Rückkehr zum Spielbetrieb - TuS Makkabi: Wiederanpfiff unter Polizeischutz

Mo 16.10.23 | 06:24 Uhr
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Die Spieler von Tus Makkabi bei einer Schweigeminute (IMAGO/Matthias Koch)
Video: rbb24 | 15.10.2023 | Uri Zahavi | Bild: IMAGO/Matthias Koch

Vor einer Woche sagten die Fußballer von TuS Makkabi angesichts der Angriffe der Hamas auf Israel all ihre Spiele ab. Am Sonntag traten ihre Männerteams nun wieder an – begleitet von viel Polizei, großer Unsicherheit, aber auch Solidarität.

Es herrschte ein ebenso beeindruckendes wie außergewöhnliches Bild auf dem Fußballplatz von Anadoluspor Berlin in Kreuzberg. 45 Polizisten hatten sich in ihren dicken Uniformen auf den Weg zum Sportplatz gemacht. Einige von ihnen standen am Sonntagnachmittag direkt am Spielfeldrand, andere ein paar Meter weiter entfernt am Zaun, wieder andere an einer provisorischen Taschenkontrolle am Eingang. Der unfreiwillige Anlass für die hohen Sicherheitsvorkehrungen war der sonntägliche Gegner von Anadoluspor: TuS Makkabi.

Eine schlimme Woche mit vielen Gesprächen

Dessen zweite Herrenmannschaft nahm am Sonntag bei Anadoluspor den Spielbetrieb wieder auf. Etwas später am Nachmittag kehrte auch die erste Mannschaft des jüdischen Vereins in der dritten Runde des Berliner Landespokals bei Berolina Stralau auf den Rasen zurück. Und wenngleich das Polizeiaufgebot dort nicht ganz so groß war wie in Kreuzberg, war der außergewöhnliche Charakter des Spiels doch auch in Stralau deutlich spürbar.

Noch am vergangenen Wochenende hatte Makkabi die Spiele seiner Mannschaften angesichts der terroristischen Anschläge der Hamas auf Israel allesamt ganz abgesagt. Eine Woche sowie weitere Attacken, aber auch Gegenschläge des israelischen Militärs später spielten Makkabis Männermannschaften nun wieder – begleitet von großen Sorgen um den Konflikt im Nahen Osten und dem Wunsch nach Normalität.

Allgemein war eine komplexe Mischung von Gefühlen zu spüren, egal, mit wem man sich am Sonntag im Rahmen der beiden Makkabi-Spiele unterhielt. Besonders betroffen waren dabei selbstverständlich die Spieler und Anhänger von Makkabi selbst. Ein Vereinsverantwortlicher, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchte, sagte: "Wir alle waren schockiert und begreifen bis heute nicht, was da eigentlich passiert ist und wieso es passiert ist."

Auch Wolfgang Sandhowe, der Trainer von Makkabis Oberliga-Mannschaft, berichtete nach dem 4:1-Sieg seiner Mannschaft gegen Stralau von ungemein schweren vergangenen Tagen. "Ich bin seit 38 Jahren Trainer, aber das war die schlimmste Woche, die ich in meiner Laufbahn mitgemacht habe", sagte Sandhowe, "wir haben viel darüber gesprochen, was in Israel abgelaufen ist. Das ist in großen Teilen sehr deprimierend." Dennoch wollten Spieler und Verantwortliche Makkabis dieses Wochenende nicht erneut Spiele absagen.

Viel Verständnis bei anderen Klubs

Vor einer Woche war das noch anders: "Wir mussten an dem Tag eine Entscheidung treffe, an dem die schrecklichen Angriffe stattgefunden haben", erklärte der erwähnte Vereinsverantwortliche am Sonntag.

Statt der bei so kurzfristigen Absagen üblichen Wertungen bekam Makkabi viel Verständnis von den anderen Klubs, dem Berliner- und dem Nordostdeutschen Fußballverband. "Danach haben wir in enger Abstimmung mit dem Senat und mit der Polizei die Sicherheitskonzepte so angepasst, dass wir den Spielbetrieb bei den Herren wieder aufnehmen konnten."

Dass dies schon in dieser Woche und nicht erst in einer der kommenden geschah, hätte laut dem Makkabi-Verantwortlichen einen übergeordneten Grund: "Wir wollen uns weder verstecken noch den anderen das Gefühl geben, dass sie irgendetwas gewonnen haben."

Keinerlei nicht-sportliche Zwischenfälle

Dabei geht es für Makkabi eigentlich um mehr, als sich lediglich nicht zu verstecken. Es geht darum, einen Gegenentwurf zu den religiös und nationalistisch geprägten Konflikten rund um den Gaza-Streifen zu präsentieren. Mit Leidenschaft und sichtlich bewegt sagte Wolfgang Sandhowe am Sonntag: "Ob bei uns jemand Moslem, Jude oder Hindu ist, das ist doch egal. Wir sind eine Familie, haben 16 Nationalitäten und leben vor, wie es eigentlich in der ganzen Welt sein sollte." Dass hierfür wohl auch an den vergangenen Wochenenden weiterhin Polizeischutz nötig sein dürfte, tue ihm weh, ergänzte Makkabis Trainer.

Gefreut haben dürften sich Sandhowe, seine Spieler und Kollegen bei Makkabi hingegen über die Anteilnahme und das Verständnis, die dem Klub in den vergangenen Tagen zuteilwurden. "Zurzeit erleben wir nur Solidarität", erklärte auch Makkabis Verantwortlicher. So gab es im Vorfeld beider Makkabi-Spiele dieses Wochenendes eine Schweigeminute. Auch standen am Sonntag einige Zuschauer an den Seitenlinien, die allen voran zu den Spielen gekommen waren, um sich mit Makkabi zu solidarisieren.

Unter den zahlreichen Augen der Polizei sorgten auch sie für zwei Spiele ohne nennenswerte Zwischenfälle abseits des Rasens. "Es war eine sehr ruhige Stimmung", sagte Wolfgang Sandhowe nach dem Spiel bei Berolina Stralau, "die Zuschauer, der Gegner, alle hier sind sehr gut mit uns umgegangen."

Überbordende Freude oder gar Euphorie kam am Sonntag angesichts der beiden Weiterkommen in den jeweiligen Pokal-Wettbewerben von Makkabis erster und zweiter Mannschaft dennoch nicht auf. Zu groß ist die Unsicherheit aller bei Makkabi Beteiligten angesichts der brutalen Kämpfe rund um den Gaza-Streifen. Selbst der Fußball, darüber ist man sich bei Makkabi einig, könne da nur ein wenig und auch nicht dauerhaft für Ablenkung sorgen.

Sendung: rbb24, 15.10.2023, 21:45 Uhr

6 Kommentare

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  1. 5.

    Schlimm, dass die Hamas mittlerweile auch in Deutschland so viele Anhänger hat, so dass Fußballspiele mit jüdischen Vereinen polizeilich geschützt werden müssen.
    Was kann getan werden, um die Situation für Juden in Deutschland zu verbessern?

  2. 4.

    Erstens: Nicht der Libanon kämpft gegen Isreal, sondern die vom Iran ausgerüstete Hisbollah. Zweites: Die Hisbollah ist zwar stark, hat aber gegen die israelische Armee keine Chance. Außerdem stehen die amerikanischen Flugzeugträger bereit, um im kritischen Moment für Israel Hilfe zu leisten. Ein solches Szenario ist nicht zu wünschen, aber mit dem Untergang Israels rechnen nur die Hardliner im Iran, deren größter Feind die eigene Bevölkerung ist. Die Bevölkerungsmehrheit im Iran wünscht nichts mehr, als den Untergang des Mullah-Regimes.

  3. 3.

    Einen großen Dank auch an die Heimmannschaft von Berolina Stralau.
    Bereits am Eingang wurde man von den Ordnern von Stralau mit einem "Herzlich willkommen viel Spass bei uns" begrüsst.
    Auch während des Spieles jederzeit ein respektvoller freundschaftlicher Umgang egal wo man hinschaute.
    Und am Ausgang nach dem Spiel noch ein " Danke das Ihr da wart kommt gut nach Hause" von den Ordnern.
    So geht es also auch
    Nachahmenswert "Danke und Grüße nach Stralau"

  4. 2.

    Der Terroranschlag der Hamas hat uns erschüttert. Aber der nun beginnende Krieg hat auf Seiten der Bewohner des Gaza-Streifen bereits jetzt ca. Faktor 3. Warum schaut die Welt hier zu? Es ist ein Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens- nicht alle Palästinenser sind Hamas-Angehörige oder heißen den Terror gut. Bei diesem nun geplanten Krieg gegen den Gaza-Streifen droht die Gefahr des Flächenbrandes in der ganzen Region.

  5. 1.

    Krieg ist keine Lösung, um diese Region dauerhaft zu befriedigt. Es wird Antworten vom Libanon und der arabischen Staaten gehen. Es besteht die Gefahr, mehr zu verlieren als irgendetwas zu gewinnen, weil wenn Israel Gaza angreift, könnte sich der Iran engagieren und der Libanon den Staat Israel militärisch übernehmen. Also stoppt das israelische Militär, um einen Flächenbrand zu vermeiden.

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