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Ein Film von Jessy Wellmer und Dominic Egizzi
Sendetermine:
- Montag, 26. August, um 20.15 Uhr im Ersten
- Mittwoch, 28. August, um 20.15 Uhr im rbb Fernsehen
- ab Freitag, 23. August online first in der ARD Mediathek
Was ist los mit der Demokratie in Deutschland? In ihrem neuen Film geht Jessy Wellmer der Frage nach, warum so viele Menschen an der Demokratie zweifeln. "Ich war in der Oberlausitz, im Erzgebirge oder in Oberhof. Und wenn man anfängt, mit Leuten über Politik zu sprechen, merkt man: Sehr viele haben eigentlich abgeschlossen 'mit der Politik‘, 'mit denen da oben‘, mit Ampel, CDU und 'dem Westen‘. Also: Ja, es ist mir ganz schön viel Spaltung und Polarisierung begegnet."
Auf ihrer Reise durch Deutschland legt die tagesthemen-Moderatorin einen besonderen Fokus auf Sachsen und Thüringen, wo am 1. September gewählt wird. Hier wird die Polarisierung besonders deutlich, etwa auf einer Veranstaltung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Juli in Dresden, die von lautstarken Protesten der rechtsextremen Partei "Freie Sachsen" begleitet wurde. Jessy Wellmer besucht zudem den Landrat von Mittelsachsen, Dirk Neubauer, der nach heftigen Anfeindungen von rechts kürzlich seinen Rücktritt angekündigt hat. Derartige Bedrohungen, so Neubauer, führten dazu, "dass Sie irgendwann anfangen, sich abends umzudrehen, wenn Sie aus dem Auto aussteigen. Und das macht was mit Ihnen." Der Landrat sorgt sich um die Demokratie in Deutschland: "Wenn wir nationalistischen Bestrebungen weiter Tür und Tor öffnen, dann werden wir in Schutt und Asche enden. Es ist nicht nur fünf vor zwölf. Es ist zehn nach zwölf."
Jessy Wellmer trifft in Sachsen auch auf Thomas Schurig, den Bürgermeister von Dorfchemnitz. In der kleinen Erzgebirgsgemeinde bekam die AfD bei der Bundestagswahl 2021 fast 48 Prozent der Stimmen. Von Brandmauern hält der parteilose Bürgermeister nichts – obwohl der Verfassungsschutz die sächsische AfD als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" einstuft: "Ich kann mich nicht als Bürgermeister hinstellen und sagen: Passt mal auf, ihr seid von der AfD, mit Euch rede ich nicht. Das wird es bei mir nicht geben. Und genauso sehe ich das in der großen Politik. Wir müssen einen Dialog führen. Und wenn wir aufhören, miteinander zu reden, dann ist die Demokratie vorbei."
In Berlin spricht Jessy Wellmer mit dem Soziologen Prof. Dr. Steffen Mau von der Humboldt-Universität über die Gründe für eine zunehmende Skepsis gegenüber den demokratischen Institutionen vor allem in den ostdeutschen Bundesländern: "In Ostdeutschland liegt das eben auch an der kürzeren demokratischen Tradition, aber natürlich auch letzten Endes an der DDR, die eben politische Mitwirkung ausgeschlossen hat als Diktatur. Und das alles kommt jetzt ein Stück weit zusammen."
Der aus Thüringen stammende ehemalige Biathlet Erik Lesser wiederum schildert, wie er auf die anstehenden Wahlen in seinem Heimatland blickt. Über mögliche Gründe für einen Demokratieverdruss spricht Jessy Wellmer mit dem Kabarettisten Dieter Nuhr, der die Meinungsvielfalt in Deutschland gefährdet sieht – von links wie von rechts – und eine Verrohung des demokratischen Diskurses beobachtet. Es komme immer seltener vor, dass Menschen andere Meinungen respektierten, ohne das Gegenüber "gleich für eine Drecksau zu halten".
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker berichtet, wie gefährlich die demokratische Arbeit von Politikerinnen und Politikern sein kann. Sie wurde 2015 einen Tag vor ihrer Wahl von einem Rechtsextremisten mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt: "Es ist schon unwirklich, wenn einem der Hals durchgeschnitten wird auf offener Straße. Und wenn der Attentäter dann auch noch sagt: Ich habe Sie ja gar nicht gemeint. Ich wollte die Bundeskanzlerin treffen, aber an die bin ich nicht rangekommen."
Zudem trifft Jessy Wellmer auf Serdar Kaya, Geschäftsführer bei einem sächsischen Fallschirmhersteller. Er hat türkische Wurzeln und kennt Diskriminierung, im Osten bekomme diese aber eine neue Qualität.
Die Auseinandersetzung mit der Demokratie ist Jessy Wellmer persönlich wichtig: nicht nur als politische Journalistin, sondern auch als Frau, die in der DDR aufgewachsen ist, und als Mutter, die sich um die Zukunft ihrer Kinder sorgt: "Das sinkende Vertrauen in die Demokratie geht uns alle an. Ich möchte verstehen, woher die Skepsis kommt und wie wir sie vielleicht auch wieder überwinden können."
Ergänzt werden die unterschiedlichen Eindrücke, die Jessy Wellmer gemeinsam mit ihrem Ko-Autor Dominic Egizzi auf ihrer Reise gewinnt, in einer eigens für den Film in Auftrag gegebenen infratest-dimap-Umfrage, in der die Deutschen zu ihrer Meinung über die Demokratie befragt werden.
"Machen wir unsere Demokratie kaputt?" ist eine perspektivenreiche Auseinandersetzung mit dem Zustand der Demokratie in Deutschland.
Ein Film von Jessy Wellmer und Dominic Egizzi produziert von Beckground TV im Auftrag von NDR und rbb für die ARD.
Fotos zur Doku gibt es unter www.ard-foto.de.