Neues Museum in Berlin - Nofretete-Büste vor 100 Jahren erstmals öffentlich ausgestellt

Mo 01.04.24 | 11:28 Uhr
  8
Die Büste der ägyptischen Königin Nofretete steht im Neuen Museum in Berlin. (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
dpa/Christophe Gateau
Video: rbb24 Abendschau | 31.03.2024 | Ulli Zelle | Bild: dpa/Christophe Gateau

Sie fasziniert seit 100 Jahren die Museumsbesucher: Die Büste der Königin Nofretete ist heute der Star der Ägyptischen Sammlung in Berlin. Bei der ersten Ausstellung der Ausgrabungsstücke war sie allerdings noch eines von vielen Objekten.

Die Büste der Nofretete wurde vor genau 100 Jahren erstmals in Berlin öffentlich ausgestellt. In der am 1. April 1924 eröffneten Dauerausstellung nahm die Büste allerdings noch nicht die herausragende Stellung ein, die ihr heute im Ägyptischen Museum zuteilwird.

Zwar wurde das Neue Museum für die neue Ausstellung der Ägyptischen Sammlung umgebaut, wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) erklärte. Doch die um 1340 vor Christus gefertigte Büste war damals nur eines unter vielen Fundstücken. Die Presse habe 1924 vor allem den Umbau des neuen Museums gelobt, so die SPK.

Nofretete wirbt für Bier, Zigaretten und Kaffee

Die Reaktionen der Fachwelt und der Künstler auf die Büste waren laut der Stiftung zunächst verhalten. Dagegen sei sie beim breiten Publikum zum Idol weiblicher Schönheit avanciert. Kopien der Büste waren demnach sehr beliebt und hätten sich gut verkauft. Nofretete und ihr Gemahl Amenophis IV (später Echnaton) seien als Werbeträger für Bier, Zigaretten, Tee und Kaffee vermarktet worden.

Die Nofretete-Büste war 1912 im ägyptischen Tell-el-Amarna gefunden worden. Sie wurde bei der Fundteilung der deutschen Seite zugesprochen und 1913 nach Berlin transportiert, so die SPK. Dort habe sie James Simon, der die Grabung finanziert hatte und somit Eigentümer der Funde war, zunächst in seiner Villa in der Tiergartenstraße aufgestellt. Simon schenkte die Büste sowie andere Fundstücke 1920 den Berliner Museen.

Dass die Büste erst zwölf Jahre nach ihrem Fund öffentlich ausgestellt wurde, lag laut dem Historiker Sebastian Conrad daran, dass die Deutschen Sorge gehabt hätten, dass Ägypten Rückgabeforderungen hätte erheben können. Das habe sich bewahrheitet: Erste Forderungen seitens der ägyptischen Regierung habe es 1924 gegeben. Bis heute wird immer wieder über eine Rückgabe der Büste diskutiert, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz betont jedoch, dass die damalige Aufteilung der Fundstücke rechtmäßig gewesen sei.

"Die Erhaltung ist eine wunderbare gute"

Grabungsleiter Ludwig Borchardt schrieb Jahre nach dem Fund der Nofretete, er sei überzeugt, "dass meine Worte den Eindruck dieses Kunstwerks nicht wiedergeben können, und dass selbst die farbige Wiedergabe […] nicht die Lebendigkeit und Zartheit des Originals verdeutlicht, sondern sie nur ahnen lässt. […] Die Erhaltung ist eine wunderbare gute."

Die 47 Zentimeter hohe Büste besteht aus Kalkstein und Gips. Ihre Bemalung sei "in diesem Erhaltungszustand einzigartig", so die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Das rechte Auge wurde aus Bienenwachs und Bergkristall gefertigt. Das linke Auge wurde – wenn es je existierte – nie gefunden.

Die geheimnisvolle Schöne

Borchardt mutmaßte, dass die Büste der Königin als "Bildhauermodell" diente. Deshalb sei die linke Augenhöhle "der überflüssigen Arbeit wegen" nie hergestellt worden. Neueste Untersuchungen ließen aber keine eindeutige Entscheidung zu, heißt es von der SPK.

Über das Leben der Nofretete (übersetzt: "Die Schöne ist gekommen") ist wenig bekannt. Wann genau Nofretete geboren wurde oder starb, ist unklar. Sie lebte im 14. Jahrhundert vor Christus und war die Hauptgemahlin von Pharao Amenophis IV., der sich später Echnaton nannte. Mit ihm hatte sie insgesamt sechs Töchter. Laut der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist allerdings unwahrscheinlich, dass Nofretete auch – wie häufig behauptet – die Mutter von Tutanchamun ist.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.04.2024, 09:10 Uhr

8 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 8.

    Faszinierend schön und echt scheint die Büste ja zu sein, oder?
    Über 100 Jahre ist der Schatz in Berlin zu bewundern und kein Aprilscherz.

  2. 7.

    Haben ägyptische Museen und Privatherscher auch „“Raubkunst“ von anderen und wollen diese zurückgeben? Welche internationalen Vereinbarungen werden angestrebt? Sonst wird es die ausgelachten „Dummen“ geben.
    Eine Büste als Zahlungsmittel für teure Ausgrabungen, die vielleicht mehrheitlich in Ägypten geblieben sind, ist nicht unredlich oder muss es nicht sein. Das zu untersuchen wäre die Aufgabe. Ihr Vergleich mit dem NS Regime ist so weit daneben, dass jede weiteren Schritte wieder zunichte gemacht werden.

  3. 6.

    Ich hatte den deazugehörigen Bericht in der Abendschau gesehen und der war schon zum Davonlaufen peinlich desinformierend. Der Artikel unterlegt die offen zelebrierte Unwissenheit und gleichzeitig Selbstlegitimation.

    Warum? Agypten war zur Zeit der Ausgrabungen britisches "Protektorat". Es war kein selbstständig handelnder Staat. So auch die Behörde, der Supreme Council of Antiquities, die zumeist französisch kontrolliert wurde. Ironischerweise war das Anliegen des Gründers der Behörde der Verbleib historischer Monumente in Ägypten. Ergo, alles war in kolonialer Hand, ob Land, Behörden oder Verträge, unter denen ausgehandelt wurde, wohin was gehen durfte. Sich auf Rechtmäßigkeit zu berufen, ist gleichbedeutend mit selbiger Einforderung, wenn es um die Verbrechen der NS-Zeit geht. Es war Unrecht, das sich nicht mit den Verträgen der Verbrecher legitimieren lässt. Es ist blanke Raubkunst und das dt. Museum beteiligte sich an Hehlerei. Scheints das Kerngeschäft europäischer Museen.

  4. 5.

    Für mich gehört sie nach Ägypten !!!!
    Sie gehört nicht zum Weltkulturerbe , sondern zum ägyptischen Kulturerbe .

    Natürlich spielt der finanzielle Aspekt eine sehr große Rolle, sie in Berlin zu lassen .

  5. 4.

    Warum noch gleich wollte die ägyptische Seite die Büste zurück? Die Frage ist wieder nicht beantwortet, aber thematisiert worden. Wollen Sie das Einfachste eines Artikels verstehen?

  6. 3.

    In der heutigen Zeit finde ich es unerträglich, wenn man nach wie vor der Meinung ist dass diese winderbare Büste wie die gesammte agyptisvhe Sammlungen nicht ins neue Museum nach Kairo gehören

  7. 2.

    Wunderbar wie „Experten“ den Beitrag in völliger Unkenntnis der Umstände einordnen in die Unrechte. Vielleicht ist die im Artikel genannte Aufteilung und die Tatsache das 1924, bevor diese Diskussion über Eigentümer aus den Ursprungsländern losging, schon jemand öffentlich die Meinung vertrat, es sei so gerecht aufgeteilt. Vielleicht kann man mal demütig die Komplexität des Lebensgeschehens NICHT auf schwarz-weiße Rhetorik reduzieren.

  8. 1.

    Warum noch gleich wollte die ägyptische Seite die Büste zurück?
    Nur mal so. Es ist ja der Begriff Raubkunst von Ideologen geprägt worden, ohne zu sagen was das ist. Denn jedes Land hat demnach „Raubkunst“ und war nicht selten ein Zahlungsmittel.

Nächster Artikel