Tagebuch (Quelle: rbb)

- Schreibers geheimes Tagebuch. Sehr viel Bares, doch wieviel Wahres?

Die Affäre Schreiber löste den CDU-Spendenskandal aus. Scheibchenweise enthüllt Schreiber, scheibchenweise gibt die CDU illegalen Umgang mit Parteispenden zu. Kontraste hat Auszüge aus Schreibes geheimen Tagebuch. Was weiß Ex-Schatzmeisterin Baumeister?

Die Grippe geht um und der Impfstoff aus - aber noch gar kein Serum ist entwickelt gegen ein Leiden, das vor allem die Bevölkerungsgruppe der Politiker epedemieartig ansteckt: der Gedächtnisschwund!

Guten Abend liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
willkommen bei Kontraste.

Sie kennen den Reigen inzwischen: ein Politker hat von allem nichts gewußt - dann kriegen wir, die Medien was raus, und prompt fällt es ihm ein. Auch sie hat von allem nichts gewußt: Brigitte Baumeister, sie war die-Schatzmeisterin der CDU, als Waffenhändler Schreiber der Union seine großzügigen Morgengaben machte. Kontraste will Frau Baumeisters Gedächtnis helfen: war da nicht doch was? Karl-Heinz Schreiber war, wenn er seine "Landschaftspflege" betrieb, nicht nur großzügig, sondern auch ordentlich! Tagebuch hat er geführt und daraus ergibt sich das jüngste Kapitel in der Spendenaffäre, aufgeschlagen von John Goetz und Connie Neumann.


Brigitte Baumeister, die absolute Insiderin der CDU, sie verkörpert in den 90er Jahren in Personalunion Partei und Fraktion - als Schatzmeisterin und als parlamentarische Geschäftsführerin. Die Verantwortliche für die Geldflüsse in der CDU war in der ganzen Partei beliebt.

Helmut Kohl:
"...Es ist doch gut und paßt in diese Stunde, der Schatzmeisterin ein herzliches Wort des Dankes des ganzen Parteitages....." Beifall

Die Ex-Schatzmeisterin - heute ein Problem für die CDU. Letzten Samstag in Norderstedt.

Frage: Haben Sie eigentlich Sorge, Herr Schreiber hat ja angekündigt, dass er jetzt noch mal Einzelheiten nennen würde, dass auch Ihr Name da noch mal auftaucht?

Brigitte Baumeister:
"Also ich habe vor überhaupt nichts zu sagen, denn ich denke, dass wir das ganz gut managen, und damit würde ich's gerne bewenden lassen."

Alles kann man nicht managen. Das erfuhr Brigitte Baumeister spätestens am Dienstag in Berlin. Wolfgang Schäuble schiebt den Skandal um die 100.000 Mark Spende des Waffenhänderls Schreiber auf seine Schatzmeisterin.

Wolfgang Schäuble:
"Ich weiß, dass im September diese 100.000 Mark von Herrn Schreiber übergeben und an Frau Baumeister weitergeleitet worden sind. Das ist unstreitig. Frau Baumeister hat ganz offensichtlich einen Fehler gemacht. Das sagt sie ja auch. Daran gibt's nichts zu deuteln...."

So fing alles an. Im September 1994 treffen sich Baumeister, Schreiber und Schäuble bei einem Abendessen in Bonn. Die Schatzmeisterin sucht Spender für ihre Partei. Am nächsten Tag schon fließt Geld von Schreiber. Nicht, wie bei Parteispenden üblich als Überweisung, sondern in bar. 100.000 Mark, die später nicht ordnungsgemäß verbucht wurden. Die Summe bleibt anonym und ohne Quittung.

Wie ist es dazu gekommen? Kontraste liegt jetzt ein geheimes Tagebuch des Waffenhänderls Karlheinz Schreiber vor. Am 9. Oktober, also vier Wochen nach Übergabe der Geldspende, notiert Schreiber: „Fax Baumeister, Spendenquittung„. Am 10.Oktober ist vermerkt: „Brief Schäuble Baumeister„ Anscheinend gab es einen Austausch über die "Quittungsfrage". Ergebnis: Auf die Ausstellung einer Quittung wurde ausdrücklich verzichtet.

Wolfgang Schäuble:
"Ich habe mich bedankt und habe gesagt ich werde es gleich an die Schatzmeisterin weiterleiten. Und es war, ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass man Spenden annimmt ohne den Empfang zu bescheinigen. Ich hatte das Gefühl, ich sag's einmal so, dass die Frage der Brigitte Baumeister nicht besonders angenehm war. Weil sie wahrscheinlich wusste, das das Geld nicht veröffentlicht worden ist, dass die Spende nicht veröffentlicht worden ist."

In direktem zeitlichen Zusammenhang zu dieser Transaktion scheint nach den Aufzeichnungen des Tagebuches auch ein weiterer mysteriöser Vorgang zu stehen. Schreiber sollte sich damals für die deutsche Firma Liebherr um ein Milliardengeschäft bemühen - den Wohnungsbau für die abziehenden Weststreitkräfte in Rußland.

In einem Kontraste vorliegenden Brief erinnert Schreiber an diverse Gespräche in der Sache und bittet Frau Baumeister zu einem Treffen mit Repräsentanten der russischen Regierung in sein Haus in Kauffering.

Haben Schreibers Spenden hier nachgeholfen?

Ergebnis: die Schatzmeisterin der CDU hat tatsächlich Schreibers Rußland-Anliegen weitergeleitet. Die Frist für den Auftrag war allerdings abgelaufen. Und so konnte das Projekt letztlich nicht zustande kommen.

Später vermittelt Brigitte Baumeister einen Kontakt zwischen Schreiber und dem Bundesnachrichtendienst. Auf einer Rückreise aus der Schweiz überbrachte sie eine Nachricht des schon damals mit Haftbefehl gesuchten Waffenhändlers an Geheimdienstkoordinator Schmidbauer. Haben auch hier Schreibers Spenden nachgeholfen?

Böblingen bei Stuttgart. Hier ist Brigitte Baumeister zuhause. Doch ein Mitarbeiter der Fraktion fängt Journalisten ab. Es gibt keine Auskunft.

...... "Sie wird keine Stellung abgeben. Das ist das Einzige, was ich weiß."

Frage: Warum nicht?

Keine Antwort auch auf die Frage, warum der Name Baumeister am 21.11.94 in Schreibers Tagebuch auftaucht. Der Waffenhändler notiert: „Jürgen und Brigitte„. Mit Jürgen ist der Ex-Thyssen-Manager Jürgen Maßmann gemeint, ein enger Partner von Schreiber. Maßmann hatte mit Schreiber einen Panzerdeal mit Saudi-Arabien eingefädelt. 11,9 Millionen Mark an Schmiergeldern soll er dafür von Schreiber kassiert haben.

Frage: Ihr Name taucht in dem Schreiber Tagebuch ja mehrfach auf. Wie ist denn Ihr Kontakt mit Herrn Schreiber gewesen?

Brigitte Baumeister:
"Dass ich es dabei bewenden lassen möchte. Der Untersuchungsausschuss läuft. Und da sollten Sie sich auch 'drauf einstellen, dass ich mich vorher da nicht einlasse."

Nach unseren Recherchen verband Baumeister und Maßmann viele Jahre eine enge Freundschaft. Mindestens einmal traf sich das Paar zusammen mit Schreiber. Während der gesamten Ermittlungen der Augsburger Staatsanwaltschaft gegen Maßmann war der Manager regelmäßig Gast im Büro der Schatzmeisterin der CDU, bis er wegen Steuerhinterziehung verhaftet wurde.

Frage: Ist es richtig, dass Sie engen Kontakt zu Herrn Maßmann hatten, der ja auch zu den Belasteten in diesem Verfahren gehört?

Brigitte Baumeister:
"Ich habe Ihnen eben gesagt, dass ich zu diesem Themenkomplex keine Interviews gebe. Und da möchte ich mich 'dran halten, und das würde ich auch Ihnen gegenüber so machen. Ja?"

Baumeister schweigt, doch Schreibers Tagebuchnotizen sprechen eine eigene Sprache. Am 21.11. 1994 war offenbar um acht Uhr ein Termin mit Baumeister geplant. Ausgerechnet an diesem Tag begann Schreiber beim Schweizer Bankenverein mit der Auflösung seiner Schmiergeldkonten. Laut Tagebuchnotiz werden möglicherweise am gleichen Tag ca. 800.000 Mark in bar abgehoben.

Und von alledem hat Frau Baumeister nichts gewußt?

Frau Baumeister bestreitet, an diesem Tag in Zürich gewesen zu sein. Sie erklärt, sie sei bei Tagungen in Bonn gewesen. Ob Sie an diesem Tag einen telefonischen Kontakt zu Schreiber hatte, bleibt ungewiß.

Gewiss scheint im Moment nur eins: In ihrer Partei läßt man sie nicht fallen.

Schäuble:
"Ich habe mit der Brigitte Baumeister über viele Jahre, insbesondere auch in der Fraktion, vertrauensvoll und gut zusammen gearbeitet. Und ich bin ja nicht jemand der sagt, dass, ich vertrete ja immer die Auffassung, jeder macht auch mal Fehler."