampf die BRD. Der Grund ist die neue Ostpolitik des Kanzlers und eine zunehmende Wut der Opposition. Neuwahlen stehen an. Im Team für Brandts Wahlkampf ist auch Guillaume. Sechs Wochen ist Brandt mit ihm im Sonderzug auf „Willy wählen”-Tour unterwegs, absolviert bis zu acht Auftritte am Tag, schläft zu wenig, raucht und trinkt zu viel. Er bleibt Kanzler ...
Episode 4: Intrigen
Im April 1974 platzt die Bombe, der Spion im Kanzleramt fliegt auf. Brandt gerät unter Druck. Die DDR-Regierung ist in Panik, denn ein Sturz des Kanzlers könnte fatal für die Beziehung der beiden deutschen Länder sein. Und dann rückt auch noch Brandts Privatleben in den Fokus. Es taucht eine brisante Liste auf: Namen vermeintlicher Geliebter. Die Jagd ist eröffnet. Die Grenzen zwischen politischem Intrigenspiel und persönlichem Drama verschwimmen.
Die Protagonistinnen
Eva-Maria Lemke
Journalistin und Host des Podcasts "Dark Matters – Geheimnisse der Geheimdienste"
Christa Luft
Ökonomin und Politikerin, stellvertretende Vorsitzende des Ministerrates und Wirtschaftsministerin der DDR in der Modrow-Regierung und von 1994 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages (PDS)
Hélène Miard-Delacroix
Historikerin und Politikwissenschaftlerin, Professorin für Geschichte und Kultur des zeitgenössischen Deutschlands an der Sorbonne Université
Daniela Münkel
Historikerin und Leiterin der Forschung beim Stasi-Unterlagen-Archiv
Heli Ihlefeld
Journalistin in der Bonner Republik, Vertraute von Willy Brandt
Hope Harrison
Expertin für den Kalten Krieg, Professorin für Geschichte und Internationale Beziehungen an
der George Washington University, zum Mauerfall in Berlin
Juliane Krämer
Professorin für Datensicherheit und Kryptografie an der Universität Regensburg
Katja Hoyer
Historikerin am King's College London und Bestsellerautorin (u.a. "Diesseits der Mauer")
Katja Ebstein
Sängerin und Schauspielerin, engagierte sich im Wahlkampf 1972 für Willy Brandt
Lilli Pöttrich
DDR-Spionin im Auswärtigen Amt, SPD-Mitglied
Roswitha Verhülsdonk
CDU-Politikerin, ab 1972 im Bundestag
Yasmine M'Barek
Journalistin, Podcasterin und Autorin (u.a. "Radikale Kompromisse" mit einem Kapitel zu Willy Brandt)
Im Interview: Jan Peter und Sandra Naumann
Warum erneut eine Doku zu Willy Brandt?
Wir beschäftigen uns mit Geschichte, weil wir etwas über uns im Hier und Heute erfahren wollen. Und so erzählt jede Generation neu, wie und warum die Welt, die uns umgibt, so wurde, wie sie ist. In einer gewissen Weise ist das auch ein Test für die Wirkmächtigkeit der Story selbst: Lässt sich im Damals noch etwas wiederfinden von unseren gegenwärtigen Fragen, Zweifeln, Ängsten und Hoffnungen? Bei der Affäre um den Kanzlerspion Günter Guillaume und den von ihm ausgelösten, wenn auch vielleicht nicht allein verursachten, Sturz Willy Brandts gibt es Vieles, was es wert ist, wieder und neu erzählt zu werden. Zum einen sind da die neuen Möglichkeiten seriellen Erzählens und eine Dramaturgie, die sich weniger am täglichen Polit-Klein-Klein als an dem großen, emotionalen Getriebensein der Handelnden orientiert. Wir erzählen diesen Fall als eine Parallelgeschichte zweier – oder mit Einbeziehung von Christel Guillaume eher dreier – deutscher Leben mitten in diese Teilung Deutschlands hinein. Es ist viel mehr zugespitztes Drama als eine rein faktische Nacherzählung. Zum anderen ist gerade die legendäre Ostpolitik Willy Brandts, aber auch die Durchdringung der bundesdeutschen Politik und der Sicherheitsorgane mit Agenten feindlicher Mächte, heute auf eine ganz andere, dramatischere Weise aktuell, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall zu sein schien.
Warum ein Film rein aus Frauenperspektive?
Was beim Schauen des Archivmaterials der 1960er- und frühen 1970er-Jahre aus der Bundesrepublik, in dem aus der DDR etwas weniger, aber grundsätzlich auch, sofort auffällt, ist die nahezu vollständige Abwesenheit von Frauen und ihrer Perspektive im Politikbetrieb und in den Berichten darüber. Sie werden als "Arabeske" (so wörtlich in einem ARD-Beitrag), als "hübsche Objekte" manchmal ins Bild gerückt, aber sie bekommen nahezu nie eine eigene Stimme zugesprochen. ÜBER sie aber wird ununterbrochen geredet, gewitzelt, geraunt – sie sind buchstäblich Objekte der Begierde einer Generation von Politikern, für die "die Affäre" wie selbstverständlich zu ihrer Existenz in Bonn dazuzugehören schien. Diese Diskrepanz wollten wir im Sinne der Devise "show, not tell" sicht- und vor allem fühlbar machen. Wir wollen aber auch zeigen, wie sehr sich Wahrnehmung und Gesellschaft in den vergangenen fünfzig Jahren eben doch gewandelt haben. So erzählen und kommentieren vor der Kamera ausschließlich Frauen, aus vier Generationen, die Geschichte. Sie eint in ihrer Unterschiedlichkeit doch eben eines: ihre Kompetenz, ihre Durchdringung des Themas und ihre einzigartige Zeitzeugenschaft. Die Männerperspektive fehlt ja keineswegs; Willy Brandt und Günter Guillaume kommen im Archivmaterial selbst zu Wort. Die Erzählhaltung wird vielmehr vollständig gemacht durch die Stimmen der Frauen.
Wer sind die O-Ton-Geberinnen? Wie ist die Auswahl der O-Ton-Geberinnen zustande gekommen?
Wir haben zuerst unmittelbare Zeitzeuginnen der dramatischen Ereignisse angefragt. Zu sehen sind so die Journalistin Heli Ihlefeld oder die große Brandt-Unterstützerin Katja Ebstein, aber auch eher kritischere Zeitzeuginnen wie die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und vehemente politische Gegnerin Brandts Roswitha Verhülsdonk. Eine weitere Stimme ist Lilli Pöttrich, die seit den 1970ern für den Osten spionierte. Hinzu kommen Historikerinnen, Journalistinnen, Podcasterinnen, die aus ihrem Wirken heraus eine tiefe inhaltliche und/oder emotionale Verbindung zu Willy Brandt und dem Wirken der Guillaumes entwickeln. Uns ging es dabei immer um die Verbindung von Sachkenntnis und persönlicher Leidenschaft in Bezug auf unser Thema. Auch auf eine ausgewogene Darstellung der West- wie Ost-Perspektiven kam es uns an. Gerade uns, als aus der ehemaligen DDR stammenden Filmmenschen, ist es immer wichtig, die Geschichte beider deutscher Staaten als ein gleichberechtigtes, nicht von vornherein einander verdammendes Nebeneinander zu erzählen. So steht z.B. die Ostberlinerin Eva-Maria Lemke als Host des äußerst erfolgreichen Geheimdienst-Podcasts DARK MATTERS ebenso vor unserer Kamera wie die ostdeutsche Bestsellerautorin und Historikerin Katja Hoyer, die Kölner ZEIT-Journalistin und Podcast-Queen Yasmine M'Barek und die aus Niedersachsen stammende Leiterin der Forschungsabteilung des Stasi-Unterlagen-Archivs Daniela Münkel.