"Dalli" in Oder-Spree - Rufbusse führen zu Ärger bei Taxi-Unternehmen

Di 20.02.24 | 14:51 Uhr
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Dalli Rufbus in Storkow
Audio: Antenne Brandenburg | 19.02.2024 | Eva Kirchner-Rätsch | Bild: rbb

Der Rufbus "Dalli" rollt seit zwei Jahren erfolgreich durch Storkow und das Amt Scharmützelsee. Gut 1.000 Fahrgäste werden damit pro Woche transportiert. Kritik kommt von der IHK aufgrund der Konkurrenz zu anderen Fuhrunternehmen.

Fahrten zum Arzt, zur Arbeit oder zu Freunden sind für viele Menschen auf dem Land ohne Auto undenkbar. Als Alternative rollt seit rund zwei Jahren in der Region Storkow und um den Scharmützelsee (Oder-Spree) der sogenannte Dalli-Bus. Der Rufbus kann mehr als 500 virtuelle Haltestellen ansteuern.

Nachfrage deutlich gestiegen

Das flexible Angebot ergänzt im Auftrag des Landkreises Oder-Spree den öffentlichen Nahverkehr auf dem Land und kommt gut an. Zunächst mit nur wenigen Nachfragen gestartet, hat sich die Zahl der Nutzer inzwischen aufgrund der Mundpropaganda vervielfacht. Das bestätigen sowohl die Kreisverwaltung als auch die Bürgermeisterin von Storkow, Cornelia Schulze-Ludwig (SPD). "Wir haben ganz viele positive Rückläufe. Dalli befördert im Moment circa 1.000 Leute in der Woche - nicht nur in Storkow, sondern wir haben auf das Amt Scharmützelsee erweitert. Die Kinder fahren von A nach B und können auf einmal bequem zum Training fahren."

Flexibler Nahverkehr per App und VBB-Tarif

Aber nicht nur Kinder oder deren Eltern, sondern auch Senioren oder Berufstätige können den Dalli-Bus bequem über eine App oder per Telefon die Zentrale in Storkow bestellen. Die Kleinbusse kommen genau dann, wenn Fahrgäste es wünschen, erklärt Dalli-Projektleiter Eike Bader: "Man fragt eine Buchung an, zum Beispiel für morgen 11 Uhr. Das System sucht dann die nächstmögliche Fahrt." Und das an sieben Tagen in der Woche, auch dort, wo sonst nur wenige Busse oder Bahnen fahren. Die Fahrten richten sich nach dem Tarif des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB). Lediglich ein Zuschlag von einem Euro wird zusätzlich berechnet.

Taxiunternehmen verlieren Fahrgäste

Doch das Erfolgsprojekt hat auch Kritiker. Taxifahrer und private Fahrdienste beobachten, dass Kunden abwandern und kritisieren, dass sie in das Projekt nicht einbezogen werden. So fasst auch Guido Noack von der Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg (IHK) den Unmut zusammen. Er hätte sich mehr Zusammenarbeit gewünscht. "Das Ziel sollte es durchaus sein, einmal in der Stunde von meinem Ort hin- und hinzukommen. Aber auch da könnte man Taximitfahrunternehmen einbeziehen. Die haben ja schon längst die Fahrzeuge und alles, was dazu gehört sowie Fahrerinnen und Fahrer, die sich in der Region ganz gut auskennen."

Keine Rückmeldungen beim Kreis eingegangen

Im April 2022 hat der Landkreis den Dalli-Bus über eine Ausschreibung als Pilotprojekt ins Leben gerufen. Kritik weisen die Initiatoren von sich, erklärt Tim Jurrmann aus der Abteilung für Mobilitätsplanung. "Wir bieten jedem Taxi- und Verkehrsunternehmen im Landkreis an, mit uns ins Gespräch zu kommen, um Teil des Systems zu werden. Leider haben wir dazu keine Rückmeldung bekommen. Mein Telefon hat noch nicht geklingelt."

Der Landkreis wolle auch in Zukunft an dem Projekt festhalten. Und auch die Dallibus-Betreiber betonen ausdrücklich, man sei gesprächsbereit und könnte sich die Zusammenarbeit mit regionalen Fahr- oder Taxianbietern durchaus vorstellen, so Projektleiter Eike Bader.

Mittlerweile beschäftigt das Rufbus-Unternehmen 25 Angestellte in der Region. Nutzer geben an, durch den Dalli-Bus auf Autofahrten zu verzichten. Nicht zuletzt die Bürgermeisterin Cornelia Schulze-Ludwig selbst. "Ich bin auch regelmäßige Dalli-Fahrerin. Ich wohne auch auf einem Ortsteil und weiß, wie es ist, immer auf das Auto angewiesen zu sein. Ich nutze das auch und gerne."

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 19.02.2024, 19:30 Uhr

Mit Material von Eva Kirchner-Rätsch und Franz-Paul Helms

12 Kommentare

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  1. 12.

    Von was sich die Taxifahrer aber auch alles gestört fühlen. Von Uber, von Bolt, jetzt von den Rufbussen. Vielleicht sollten die mal versuchen ihren Ruf zu verbessern, dann klappt es auch mit der Kundschaft.

  2. 11.

    Willkommen im globalen Wettkampf, äh, Wettbewerb. Auch im selben Ort. Geiz ist immer goil. Was passiert eigentlich mit den sensiblen Metadaten, wer sich wie oft zu/nahe welchem Arzt fahren lässt oder wann von welcher Kneipe abholen?

  3. 9.

    Na die Zusammenarbeit schreckt schon viele Taxi Unternehmen ab, da sie dann ihren Mitarbeitern plötzlich Tariflohn zahlen müssen. Dalli und auch Busverkehr Oder-Spree sind doch tarifgebunden.

  4. 8.

    Der Dalli fährt Montag bis Freitag von 6 - 22 Uhr und am Wochenende von 8 - 22 Uhr, auch Feiertags.

  5. 7.

    >"Ich glaube nicht das es in der Nacht so einfach ist innerhalb von 10 Minuten einen Rufbus zu bestellen."
    Wie ich schon in meinem Kommentar [toberg] vom 20.02.2024 um 18:22 schrieb, fahren diese Bedarfs-Rufbusse meist nur Mo bis Fr 7 bis 19 Uhr.
    PS: Für 7 EUR fährt hier in der Fläche auch kein Taxi Abends. Aktuelle Preise, ich letzte Woche Mo: 23 Uhr 15 km mit Anfahrt = 35 EUR inkl. Servicegeld für den freundlichen Fahrer = 40 EUR. So geht Taxi im Nachttarif in der Fläche heute!
    Gerne doch, weil es ja nur noch einen Taxibetrieb hier unter der Woche für Abends gibt.

  6. 6.

    Das liegt vielleicht daran dass es kaum noch Mitarbeiter gibt die sich die ganze Nacht für eine Fahrt von vielleicht 7,-€ rumschlagen. Zu ist es auch gefährlich geworden für die Fahrer, es gab oft Überfälle oder Leute die nicht zahlen wollten bzw. Konnten. Ich glaube nicht das es in der Nacht so einfach ist innerhalb von 10 Minuten einen Rufbus zu bestellen. Das vergessen leider viele sehr oft!

  7. 5.

    Dass die Taxi-Unternehmen ihre Felle bei der Patientenbeförderung zum Arzt und zurück wegschwimmen sehen, geschieht denen so gesehen auch ganz Recht. Die allermeisten Taxiunternehmen machen nur noch solche Fahrten und leben super damit. Aber rufen Sie mal in einer Kleinstadt Brandenburgs für 23 Uhr unter der Woche ein Taxi. "Wir fahren nur bis 16 Uhr" hört man oft dann. Und die wirklich wenigen Taxiunternehmen, die auch Abends in der Fläche fahren, sind so gut ausgelastet, dass die solche Rufbusse nicht fürchten müssen. Diese Rufbusse fahren nämlich maximal nur bis 19 Uhr und meist nur Mo bis Fr.
    Solche Bedarfs-Rufbusse werden die ersten 2 Jahre leider nur sehr zögerlich angenommen, ehe sich die Leuts an dieses Angebot samt der organisatorischen Planung bzw. Buchung gewöhnt haben.

  8. 4.

    Rufbusse sind eine tolle und kostengünstige Möglichkeit, die ländlichen Regionen mobiler zu machen. Davon sollte es noch deutlich mehr geben und auch mit flexibleren Fahrzeiten. Nicht jede Fahrt ist mindestens 3 Stunden vorher planbar.
    Das Problem mit den Taxen sind nicht nur deutlich höhere Kosten sondern die mangelnde Bereitschaft, für einen Fahrgast in "die Pampa" zu fahren, um dann leer wieder in eine größere Region oder zum nächsten Fahrgast zu fahren.

  9. 3.

    Ich verstehe nicht, dass sich Taxifahrer etc über den Dalli - Bus beschweren. Wer früh um 5 ein Taxi benötigt wird abgewiesen, genauso wenig kann man nachts ein Taxi rufen, es lohnt sich angeblich nicht! Das ist uns mehrfach passiert.
    Vielleicht wäre Zusammenarbeit eine Idee!

  10. 2.

    Mehr Rufbusse, Sammelbevörderung ist in anderen Ländern der Standard. Sollte auch in Deutschland vermehrt zum Einsatz kommen. Ist ja auch eine Art von Klimaschutz - "sharing is caring!"

  11. 1.

    Gute Idee. Kann Vorbild auch für andere Orte in BRB sein. Taxiunternehmen können auch mitmachen. Sehr hier aber wenig Potential, da man auf dem Land kaum ein Taxi bekommt. Scheinen gut ausgelastet zu sein.

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