Koalitionsstreit - Polizei legt Beschwerde gegen Entscheidung zu Tesla-Protest ein

Mi 20.03.24 | 14:10 Uhr
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Ein Transparent ist am frühen Morgen des 18.3.2024 in einem Camp der Initiative «Tesla stoppen» in einem Kiefernwald nahe der Tesla-Gigafactory Berlin-Brandenburg zu sehen. (Quelle: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 20.03.2024 | M. Woller | Bild: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen

Die Brandenburger Polizei zieht nach der Gerichtsentscheidung zum Protestcamp gegen die Tesla-Erweiterung eine Instanz höher. Unterdessen treibt der Umgang mit dem Lager nahe Grünheide einen Keil in die Potsdamer Regierungskoalition.

  • Polizei hat vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde eingelegt
  • Waldbesetzer wollen bis 20. Mai bleiben
  • Umgang mit Protestcamp sorgt für Unruhe in der rot-schwarz-grünen Koalition
  • Ministerpräsident Woidke (SPD) verteidigt Ansiedlung von US-Elektroautobauer Tesla

Die Brandenburger Polizei hat Beschwerde gegen die Gerichtsentscheidung zugunsten des Protestcamps gegen US-Autobauer Tesla in Grünheide (Oder-Spree) bei Berlin eingelegt. Das bestätigte Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Mittwoch. Die Aufgabe der Versammlungsbehörde sei es, die Versammlungsfreiheit zu schützen, aber auch zu gewährleisten, dass niemand in Gefahr gebracht werde.

Deshalb habe die Polizei am Dienstag vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam Beschwerde eingelegt. Umweltministerium, Bauamt und Forstbehörde müssten nun im Detail mögliche Gefahren begründen.

Das Gericht hatte zuvor einem Eilantrag der Waldbesetzer gegen verhängte Auflagen stattgegeben. Damit darf das Protestcamp im Landeswald nahe Tesla mit mehreren Baumhäusern zunächst bleiben.

Waldbesetzer wollen länger bleiben

Die etwa 80 Aktivisten, die einen Teil eines Waldes an der Fabrik des E-Autoherstellers besetzen, sehen die Entscheidung des Gerichts als Teilerfolg. Ihr Ziel ist es, eine Rodung im Zuge einer geplanten Erweiterung des Geländes mitsamt Güterbahnhof zu verhindern. Das Camp wurde Ende Februar errichtet - und soll nun bis zum 20. Mai bleiben dürfen.

Die Waldbesetzer machten selbst deutlich, dass sie sich auf einen langen Verbleib einrichten. "Auch wenn uns durch neue Auflagen der Protest unmöglich gemacht werden sollte, werden wir uns über den 20. Mai hinaus Tesla in den Weg stellen und hier bleiben", sagte ein Sprecher der Initiative "Tesla stoppen" am Mittwoch.

Geplant sei unter anderem der Bau weiterer Baumhäuser. Das Camp sei für Bürgerinitiativen und Umweltschützer ein Anlaufpunkt des Protests gegen die Erweiterungspläne von Tesla geworden, sagte der Sprecher. "Wir stehen hier genau an der richtigen Stelle, um zu verhindern, dass die Interessen des Tesla-Konzerns einfach so durchgedrückt werden."

Umgang mit Protestcamp sorgt für Unruhe in Regierungskoalition

Unterdessen treibt das Protestcamp in Grünheide einen Keil in Brandenburgs rot-schwarz-grüne Koalition. "Das Demonstrationsrecht ist grundgesetzlich verbrieft, es ist aber kein Freifahrtschein", sagte SPD-Fraktionschef Daniel Keller am Mittwoch im Landtag in Potsdam. Die SPD-Fraktion habe erhebliche Zweifel am Protestcamp. "Es geht nur um eine maximale Eskalation." Er warf der Grünen-Fraktion vor, dass sie "so ein bisschen zu willfährigen Helfern" des Protestes würden.

Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke verwies auf das Versammlungsrecht. "Für die Durchführung von Versammlungen gibt es ganz klar rechtsstaatliche Verfahren." Alles, was einen anderen Anschein erwecke, schade der Demokratie. "Wer hier tagelang ohne Rechtsgrundlage von einer sofortigen Räumung des Camps redet, der zieht doch gerade erst Menschen an, die auf Krawall aus sind."

Der Chef der oppositionellen Linksfraktion, Sebastian Walter, pochte auf die Versammlungsfreiheit. "Mir muss dieses Camp nicht gefallen", sagte Walter. "Aber deshalb stelle ich nicht das Versammlungsrecht und die Versammlungsfreiheit dieser friedlich Demonstrierenden infrage."

Die Fraktionen verurteilten derweil einhellig den Anschlag auf die Stromversorgung des Tesla-Werks. Bisher unbekannte Täter hatten am 5. März Feuer an einem Strommast gelegt, der Teil der Stromversorgung der E-Autofabrik in Grünheide ist. Die linksextreme "Vulkangruppe" erklärte, sie sei für den Anschlag verantwortlich.

SPD-Fraktionschef Keller nannte Angriffe auf die kritische Infrastruktur "eine konkrete Gefahr für den Wirtschaftsstandort Brandenburg". Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann forderte besseren Schutz - mit Zäunen, mehr Videoüberwachung und der Einrichtung eines Landesamts für Bevölkerungsschutz.

Woidke verteidigt Tesla-Ansiedlung: "Ganz Europa beneidet uns"

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) verteidigte unterdessen die Ansiedlung von US-Elektroautobauer Tesla in Brandenburg angesichts wachsender Proteste. "Wer in unserem Land eine starke Wirtschaft will, die wiederum Basis ist unserer guten Entwicklung, der muss anerkennen, dass Tesla ein wichtiger Teil davon ist", unterstrich Woidke in der Landtagsdebatte am Mittwoch. "Deswegen bin ich Tesla dankbar, dass auch nach dem Terroranschlag ein klares Bekenntnis zum Standort Grünheide gekommen ist."Alle anderen Bundesländer und ganz Europa würde Brandenburg nach wie vor um diese Ansiedlung beneiden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 20.03.2024, 12 Uhr

38 Kommentare

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  1. 38.

    Zitat:“ Woidke verteidigt Tesla-Ansiedlung: "Ganz Europa beneidet uns"“
    Zitat Ende
    Na wunderbar! DAS ist also der eigentliche Grund, warum die Brandenburger Landesregierung Tesla die Ansiedlung genehmigt hat! Hier geht es also nicht um wirtschaftliche Belange, sondern um Statussymbolik für einzelne Politiker.
    Alte weisse Männer Taktik eben!
    DANKE dafür!

  2. 37.

    „ Gegen einen Güterbahnhof zu protestieren ist weder im Interesse der Natur noch im Interesse der Menschen der Region.“
    Natürlich ist der Protest im Interesse der Natur, da ja der Wald durch die Tesla-Erweiterung vernichtet werden soll. Und zumindest die Menschen in Grünheide stehen der Tesla-Erweiterung kritisch gegenüber, wie die Volksbefragung am 20.Februar gezeigt hat.

  3. 36.

    Nein, dieser fährt direkt zum Werk und wurde selbst beim Streik organisiert. Während andere auf dem Bahnsteigen stehen blieben, da es der Landesregierung egal ist wie Arbeitnehmer bei Baumaßnahmen zur Arbeit kommen. Über 3h von Frankfurt nach Berlin sind für die Landesregierung hinzunehmen. Aber man muss nur zum RB26 schauen…

    Tesla macht dies nicht aus Nächstenliebe, sondern um schaden abzuwenden, der dadurch entsteht wenn die Hälfte der Belegschaft im SEV versackt. Der Ausbau der Strecken wird auch auf kosten anderer erfolgen, Tesla Mitarbeiter werden die sorgen nicht haben wie sie zur Arbeit kommen. Andere schon und das sorgt für Unmut.

  4. 35.

    Aufgeforsteten Industriewald nicht vom Urwald unterscheiden können, aber "protestieren".

    Meine Bildung hab' ich aus dem tiktok...

  5. 33.

    Die PCamper schützen die Hektar nicht. Sie verzögern die Abholzung. Verhindern die wirtschaftliche Entwicklung. Verhindern Arbeitsplätze. Tesla kann warten, Tesla schützt die Natur in dem ein Güterbahnhof gebaut wird und damit 1000 LKW täglich weniger unterwegs sind. Tesla schafft weitere tausend Arbeitsplätze, bei sich selbst und in weiteren Firmen, die schon ansässig sind und dazu kommen werden. Brandenburg und Deutschland werden noch viele weitere hunderte Hektar im Land versiegeln. Durch Wohnungsbau, soziale Einrichtungen, Versorgungseinrichtungen, Firmen, Infrastrukturausbau. Dagegen sind die 300ha bei Tesla Penauts.

  6. 32.

    Seit wann versiegeln Eisenbahngleise die Natur? Wenn es beim kompromisslosem Nein zum B-Plan bleibt, wird dann nicht durch den Individual- und LKW-Verkehr erst recht die Natur zerstört? Hätte dies nicht einen noch weiteren Ausbau der Straßen zur Folge mit noch größerer Versiegelung?

  7. 30.

    Meines Wissens sind die Antifa auch keine Chaoten, sonder engagieren sich u.A. gegen den Faschismus. Daher auch der Name. Das ist ja prinzipiell erst mal zu begrüßen.

  8. 29.

    Model Y war war 2023 das meistverkaufte Auto weltweit - nur mal zur Einordnung - ohne Wertung.

  9. 27.

    "während Tesla Mitarbeiter ihren eigenen SEV bekommen"
    in dem Jeder kostenlos mitfahren darf

  10. 26.

    Belange des Naturschutzes sind durch die Protestcamper nur marginal beeinträchtigt, ganz anders als durch die geplante Erweiterung des Tesla-Werkes, wodurch erneut große Flächen versiegelt würden. Die Protestcamper schützen die Natur, Tesla will sie zerstören.

  11. 25.

    Gerade Autos dieser Größe verkaufen sich wie geschnitten Brot. Der Tesla kostet und wiegt dabei ähnlich wie das Auto des Marktführers in Deutschland. Das hat aber einen Verbrennungsmotor.

  12. 24.

    Ich kann es wohl nicht glauben.

    Laut Brandenburg Aktuell soll das gesamte Baumhausgebiet munitionsbelastet sein.

    Nach fast 80 Jahren vielleicht immer noch Munition? Da lässt man uns so 34 Jahre mir nichts dir nichts so im Wald spazieren gehen und Pilze suchen.
    Kreuz gefährlich oder nicht?
    Mir fehlen einfach die Worte!!!

  13. 23.

    Tesla baut montan SUV also Panzer die zur Aufgabe zur Beförderung eine Person überdimensioniert sind, weil dies die Kunden so wünschen. Das so teuer das sich nicht einmal der Mittelstand solch ein Wagen leisten könnte, Mitarbeiter schon gar nicht. Die Ökobilanz ist alles andere als Fraglich und das Auto an sich ist nicht die Antwort auf die Mobilität der Menschheit. Die Probleme bleiben die selben!

    Zum Güterbahnhof ist das Netz dafür dafür nicht ausgelegt und geht zu Lasten der Nutzer des ÖPNV. Zuständig für das Netz ist nicht das Land sondern der Bund und da sind die Kassen leer. Also wird die jetzige Infrastruktur weiter kaputt gefahren! Womit sich Pendler nach Bln in den überfüllten Bus schieben dürfen, während Tesla Mitarbeiter ihren eigenen SEV bekommen.

  14. 22.

    Ich versteh auch nicht, warum hier sich so aggressiv aufgeregt wird? Das sind keine Chaoten oder ähnliches sonder bewußte und überlegte Menschen die sich für eine gute Sache einsetzen. So ein Wald (Misch...) ist nicht so einfach zu ersetzen. Auch die hilflosen und peinlichen Versuche der CDU das Camp mit albernen Gründen zu räumen, läßt tief blicken.

  15. 21.

    Den Aktivisten muss man hoch anrechnen, dass die deutlich zeigen, worum es der BI in Grünheide eigentlich geht und warum Hoyer, Schröder und Schocht nichts mit der AfD zu tun haben wollen.

  16. 20.

    Sie haben das gleiche Recht wie alle.
    Machen sie ihre Versammlung (Mini-Protestcamp).
    Und wenn dann etwas gemacht wird, was der Versammlungsfreiheit widerspricht ziehen sie vor Gericht.
    Das Recht haben sie und jeder andere.
    Aber vielleicht liegt es auch daran, dass sie um Zustimmung gebeten haben…. Einer Versammlung muss niemand zustimmen… man meldet diese an und fertig.

  17. 19.

    Genau genommen verhindern die PCamper, die wirtschaftliche Entwicklung in Brandenburg. Will das die Landesregierung, rein wegen der Argumentation, der Versammlungsfreiheit so durchgehen lassen? Steht die Versammlungsfreiheit über der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes, über den Belangen des Naturschutzes, den klimatischen Veränderungen? Der Güterbahnhof dient dem Entlasten der Natur. Laut Tesla fahren ohne den Güterbahnhof 1000 LKW täglich durch die Region. Ich verstehe die Argumentation von wegen falschen Standort und Wasserschutzgebiet. Dem kann durch technische Verfahren (Grundwasserkonforme Betonwanne, die keine Flüssigkeit ins Erdreich zulässt) gerecht werden. Kann man die bisherige Argumentation gegen eine neue Argumentation ersetzen? Das Werk steht, produziert. Mir ist nicht bekannt, dass eine effiziente Produktionsstätte im Nachhinein irgendwo auf der Welt geschlossen wurde. Man kann zu Tesla stehen wir man will. Sie tun eine Menge für die Region außerhalb des Werkes.

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