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- Spendenaffäre in Hessen: Die untoten Toten

Die Spendenaffäre brachte die regierende CDU im Februar an den Rand der Regierungsfähigkeit, Ministerpräsident Koch geriet unter schweren Druck: Spenden unbekannter Herkunft wurden als Vermächtnisse Verstorbener ausgewiesen. Kontraste zeigt das System CDU.

Es ist still geworden um den brutalstmöglichen Aufklärer der Nation! Dabei hat er noch gar nicht aufgeklärt: Roland Koch, Berufsjugendlicher und Ministerpräsident in Hessen kann uns nicht sagen, woher die rund 20 Millionen kamen, die seine CDU reich und erfolgreich machten. Aber wir können Ihnen und dem Aufklärer was neues und wirklich brutales erzählen. Willkommen liebe Zuschauer bei Kontraste. Anja Dehne, Susanne Opalka und Roland Jahn zeigen Ihnen das Spiel, das die Hessen CDU mit Toten getrieben hat.


Heute morgen kurz vor neun: Warten auf Franz Jung, den ehemaligen Generalsekretär der CDU Hessen. Er soll vor dem Untersuchungsausschuss zur Parteispendenaffäre aussagen. Es geht um viel Geld aus schwarzen Kassen, um Vermächtnisse von Toten, die es gar nicht gab. Doch davon will der ehemalige Generalsekretär - wie so viele in diesem Skandal - nichts gewusst haben.

Franz Jung, Ehemaliger Generalsekretät der CDU Hessen:
"Ich hatte damals den politischen Hut auf, wir hatten es damals streng getrennt, Schatzmeisterei und das, was der Generalsekretär zu tun hatte und zu verantworten hatte."

Wer die Verantwortung für die unglaublichen finanziellen Machenschaften in Hessen trägt, muß der Untersuchungsausschuß klären.

Die Geschichte um die schwarzen Hessenmillionen beginnt 1983. Ein neues Parteiengesetz soll verhindern, dass die politische Einflussnahme von Spendern verschleiert werden kann.

Die Partei beschließt offenbar deshalb ihr schwarzes Vermögen in Sicherheit zu bringen. Kontraste liegt ein aktueller, vertraulicher Wirtschaftsprüferbericht über die Hessen CDU vor. Daraus geht hervor, dass im Dezember 83 innerhalb von acht Tagen Konten mit Schwarzgeld leergeräumt werden.

Das Geld wird in bar abgeholt. Insgesamt sind es 22. 383.619 Mark und 74 Pfennig.

Die schwarzen Millionen nehmen verschlungene Wege und wandern über Luxemburg in die Schweiz. Doch wie kommt das schwarze Geld als weißes Geld wieder zurück zur Hessen CDU? Der Schatzmeister der CDU Prinz Casimir Wittgenstein und der Steuerberater Horst Weyrauch arbeiten an einem kuriosen Plan.

Musik

Die Hessen CDU erfindet Tote, die fingierte Vermächtnisse hinterlassen - namenlose Tote. Ob dieser Weg mit dem Parteiengesetz kollidiert, darüber denkt der Steuerberater Horst Weyrauch 1989 nach. Er legt einen Vermerk an, der Kontraste vorliegt. Darin kommt zu dem Schluß, dass Tote Parteien nicht beeinflussen können, denn Einfluß ist laut Parteiengesetz nicht erlaubt. In dem Vermerk heißt es wörtlich:

"Real nicht existente Personen etc. können einen solchen Einfluß nicht ausüben, demgemäß sind Vermächtnisse als Zuwendungen von Todes wegen keine Einnahmeart mittels derer ein unerwünschter Einfluß auf eine politische Partei genommen werden kann."

Im Klartext: Vermächtnisse namenloser Toter sind ein idealer Weg um Schwarzgeld aus der Schweiz nach Hessen zu schleusen.

Gesagt, getan.
Nur einen Tag später gibt es den ersten namenlosen Toten.
Über 20 Millionen Mark Schwarzgeld liegen in der Schweiz. Das erste fingierte Vermächtnis in Höhe von vier Millionen Mark wird über die Interallianz Bank in Zürich telegrafisch an den Landesverband Hessen überwiesen.

Der Trick klappt. Das Vermächtnis wird als Sonstige Einnahme im Rechenschaftsbericht ausgewiesen. Exakt handelt es sich um die Summe von 3.985.927.Mark.

Frank Hofmann, SPD-Obmann im Untersuchungsausschuß:
" Das diente alles zur Verschleierung der Geldwäsche, das dient alles zur Verschleierung der schwarzen Kassen."

Der ehemalige Generalsekretär der CDU Franz Jung gestand heute vor dem Untersuchungsausschuß ein, dass das Geld aus dem Haushalt für die neue Parteizentrale verwendet worden ist. Woher das Vermächtnis kam, davon will er allerdings nichts wissen.

Christian Ströbele, Bündnis 9O/ Die Grünen Obmann im Untersuchungsausschuß:
" Er wollte uns tatsächlich weismachen, daß er 1989 nicht einmal nachgefragt hat als die CDU eine neue Geschäftsstelle kaufen wollte für 3 Millionen und sie hatten kein Geld. Und plötzlich war aus einem Vermächtnis 3,9 Millionen Mark an Geld da. Da fragt man doch mal nach!"

Musik

1991 gibt es den zweiten namenlosen Toten. Inzwischen hat die CDU Hessen ihr System perfektioniert. In Lichtenstein wird eine Stiftung namens Carpa gegründet. Mit dabei Steuerberater Horst Weyrauch. Begünstigte sind der Stadtkreisverband Frankfurt, mit 3,5 Millionen Mark und der Landesverband Hessen mit zwei Millionen Mark.

Stiftungsrat ist Oswald Bühler, Rechtsagent in Lichtenstein. Schon sieben Tage nach der Stiftungsgründung kann er dem Prinzen in Hessen eine gute Nachricht überbringen. Eine von ihm vertretene Stiftung will der CDU Hessen erhebliche Beträge vermachen.

Und das Geld kommt prompt: Von den 20 Millionen aus der Schweiz fließen nun 3.480.000 an den Stadtkreisverband Frankfurt und 1.990.000 an den Landesverband Hessen.

Christian Ströbele, Bündnis 90/ Die Grünen Obmann im Untersuchungsausschuß:
" Man hat das konspirativ verborgen."

Frank Hofmann, SPD Obmann im Untersuchungsausschuß:
" Man hat es versucht, mit einem hohen Aufwand an krimineller Energie in einen legalen Bereich hineinzuziehen."

Christian Ströbele, Bündnis 9O/ Die Grünen Obmann im Untersuchungsausschuß:
" Das fällt sonst nur Leuten ein, die in einem ganz anderen Milieu zuhause sind."

Musik

1995 gibt es den dritten Toten. Gleiches Konto, gleiche Geldquelle. Wieder schreibt der Rechtsagent Bühler dem Prinzen aus Hessen. Er kündigt ein Vermächtnis an in Höhe von 3.497.200 Mark. Diesmal hat der fingierte Tote eine Herkunft. Er kommt aus Übersee. Der Rechtsagent Bühler erteilt in dem Schreiber sogar Auflagen: Er fordert:

.... den Namen des Zuwendenden weder jetzt noch irgendwann bekannt zu geben.

Der Prinz antwortet prompt und bedankt sich auch im Namen seiner politischen Freunde:

Zitat:

Es ist mir eine Genugtuung zu wissen, dass die lange Arbeit ... auch aus der Ferne mit soviel Sympathie und Anerkennung verfolgt wurde.

Von den 20 Millionen Schwarzgeld aus der Schweiz gehen 3.497.200 an den Kreisverband Frankfurt.

Christian Ströbele, Bündnis 90/ Die Grünen Obmann im Untersuchungsausschuß:
" Das ist unglaublich, was man sich da ausgedacht hat, was da an krimineller Energie dahintersteht. Da müssen ja Leute zusammengesessen haben und solche kriminelle Lügen zu Papier gebracht haben."

Musik

Immer noch liegen 17 Millionen Mark Schwarzgeld in der Schweiz. Wo das Geld herkommt, ist bis heute nicht geklärt. Fest steht nur: Namenlose Leichen pflastern den Weg der Hessen CDU.



Und es kam noch dicker. Ende vergangen Jahres drohte der Schwindel aufzufliegen. Da haben die Geldwäscher der hessischen CDU die fiktiven toten Spender in fiktive jüdische Tote umgedichtet. Nach Juden, da waren sie sich ganz sicher, traut sich bestimmt niemand zu fragen.