Interview | BTU-Präsidentin Grande zum Hochschulgesetz - "Am Ende ist ein Gesetz rausgekommen, was minimale Gestaltungsfreiräume eröffnet"

Mi 20.03.24 | 15:32 Uhr
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Gesine Grande, aufgenommen nach der Vereidigung als Präsidentin der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg. (Quelle: dpa/Stache)
Bild: dpa/Stache

Lange wurde in Brandenburg um ein neues Hochschulgesetz gerungen. Der große Wurf scheint die Novelle aus Sicht der Betroffenen aber nicht zu sein. rbb|24 hat mit der Präsidentin der BTU Cottbus-Senftenberg, Gesine Grande, über das Gesetz gesprochen.

rbb24: Frau Grande, was wird sich durch das neue Hochschulgesetz für die BTU Cottbus-Senftenberg verändern?

Gesine Grande: Das neue Hochschulgesetz für Brandenburg hat ja einen sehr langen Prozess durchlebt und durchlitten, weil es doch sehr unterschiedliche Vorstellungen über das Anliegen und die Auswirkungen dieses Hochschulgesetzes gab. Wir haben auch in der Runde der brandenburgischen Hochschulpräsidentinnen und -präsidenten viele, viele Diskussionen geführt, weil unser Wunsch eigentlich war, dass wir ein Gesetz haben möchten, das uns mehr Autonomie, mehr Gestaltungsfreiheit, mehr Spielräume gibt. Am Ende ist ein Gesetz rausgekommen, was minimale Gestaltungsfreiräume eröffnet, dafür neue Dinge regelt, die bisher nicht geregelt waren.

Zum Beispiel wenn es um das Thema Professuren geht. Was genau ändert sich denn in diesem Punkt für Hochschulen, wie die BTU?

Die Universitäten können jetzt freier ihre Professuren ausschreiben. Es gibt die sogenannten Open-Topic-Professuren. Das heißt, ich kann eine Professur ausschreiben, die noch nicht gewidmet ist. Jeder, der interessiert ist, an der BTU zu wirken, kann sich mit Blick auf unsere Profillinien und unser Konzept bewerben. Der, der uns am meisten überzeugt, der am besten passt, der die exzellenteste Voraussetzung mitbringt, den würden wir dann einstellen [...].

Normalerweise wird eine Professur auf der Grundlage von jahrelangen, vorhergehenden strategischen Überlegungen ausgeschrieben. Und dann ist es ein langer Prozess in so einer Universität, bis so eine Ausschreibung mit so einer Widmung genehmigt ist. Das Ganze muss von der Fakultät, vom Senat und von mir genehmigt werden. Jetzt mit der neuen Regelung im Gesetz konnten wir sagen, wir schreiben einfach eine Professur aus, die hat kein Thema. Und dann könnten sich Umweltwissenschaftler bewerben, weil sie sagen, sie haben hier so ein tolles umweltwissenschaftliches Profil und da würden wir sehr gut hinpassen und ich bringe das und das mit.

Das ist für Außenstehende, glaube ich, ziemlich irritierend. Für Universitäten war es lange undenkbar, dass man einfach eine Stelle ausschreibt und dann den besten nimmt und da rundherum was strickt, was zur Uni passt.

Das klingt nach viel Gestaltungsspielraum, aber Sie sind skeptisch?

Das muss man, glaube ich, auch gar nicht so lange vertiefen, weil es auf absehbare Zeit unseren Alltag wirklich wenig beeinflussen wird. Wir sind seit 2014 eigentlich im Abbau von Professuren und dann haben wir eher immer Bedarfe, die wir gar nicht decken können. Da fällt eine Professur weg, also muss man langfristig überlegen, dass dieses Fachgebiet dann hier nicht mehr besetzt ist und wie man dafür vielleicht mit anderen Gebieten Schwerpunkte setzt, die zukunftsorientiert sind.

Man braucht schon gewisse Freiheitsgrade, auch innerhalb der eigenen Personalstruktur, wenn man solche Instrumente regelhaft nutzen will. Also ich will das nicht ausschließen und es ist ein Beispiel dafür, dass es auch neue Freiheitsgrade gibt, aber es ist tatsächlich wahrscheinlich nicht so alltagsrelevant.

Was ist der beste Punkt im neuen Hochschulgesetz?

Für uns ist es der Artikel 7, der sich auf die Änderungen des sogenannten Errichtungsgesetzes bezieht, also das Gesetz zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz, so heißt es ausgeschrieben. Das ist das Gesetz, das damals extra geschrieben worden ist, als die Fusion der alten BTU Cottbus mit der Hochschule Lausitz beschlossen wurde. Das hat seitdem einen sehr strengen Rahmen für die Weiterentwicklung der neu gegründeten BTU Cottbus Senftenberg gesetzt.

Für uns war es extrem wichtig, dass wir diesen sehr einengenden Rahmen doch wieder loswerden. Das heißt, wir haben schon auch sehr darum gekämpft, eigentlich seit ich hier im Amt bin [Anm. d. Red.: Gesine Grande ist seit 01.10.2020 Präsidentin der BTU], dass wir dieses Gesetz anpassen können und das geht vor allem darum, dass wir zukünftig gerne ausschließlich Universität wären und nicht mehr diesen historisch bedingten Teil einer Fachhochschule in unserer Universität inkorporieren. Das hat überhaupt nichts mit den unglaublich engagierten Kolleginnen und Kollegen zu tun.

Es zeigt sich einfach nur, dass Hochschulen 'entweder oder' sein müssen und wir sind, glaube ich, jetzt hier mit dem Strukturwandel, mit unserem dynamischen Wachstum, mit den ganzen außeruniversitären und Bundesinstituten in einer ganz anderen Situation als vor zehn Jahren. Wir möchten unbedingt diese Chance nutzen und dafür müssen wir auch die Leistungspotenziale nutzen können.

Es ist auch ein offenes Geheimnis, dass unser Hybridstatus wahrscheinlich ein echter Hinderungsgrund war, in die deutsche Forschungsgemeinschaft aufgenommen zu werden, was wiederum auch am Ende ein Aspekt von Renommee und Standing in der wissenschaftlichen Gemeinschaft ist.

Was auch für den geplanten Aufbau einer Universitätsmedizin in Cottbus wichtig wäre?

Wir werden einen Kooperationsvertrag abschließen und dort als BTU beim Aufbau der Universitätsmedizin schon eine tragende Rolle spielen. Es geht ja um akademische Kultur, um akademische Standards, um die Implementierung von Berufungsverfahren - aber auch um Kooperation in der Lehre und in der Forschung. Wie soll man das schaffen, wenn man nicht eben auch auf Augenhöhe wahrgenommen wird? Also selbst, wenn wir der Meinung sind, wir sind in vielen Bereichen wirklich grandios, aber es geht manchmal auch um das Formale. Das ist ein ganz wichtiges Ziel für uns.

Wir haben das auch in unserem Hochschulentwicklungsplan schon so formuliert und ich denke, dass wir bis zum Ende von diesem Zeitraum 2026 auch einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt haben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Aspasia Opitz. Der Text ist eine gekürzte und redigierte Fassung.

Hinweis: Nach Veröffentlichung dieses Interviews sind noch eine Frage und die dazugehörige Antwort herausgekürzt worden. Diese gehörten nicht zum eigentlichen Interview und waren aufgrund eines Missverständnisses online gestellt worden. Dafür bitten wir um Entschuldigung.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.03.2024, 14:30 Uhr

3 Kommentare

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  1. 3.

    Was, bitte, meinen Sie mit "Geschenkte Noten" ?

  2. 2.

    Interessant fänden wir mal eine Fragerunde bezüglich des Mobbings und der falschen, geschenkten Noten an dieser Universität. Wird dies in der Medizin Fakultät künftig auch so gehandelt, dass nicht bestandene Prüfungen nachträglich von Mitarbeitern korrigiert wird?

  3. 1.

    Sehr interessant. Macht es doch deutlich worauf es ankommt, ob eine Forschungseinrichtung gut ist oder nicht: Es ist nie die Immobilie, es sind immer die Menschen...die auch wertgeschätzt werden müssen um zu kommen oder zu bleiben, z.B. im Status und Namen der Forschungseinrichtung.

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