Geheime Abstimmung am Mittwoch - rbb-Rundfunkrat will Interims-Intendanz wählen

Mi 07.09.22 | 14:53 Uhr
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Das beleuchtete Logo des Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ist an der Fassade am Sitz des Senders an der Masurenallee angebracht. (Quelle: dpa/Carsten Koall)
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Video: rbb24 | 07.09.2022 | Gespräch mit Thomas Bittner | Bild: dpa/Carsten Koall

Der Rundfunkrat kommt am Mittwoch zusammen, um eine Interimsleitung für den Sender zu wählen. Kritik gibt es im Vorfeld daran, dass es mit der aktuellen WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau nur eine Kandidatin gibt.

Der Rundfunkrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) will am Mittwochnachmittag in geheimer Abstimmung darüber entscheiden, ob Katrin Vernau Interims-Intendantin des krisengeschüttelten rbb wird oder nicht. Die 49-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin benötigt im Rundfunkrat eine Zweidrittelmehrheit, um als Übergangsintendantin gewählt zu werden.

Nach einer rund zweistündigen Videoschalte am Dienstagabend hieß es aus Teilnehmerkreisen, dass es wie geplant bei der Wahl im Rundfunkrat bleiben werde. Zuvor hatte es massive Kritik sowohl innerhalb als auch außerhalb des Senders am Auswahlverfahren gegeben. Zunächst hatte die Vertretung der freien Beschäftigten des Senders in einer Erklärung kritisiert, dass nur eine Kandidatin dem Rundfunkrat zur Auswahl gestellt würde.

Freienvertretung: WDR-Vergangenheit Vernaus könnte Bürde sein

Die Eignung von Vernau für das Amt wurde zwar ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen, allerdings hieß es in der Erklärung auch, allein der Eindruck, mit Frau Vernau würde "eine Statthalterin des WDR" eingesetzt, wäre eine "erhebliche Bürde". Dieser Erklärung schloss sich auch der Redaktionsausschuss des rbb an. Ähnliche Stimmen waren im Verlauf des Dienstags auch aus dem Rundfunkrat zu hören.

Befürchtungen, dass Vernau von WDR-Intendant Tom Buhrow in den rbb entsandt wurde, wies die amtierende Vorsitzende des rbb-Rundfunkrates, Dorette König, allerdings zurück. Buhrow sei in die Auswahl Vernaus nicht involviert gewesen, sagte König am Mittwoch im Medienausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Der Vorschlag sei "ausdrücklich nicht" von ihm gekommen.

Irritiert darüber, dass dem Rundfunkrat nur Vernau vorgeschlagen wird, zeigte sich auch der Berliner Journalistenverband. "Ich weiß aus gut unterrichteter Quelle, dass mehr Namen vorgeschlagen wurden für dieses Interimsamt", sagte der Berliner DJV-Vorsitzende Steffen Grimberg dem rbb. "Ich weiß nicht genau, was dagegen spricht, sich einige mehr anzugucken und dem Rundfunkrat dann entsprechend die Entscheidung zu überlassen."

"Einvernehmliches Votum" in der Findungskommission

Ursprünglich hatte das auch der Rundfunkrat gefordert. Noch vor einer Woche war die geplante Wahl einer Interimsleitung mit der Begründung abgesagt worden, dass der Rundfunkrat mehrheitlich entschieden habe, dass es sinnvoll sei, mehrere Kandidaten als Vorschlag von Seiten der Findungskommission zu präsentieren. Dafür benötige diese noch etwas Zeit.

Dass es nun anders gekommen ist, begründete der kommissarische Vorsitzende des Rundfunkrates Dieter Pienkny mit einer entsprechenden Entscheidung der vom Rundfunkrat eingesetzten Findungskommission. Dieser gehören neben ihm selbst die Vorsitzende des Verwaltungsrats, Dorette König, die rbb-Personalratschefin Sabine Jauer sowie die Vorsitzende der Freienvertretung, Dagmar Bednarek, an. Pienkny betonte, in der Findungskommission sei am Sonntag "einvernehmlich" über Vernau abgestimmt worden. "Die Messe ist gelesen. Nachkarten ist überflüssig, da wir ein klares Votum haben."

König verteidigt die beschleunigte Wahl

Auch König hat die beschleunigte Wahl verteidigt. Mit Vernau habe man eine Kandidatin gefunden, die über die notwendigen Kompetenzen verfüge, sagte die Vorsitzende des rbb-Rundfunkrates am Mittwoch im Medienausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Es sei eine Person mit Führungs- und Managementfähigkeiten gesucht worden, so König. Es gehe nicht darum, das Programm zu überarbeiten. "Es geht darum, das Haus zu führen und wieder zu einen", konkretisierte König.

Sollte die Wahl Vernaus zur Interimsintendantin scheitern, sei das für den rbb "sehr, sehr schwierig", ergänzte König. In diesem Falle müsse eine reguläre Ausschreibung gestartet werden. Dass es für die Stelle der Interimsintendanz keine Ausschreibung geben müsse, hatte zuvor die Staatskanzlei in Brandenburg erklärt. Das Land hat aktuell die Rechtsaufsicht über den rbb.

Interimslösung wäre maximal ein Jahr im Amt

Die Interimsleitung darf nach Maßgabe der Rechtsaufsicht maximal ein Jahr amtieren. Anschließend muss ein regulär gewählter Intendant oder eine Intendantin die Aufgabe wahrnehmen. Aufgabe der Interimsleitung wird es also sein, in den kommenden Monaten nicht nur die Aufklärung voranzutreiben und die Strukturen im rbb neu zu ordnen, sondern auch den Weg für die Wahl einer regulären Hausspitze zu ebnen.

Sendung: rbb24, 07.09.22, 13:00 Uhr

18 Kommentare

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  1. 18.

    Kein Mensch weiß, was in einem Jahr ist. Ich gehe als Optimistin davon aus, dass es nach den bekannt gewordenen und noch immer bekannt werdenden Vorfällen im nächsten Jahr kein "weiter so" geben kann. Hoffentlich geht der Personalrat gestärkt aus dieser Affäre hervor und bietet unanständigen Wünschen einer neuen Geschäftsleitung sofort Paroli. Die durch Beharrlichkeit Schweigen schuldig gewordenen Mittäter/innen sitzen ja alle noch auf ihren Stühlen und hoffen wohl, dass niemand sie entdeckt.

  2. 16.

    Ich bin fassungslos: Derselbe Rundfunkrat, der bislang alle "Machenschaften" der alten Intendantin abgenickt hat, soll jetzt eine Interims-Intendantin wählen und dann auch noch diese Dame vom WDR??? Eine Frau, die gerade beim WDR die Tarifverhandungen "führt" und mit Kündigung des Tarifsvertrags droht, wenn die Festen nicht fast stagnierende Gehälter akzeptieren und die Freien nicht quasi auf Honorare verzichten??? Eine Frau, die nichts mit Journalismus zu tun hat, die zu einer "Vertrauten" von Tom Buhrow zählt? Will er den RBB-Mitarbeitenden eine "Laus in den Pelz" setzen? Mit der ändert sich gar nichts an dem sehr korrupt und filzig wirkenden System! NIEMAND aus der ARD kann diesen Job übernehmen!

  3. 15.

    Der Laden ist reformunfähig!

  4. 14.

    Der RBB-Rundfunkrat wählt heute einen Interimsintendanten. Die Suche erinnert verblüffend an die Methode, mit der früher hinter den Kreml-Mauern der neue Sowjet-Führer ermittelt wurde. Wichtigste Maxime: keiner von außen – und keiner, der ernsthaft etwas ändern könnte.

  5. 13.

    Bitte nicht schon wieder eine Vorbelastete und dazu noch vom WDR. Das klingt nicht nach Neuanfang!

  6. 12.

    Wieder nur ein weiter so, als RBB-Nutzer spürt man keinen echten Willen zur Veränderung, zur Verbesserung. Die Jobs werden immer nur an die gleiche Klientel weitergereicht. Die Forderungen der Gebührenzahler werden einfach NICHT ernst genommen. Schluss damit!

  7. 11.

    Wieso der Rundfunkrat dieses sollten die Mitarbeiter/innen machen und dieses aus mehreren Bewerbungen. Der Rundfunkrat hat doch mit der alten Geschäftsführung auch zusammen gearbeitet und ist daher für mich nicht tragbar.

  8. 10.

    "...dass sie keine Ostdeutsche ist, ist doch nur ein Thema für Menschen, die seit 30 Jahren in einer Zeitschleife rotieren..." Ich würde Ihnen ja Recht geben, wenn sich beim Proporz des Führungspersonals in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, wenigstens in den letzten 20Jahren, wesentlich etwas getan hätte. Sichtbar hat es das nicht. Hier geht es nicht um Quoten oder gar "Critical Westdeutschness" (!?), sondern um Repräsentanz. Was auch etwas mit Identifikation zu tun hat.

  9. 9.

    Das Problem ist, die Bewerberin ist Teil des maroden Systems und hat selbst seit Jahren im diesem System der Verschwendung und Selbstbedienung gewirkt. Sie kann und will keine Veränderung beim ÖRR.

  10. 8.

    Letztendlich kann der rbb wohl nur aufgrund eines neuen (!) RBB-Staatsvertrages erfolgreich reformiert werden. Seine möglichen Zutaten:
    1. Intendanz-Team mit 3-5 Personen.
    2. Verwaltungsrat mit fachkompetenten 6-7 Personen, ohne zeitaufwendige Nebenbeschäftigungen.
    3. Rundfunkrat mit sachkompetenten 25-35 Personen, ohne zeitaufwendige Nebenbeschäftigung
    4. Compliance-Stelle mit 2-3 sachkompetenten Personen und 1 Ombudsfrau oder -mann.
    5, 1 Vertreterin oder 1 Vertreter der sog. Freien Mitarbeiter/innen im Personalrat.

  11. 7.

    Um mehrere Kandidatinnen und Kandidaten vorschlagen zu können, muss man ja erst mal welche finden. Offenbar drängt sich kaum jemand nach diesem Job, der sicher nicht ganz so üppig bezahlt wird wie in der Vergangenheit. Frau Vernau hat die notwendige Qualifikation und dass sie keine Ostdeutsche ist, ist doch nur ein Thema für Menschen, die seit 30 Jahren in einer Zeitschleife rotieren.

  12. 6.

    Ich bin ganz ruhig. Und nur weil die bisherigen "Regularien" eine Beteiligung des Personals nicht vorsehen muss das auch so bleiben? Ich bin zuversichtlich, dass die neue Intendantin in einem Jahr die gleiche ist, die jetzt Interimsintendantin wird. Da wird es vielleicht heißen, sie hat sich bewährt, über dem italienischen Parkett liegt ein Teppich, und nicht nur dort. Die Gremien bestehen zu 80% aus den alten Mitgliedern und wir wurschteln weiter wie bisher?

  13. 5.

    Mit Verlaub: Ohne Übles zu reden, scheint mir da die NRW-Brandenburg-Connection seit der Zeit von Manfred Stolpe und Johannes Rau am Wirken zu sein, zumindest im Sinne eines Nachhalls. So sehr die Beiden einen guten Draht zueinander hatten, so war es schon seinerzeit schwierig, zwei so völlig unterschiedliche Länder zusammenzubringen, ohne dass das Ganze nach dem Motto "Berlin + x" laufen soll.

    Gewiss: Die Interims-Intendanz ist ja nicht von all zu langer Dauer.

    Was langfristig wichtig wäre, wäre eine spezifische Management-Ausbildung im öffentlichen, im Gemeinwohl- und im sozialen Bereich, die sich von der klassischen wirtschaftlichen Managementausbildung eindeutig unterscheidet - seit mehr als einem halben Jahrhundert überfällig.

  14. 4.

    Nun beruhigen Sie sich mal. Das Amt Interimsintendant ist auf ein Jahr befristet. So soll die Geschäftsfähigkeit des rbb sichergestellt werden. Die Regularien sehen eine Wahlbeteiligung des Personals nicht vor. In einem Jahr wird sich turnusmäßig ein neuer Rundfunk- und Verwaltungsrat konstituiert haben. Ich bin zuversichtlich, dass die dann benannten Rätinnen und Räte mit wachen Augen und scharfem Verstand agieren werden, und sie werden es sein, die eine/n neue/n Intendantin/Intendanten wählen

  15. 3.

    Das Verhalten der Findungskommison ist unglaublich. Unbelehrbar. Man muss die alten Toten Äste endlich abschneiden.

  16. 2.

    Die Haltung von Herrn Pienkny ist schon sehr anmaßend. Entscheidungen an der Belegschaft des RBB vorbei treffen, ohne Rückhalt der Mitarbeiter. Und die Wahl findet hinter verschlossenen Türen und geheim statt. Weder Herr Pienkny noch Frau König haben Lehren aus der Vergangenheit gezogen. Vollkommen abgehoben, beratungsresistent, realitätsfern und daher für diese Ämter nicht tragbar.

  17. 1.

    Pienkny betonte, in der Findungskommission sei am Sonntag "einvernehmlich" über Vernau abgestimmt worden. "Die Messe ist gelesen. Nachkarten ist überflüssig, da wir ein klares Votum haben."

    Liebe MitarbeiterInnen des rbb. Bitte bitte lassen Sie das nicht zu. Bitte bitte zeigen Sie dieser Findungskommission, das eine solche Hinterzimmerentscheidung von befangenen Vollversagern, die ihrer Kontrollfunktion in der Vergangenheit bereits nicht nachgekommen sind, nicht mehr akzeptiert werden kann.

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