Strukturwandel-Leuchturmprojekt - Wissenschaftsrat prüft vor Ort, ob Unimedizin nach Cottbus kommen kann

Mo 11.09.23 | 16:36 Uhr
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Wissenschaftsrat am CTK in Cottbus (Foto: rbb/Anders-Lepsch)
Audio: Antenne Brandenburg | 11.09.2023 | Aline Anders-Lepsch | Bild: rbb/Anders-Lepsch

Von ihm hängt viel ab: Der Wissenschaftsrat nimmt in der Lausitz alle Akteure unter die Lupe, die das "Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus" mit aufbauen wollen - bevor er dann eine finale Empfehlung ausspricht. Von Aline Anders-Lepsch

Für das geplante "Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus" (IUC) sind zwei entscheidende Tage angebrochen. Seit Monaten liegt das Konzept des Strukturwandelprojekts vor, nun klärt der Wissenschaftsrat vor Ort offene Fragen.

Am Montag ist er für zwei Tage in die Lausitz gekommen, um "alle Akteure, die beim Aufbau des IUC beteiligt sind, auf Herz und Nieren prüfen", hatte das Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) im August angekündigt.

Der Wissenschaftsrat berät Bundes- und Landesregierungen zur Entwicklung von Wissenschaft, Forschung und des Hochschulbereiches. Von den Erkenntnissen hängt ab, ob der Rat eine Empfehlung für die erste staatliche Medizinerausbildung in Brandenburg gibt. Zu dieser würde dann eine neue Uni in Cottbus gehören. Das Carl-Thiem-Klinikum (CTK) Cottbus soll zum Universitätsklinikum und "Digitalen Leitkrankenhaus" ausgebaut werden.

Wie machbar und notwendig ist das Projekt?

Bei dem Vor-Ort-Termin am Montag am CTK war die Anspannung förmlich spürbar. Auf dem Gang vor dem Konferenzraum warteten der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wissenschaftsministerin Manja Schüle (beide SPD) mit ihren Referenten, die kurz danach Fragen der Kommission des Wissenschaftsrats beantworten sollten. Dazu gehörten Fragen zur Finanzierung, der Ausrichtung, der Machbarkeit und der Notwendigkeit einer Unimedizin in Cottbus.

Das prinzipielle Konzept ist dem Rat bekannt. Die Expertenkommission des Landes hatte es in einem Papier mit über 1.000 Seiten zusammengefasst. "Mit dem hat sich der Wissenschaftsrat auseinandergesetzt", sagte Götz Brodermann, einer der Geschäftsführer des CTKs. "Da ist das wissenschaftliche Konzept und das Lehrkonzept für die Universitätsmedizin drin. Es geht jetzt in den zwei Tagen hauptsächlich darum, zu übrprüfen: Passt das, was im Konzept steht zum CTK und passen wir zusammen und macht das Ganze Sinn?"

Viele Gespräche mit Detailfragen

Um sich darüber klar zu werden, interviewt der Wissenschaftsrat die Geschäftsleitung und einige Mitarbeiter des Klinikums, der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU), umliegender Krankenhäuser sowie Professoren und den Cottbuser Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD).

"Die Luft und die Atmosphäre war gut", sagte in einer Gesprächspause Schick dem rbb, "aber es wurde sich eben auch wirklich ausgetauscht." Dass der Wissenschaftsrat Detailfragen habe, wertet der Oberbürgermeister als positiv, sagte er.

Hoffnung auf mehr Mediziner in der Region

Vom Wissenschaftsrat und den Ministern gibt es während des Prozesses keine Statements. Es entsteht der Eindruck, dass sich niemand die Finger verbrennen will. Es hänge einfach zu viel dran, hieß es von allen Beteiligten im Gespräch abseits des Mikrofons.

"Natürlich ist das eine tolle Chance für die Lausitz, für Cottbus aber auch für uns als CTK", sagte der zweite CTK-Geschäftsführer Sebastian Scholl. Er verwies darauf, wie schwierig es sei, in der Region und am CTK an neue Ärzte zu kommen. "Ich glaube, da ist in der Organisation eine große Hoffnung verbunden, dass wir, wenn wir so ein einmaliges Konzept umsetzen können, dann auch mehr Mediziner für die Region und das CTK gewinnen können."

Die Aufgabe der Wandlung vom kommunalen Klinikum zur Universitätsstruktur ist enorm. Die beiden CTK-Geschäftsführer hoffen dabei auch auf Tipps vom Wissenschaftsrat, auf "ein paar Anregungen", so Brodermann. "Was sollen wir in dem Transformationsprozess berücksichtigen? Was erscheint dem Wissenschaftsrat als unabhängigem Gremium wichtig, damit wir tatsächlich ein tolles Universitätsklinikum werden?"

Uni nach und nach aufbauen

Für das Projekt steht schon Geld bereit. Rund 80 Prozent der Gesamtkosten für den Aufbau in Höhe von 2,1 Milliarden Euro kommen vom Bund im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen bis 2038.

Das IUC gilt als ein Leuchtturmprojekt im Lausitzer Strukturwandel. Nach aktuellem Plan soll der Universitätsbetrieb zum Wintersemester 2026/2027 starten. "Wir reden im ersten Semester von 36 Studierenden und dann wird es über die weiteren Semester einen gewissen Hochlauf geben", so CTK-Geschäftsführer Sebastian Scholl. Auch die Flächen, die für die Lehre gebraucht werden, werden sich laut Scholl nach und nach aufbauen.

Nach seinem Besuch in der Lausitz will der Wissenschaftsrat seine Empfehlung zu den Plänen im Frühjahr 2024 abgeben. Dieser müssen der Bund und die Bundesländer nicht nachgehen. Es ist aber damit zu rechnen, dass sie der Empfehlung folgen.

Hinweis: Wir haben den Zuständigkeitsbereich von Ministerin Manja Schüle (SPD) korrigiert. Sie ist Wissenschaftsministerin, aber nicht Bildungsministerin.

Sendung: Antenne Brandenburg, 11.09.2023, 14:40 Uhr

13 Kommentare

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  1. 13.

    Lieber Rbb, das weiß ich auch, dass es sich hier um die Finanzierung einer staatlichen Medizinhochschule handelt. Gerade deswegen ist es wichtig, wie das Umfeld in Brandenburg auf diesem Gebiet aussieht. Wenn dann das Ergebnis eine teurere staatliche Schule ist, die mit fünfmal höheren Kosten als die bestehende privat finanzierte Fontane-Hochschule als Nebeneffekt dann noch mit dem subventionierten Geldsegen obendrein der Fontane-Hochschule das Wasser abgräbt, ist aus Sicht des Steuerzahlers damit nicht viel gewonnen.

  2. 12.

    Hätten Sie sich hinreichend mit der Thematik auseinandergesetzt, dann wüssten Sie, dass es Probleme mit der Überführung der Renten der rund 3000 Mitarbeitenden des CTK gab und Unsummen zusätzlich hätten bezahlt werden müssen. Aus diesem Grund wurde eine Überführung bzw. Eingliederung in die BTU und damit bestehenden universitären (Verwaltungs-)Strukturen ausgeschlossen.

  3. 11.

    "Interessant auch der Wettbewerb der Hochschulen für dieselben Studiengänge: Die Qualität siegt!" Soweit ich die bisherig gehandelten Zahlen verstehe, sind die Kosten für die staatliche CTK Gründung pro Studierendem ein mehrfaches höher, als die der privaten Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane.

  4. 10.

    Synergieeffekte, ausser in der Verwaltung, sind für den faktischen Zusammenschluss der inhomogenen Einrichtungen BTU und CTK nicht zu erwarten. Mithin von vornherein eine ausserordentlich kostspielige Angelegenheit für den Steuerzahler. 2.1 Milliarden sollen dem Kohleausstiegesprogramm entnommen werden. Wie es nach dem Auslaufungen des Kohleausstigesprogramms dann weiter geht, ist offen. Die Rede ist zunächst von 36 Studierenden.
    "Theodor Fontane nur einige medizinische Studiengänge". Das ist klar, in überschaubaren Schritten muss man hier vorgehen, denn es muss selbst erwirtschaftet werden. Die privat organisierte Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane gibt inzwischen 410 Studierende an und arbeitet in enger Kooperation mit den umliegenden Kliniken, die auch die Trägerschaft der Hochschule bilden.

  5. 9.

    "Es entsteht der Eindruck, dass sich niemand die Finger verbrennen will." Es hängt wohl auch damit zusammen, dass die Finanzierung des staatlichen Projekts IUC noch völlig in der Luft hängt, wie aus einer Antwort des Potsdamer Wissenschaftsministeriums auf eine „Kleine Anfrage“ verschiedener Linkspartei-Landtagsabgeordneter hervor geht.

  6. 8.

    Hinzu kommt, dass die Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane nur einige medizinische Studiengänge anbietet. Weitere könnten durch die "Universitätsmedizin Cottbus" als Studiengänge ergänzt werden. So ganz kostenlos ist das Studium selbst an staatlichen Universäten bzw. Hochschulen auch nicht. Interessant auch der Wettbewerb der Hochschulen für dieselben Studiengänge: Die Qualität siegt!

  7. 7.

    Och, der Brandenburger ist bescheiden, er muss nicht international mitspielen, national genügt gegen Ärztemangel und da die Anatomie der Menschen im Wesentlichen nicht anders ist als in Aachen, Dresden, München, Wladiwostock oder Lima wird Cottbus das schon hinbekommen. Vielleicht bleiben Ärzte dann sogar für Patienten verfügbar, statt in die Politik abzuwandern und dort fragwürdige Heilungsversuche am Gesundheitssystem durchzuführen. Viel Glück CB!

  8. 6.

    Anstatt einen extrem kostenintensiven Studiengang Humanmedizin einzurichten wäre es sinnvoller gewesen, den Lehrstuhl für Eisenbahnwesen auszubauen statt abzuschaffen. Aber Hochschulmedizin ist für das Ego der Entscheidungsträger sicher wichtiger.

  9. 5.

    Lieber Nutzer, in dem Beitrag geht es um eine staatliche Medizinerausbildung. Die Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane hingegen ist überwiegend nicht-staatlich finanziert.

  10. 4.

    Es gibt in Brandenburg bereits eine Medizinische Hochschule. Die Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane. Sie wurde auf betreiben etlicher Kliniken in Brandenburg gegründet, weil sich die Brandenburger SPD Landesregierung nicht ausmehrte. Dass diese Hochschule im RBB Beitrag mit keinem Wort erwähnt wird, verwundert.

  11. 3.

    Was macht eine Uni zu einer sehr guten Uni?
    Immer die Leute, nie die Immobilie.
    Neue Impulse findet nicht nur der DFB gut. Nachdem die Erfolglosen ausgetauscht sind.

  12. 2.

    In Brandenburg scheint man im Hinblick auf eine universitäre Medizin absolut von der Rolle zu sein! Die Kassen sind leer und damit plant man eine "große Lösung"! Vorhandene Strukturen der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus ignoriert man oder gedenkt diese schon mal garnicht zu nutzen - das erscheint mir großkotzig hoch vier! Die medizinischen Fakultäten der Technischen Universitäten Aachen, Dresden, München u.a. spielen international ganz vorne mit. In Brandenburg nimmt man dies offenbar nicht zur Kenntnis bzw. setzt sich darüber hinweg, ignoriert das - die Landespolitiker scheinen wirklich zu heiß gebadet. Beraten wird man dann noch schlussendlich von einer Reihe gescheiterter Mediziner. Das kann ja nur kräftig in die Hose gehen!

  13. 1.

    Ich drücke ganz fest die Daumen. Jetzt bitte die ständigen Meckerer ,Besserwisser und Klug.......

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