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Er trägt das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, auch das Große Verdienstkreuz wurde ihm verliehen, Klaus Konrad saß drei Legislaturperioden im Bundestag und gilt als respektable Persönlichkeit. Doch jetzt ermittelt die italienische Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Mordes. Klaus Konrad soll an grausamen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg beteiligt gewesen sein, bei denen mindestens 48 Zivilisten zunächst gefoltert und dann erschossen wurden. René Althammer und Udo Gümpel haben sich auf seine Spur gesetzt.
Die „Lebensleistungen“. In diesem Krieg, der ein Verbrechen war. Wir zeigen ein Beispiel: Klaus Konrad. Er war Offizier und tat, damals, Dienst im sonnigen Italien. Dienst nach Befehl. Wie der Dienst von Klaus Konrad aussah, das decken René Althammer und Udo Gümpel jetzt auf.
17. Juli 1944 - San Polo in der Toskana.
Dorfbewohner bergen die Leichen von 48 Zivilisten, die von deutschen Wehrmachtsangehörigen brutal ermordet wurden.
Giuseppe Innocentini half die Leichen auszugraben und zu identifizieren.
Giuseppe Innocentini
„Das Fleisch hing den armen Menschen in Fetzen vom Körper.“
KONTRASTE
Wegen des Dynamits?“
Giuseppe Innocentini
„Ja, sie haben ja alles noch mit Dynamit gesprengt. Die Leichen waren nicht nur aufgedunsen und in Fetzen, sondern auch angebrannt. Ich denke, das kam vom Dynamit. Das war nur noch zum Weinen. Wir trauten uns nicht einmal mehr, sie länger anzugucken und zu sagen - das waren doch auch Menschen wie wir.“
Scharbeutz, ein bekannter Badeort an der Ostsee. Hier wohnt Klaus Konrad, der letzte lebende Stabsoffizier des 274. Infanterieregiments. Dieses Regiment war für das Massaker von San Polo verantwortlich.
Klaus Konrad
„Ich stecke in einer Schwierigkeit, das fällt mir auch schwer zu sagen, ich bin von dieser Angelegenheit heutzutage nicht mehr sonderlich berührt. Ich habe mich nie in der Sache irgendwie schuldig gefühlt.“
Wer ist dieser Mann? In den sechziger Jahren ist der Jurist Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein. 1969 zieht er für seine Partei, die SPD, in den Bundestag – bis 1980. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und des großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland. Ein hochgeachteter Bürger. Jetzt holt ihn seine Vergangenheit ein.
Das Massaker von San Polo gehört zu den brutalsten in Italien. Zwei Tage nach der Ermordung befreien englische Truppen den Ort. Die Leichen werden geborgen. Britische Militärermittler untersuchen die Toten. Bei 16 Opfern machen sie eine grausame Entdeckung:
Zitat
„Kein einziger Körper hatte Schusswunden, aber alle wiesen Anzeichen eines Erstickungstodes auf. Daraus folgt, dass die Opfer lebendig begraben worden waren.“
In dieser Villa in San Polo haben sich Konrad und seine Offizierskollegen im Juli 1944 einquartiert.
Klaus Konrad
„Das war immer sehr behaglich, wir aßen gegen 17, 18 Uhr mit Hilfe eines Kochs, der von der Mitropa kam, aßen wir gediegen zu Abend und überlegten, wo wir die nächste Nacht verbringen werden.“
Hier residierte der Regimentsstab. Konrad war einer von drei Stabsoffizieren des Regiments - verantwortlich für Logistik und Partisanenbekämpfung.
Am 13. Juli 1944 beschließt der Regimentskommandeur einen Einsatz gegen Partisanen. In Pietramala, einem kleinen Dorf, einige Kilometer entfernt, sollen sie einen Stützpunkt haben. Doch in dem Dorf leben vor allem ausgebombte Familien, die Schutz suchen. Giovanna Mori war damals ein junges Mädchen.
Giovanna Mori
„Um zwei Uhr nachts holten uns die Deutschen. Es war eine Razzia. Sie führten alle Männer ab. Auch meinen Vater nahmen sie mit. Ich lief ihnen noch hinterher, weil ich mit ihm gehen wollte. Aber ein Soldat schlug mich mit dem Gewehrkolben, und jagte mich ins Haus zurück.“
Bilanz des vierstündigen Einsatzes: 17 tote Frauen, Kinder und alte Männer.
17 gefangene deutsche Soldaten werden befreit und 48 Italiener, darunter fünf Partisanen, mitgenommen und zum Regimentsstab nach San Polo gebracht.
In diesen Weinkeller werden die Italiener eingesperrt. Klaus Konrad leitet die Verhöre.
Klaus Konrad
„Die Leute waren verängstigt, die ahnten was ihnen drohen könnte. Es ist nicht zu leugnen. Ich habe das auch gesehen, dass geprügelt worden ist. Ja, das ist klar.“
Mit Weinschläuchen wie diesem werden die Gefangenen nicht nur geprügelt, sondern blutig geschlagen, gefoltert. In die Wunden werden Essig und Salz gerieben. Sie sollen bekennen, Partisanen zu sein. Doch kaum einer ist es. Die Folterungen hat Konrad gesehen, doch befohlen haben will er sie nicht.
Klaus Konrad
„Ich habe gar keine Veranlassung gehabt, darauf zu achten, dass mehr Erklärungen herausgepresst wurden, weil der Tatbestand ja so primitiv einfach war: wer in dem Dorf war, hat unterstützt, aus, fertig.“
Während die Gefangenen noch misshandelt werden, beraten die Offiziere, was weiter geschehen soll.
Klaus Konrad
„Was wollen Sie mit 50 oder 60 Leuten machen, die wir ja gar nicht bewachen können, wenn wir sie nicht in einem Raum unter Verschluss haben und von denen wir nicht wissen, was sie tun, wenn wir sie einfach wieder gehen lassen. Ist auch schlecht möglich."
Was soll mit ihnen geschehen? Am späten Nachmittag beobachtet ein Bauernmädchen mit ihrem Vater, wie die Gefangenen über den Acker geführt werden.
Santina Badii
"Wir sehen, wie sie plötzlich aus unserem Feld herauskommen. Eine ganze Reihe von Personen. Sie kamen in drei Gruppen. Die Hände waren hochgehoben und gefesselt. Und Kleidung hatten sie nur noch wenige Fetzen an. Einer von denen war praktisch nackt, von den Schlägen, die er bekommen hatte, er hatte nicht mal mehr Hosen mehr an.“
Die Gefangenen werden in den Garten hinter dem Haus gebracht. Unter den anwesenden Offizieren soll auch Konrad gewesen sein, wie Zeugenaussagen belegen. Im Garten waren zuvor drei Gruben ausgehoben worden. Ein Teil der Gefangenen wird mit Kopfschüssen, andere mit Maschinengewehrsalven getötet.
Doch 16 Gefangene wurden bis zur völligen Erschöpfung geprügelt und dann lebendig begraben, wie der englische Untersuchungsbericht bestätigt.
Zitat
"Betäubt wurden sie in einem Zustand der mentalen und physischen Erschöpfung ins Grab gelegt, förmlich übereinander gestapelt, und es wurde Sprengstoff zwischen ihre Leiber gesteckt."
Konrad kennt den Grund dafür.
Klaus Konrad
„Aber wenn wir jetzt am Abend weg sind, dann sind die Leichen also alle leicht wieder auszugraben, wenn wir zudecken. Was wird da gemacht, und da kam die unselige Vorstellung auf, mit der ich nichts zu tun habe, man müsste dann die bereits zur Zudeckung hergestellten Leichen also sprengen, damit die Folgen der Vernehmung vielleicht zu beseitigen sind.“
Die Militärstaatsanwaltschaft von La Spezia. Im letzten Jahr haben die Carabineri die Ermittlungen im Fall San Polo wieder aufgenommen. Dutzende Zeugen wurden verhört. Darunter auch Angehörige des Regiments. Mit einer baldigen Anklageerhebung gegen Konrad ist zu rechnen.
KONTRASTE
„Bedauern Sie das heute, was damals passiert ist?“
Klaus Konrad
„Ja, natürlich, aber erst, seit die Italiener mich am Kanthaken haben.“
Erst seit die Italiener ihn am Kanthaken haben. Keine Schuld, keine Scham. Keine Verantwortung. Unbehelligt bis heute. Nicht einmal vom eigenen Gewissen.
17. Juli 1944 - San Polo in der Toskana.
Dorfbewohner bergen die Leichen von 48 Zivilisten, die von deutschen Wehrmachtsangehörigen brutal ermordet wurden.
Giuseppe Innocentini half die Leichen auszugraben und zu identifizieren.
Giuseppe Innocentini
„Das Fleisch hing den armen Menschen in Fetzen vom Körper.“
KONTRASTE
Wegen des Dynamits?“
Giuseppe Innocentini
„Ja, sie haben ja alles noch mit Dynamit gesprengt. Die Leichen waren nicht nur aufgedunsen und in Fetzen, sondern auch angebrannt. Ich denke, das kam vom Dynamit. Das war nur noch zum Weinen. Wir trauten uns nicht einmal mehr, sie länger anzugucken und zu sagen - das waren doch auch Menschen wie wir.“
Scharbeutz, ein bekannter Badeort an der Ostsee. Hier wohnt Klaus Konrad, der letzte lebende Stabsoffizier des 274. Infanterieregiments. Dieses Regiment war für das Massaker von San Polo verantwortlich.
Klaus Konrad
„Ich stecke in einer Schwierigkeit, das fällt mir auch schwer zu sagen, ich bin von dieser Angelegenheit heutzutage nicht mehr sonderlich berührt. Ich habe mich nie in der Sache irgendwie schuldig gefühlt.“
Wer ist dieser Mann? In den sechziger Jahren ist der Jurist Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein. 1969 zieht er für seine Partei, die SPD, in den Bundestag – bis 1980. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und des großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland. Ein hochgeachteter Bürger. Jetzt holt ihn seine Vergangenheit ein.
Das Massaker von San Polo gehört zu den brutalsten in Italien. Zwei Tage nach der Ermordung befreien englische Truppen den Ort. Die Leichen werden geborgen. Britische Militärermittler untersuchen die Toten. Bei 16 Opfern machen sie eine grausame Entdeckung:
Zitat
„Kein einziger Körper hatte Schusswunden, aber alle wiesen Anzeichen eines Erstickungstodes auf. Daraus folgt, dass die Opfer lebendig begraben worden waren.“
In dieser Villa in San Polo haben sich Konrad und seine Offizierskollegen im Juli 1944 einquartiert.
Klaus Konrad
„Das war immer sehr behaglich, wir aßen gegen 17, 18 Uhr mit Hilfe eines Kochs, der von der Mitropa kam, aßen wir gediegen zu Abend und überlegten, wo wir die nächste Nacht verbringen werden.“
Hier residierte der Regimentsstab. Konrad war einer von drei Stabsoffizieren des Regiments - verantwortlich für Logistik und Partisanenbekämpfung.
Am 13. Juli 1944 beschließt der Regimentskommandeur einen Einsatz gegen Partisanen. In Pietramala, einem kleinen Dorf, einige Kilometer entfernt, sollen sie einen Stützpunkt haben. Doch in dem Dorf leben vor allem ausgebombte Familien, die Schutz suchen. Giovanna Mori war damals ein junges Mädchen.
Giovanna Mori
„Um zwei Uhr nachts holten uns die Deutschen. Es war eine Razzia. Sie führten alle Männer ab. Auch meinen Vater nahmen sie mit. Ich lief ihnen noch hinterher, weil ich mit ihm gehen wollte. Aber ein Soldat schlug mich mit dem Gewehrkolben, und jagte mich ins Haus zurück.“
Bilanz des vierstündigen Einsatzes: 17 tote Frauen, Kinder und alte Männer.
17 gefangene deutsche Soldaten werden befreit und 48 Italiener, darunter fünf Partisanen, mitgenommen und zum Regimentsstab nach San Polo gebracht.
In diesen Weinkeller werden die Italiener eingesperrt. Klaus Konrad leitet die Verhöre.
Klaus Konrad
„Die Leute waren verängstigt, die ahnten was ihnen drohen könnte. Es ist nicht zu leugnen. Ich habe das auch gesehen, dass geprügelt worden ist. Ja, das ist klar.“
Mit Weinschläuchen wie diesem werden die Gefangenen nicht nur geprügelt, sondern blutig geschlagen, gefoltert. In die Wunden werden Essig und Salz gerieben. Sie sollen bekennen, Partisanen zu sein. Doch kaum einer ist es. Die Folterungen hat Konrad gesehen, doch befohlen haben will er sie nicht.
Klaus Konrad
„Ich habe gar keine Veranlassung gehabt, darauf zu achten, dass mehr Erklärungen herausgepresst wurden, weil der Tatbestand ja so primitiv einfach war: wer in dem Dorf war, hat unterstützt, aus, fertig.“
Während die Gefangenen noch misshandelt werden, beraten die Offiziere, was weiter geschehen soll.
Klaus Konrad
„Was wollen Sie mit 50 oder 60 Leuten machen, die wir ja gar nicht bewachen können, wenn wir sie nicht in einem Raum unter Verschluss haben und von denen wir nicht wissen, was sie tun, wenn wir sie einfach wieder gehen lassen. Ist auch schlecht möglich."
Was soll mit ihnen geschehen? Am späten Nachmittag beobachtet ein Bauernmädchen mit ihrem Vater, wie die Gefangenen über den Acker geführt werden.
Santina Badii
"Wir sehen, wie sie plötzlich aus unserem Feld herauskommen. Eine ganze Reihe von Personen. Sie kamen in drei Gruppen. Die Hände waren hochgehoben und gefesselt. Und Kleidung hatten sie nur noch wenige Fetzen an. Einer von denen war praktisch nackt, von den Schlägen, die er bekommen hatte, er hatte nicht mal mehr Hosen mehr an.“
Die Gefangenen werden in den Garten hinter dem Haus gebracht. Unter den anwesenden Offizieren soll auch Konrad gewesen sein, wie Zeugenaussagen belegen. Im Garten waren zuvor drei Gruben ausgehoben worden. Ein Teil der Gefangenen wird mit Kopfschüssen, andere mit Maschinengewehrsalven getötet.
Doch 16 Gefangene wurden bis zur völligen Erschöpfung geprügelt und dann lebendig begraben, wie der englische Untersuchungsbericht bestätigt.
Zitat
"Betäubt wurden sie in einem Zustand der mentalen und physischen Erschöpfung ins Grab gelegt, förmlich übereinander gestapelt, und es wurde Sprengstoff zwischen ihre Leiber gesteckt."
Konrad kennt den Grund dafür.
Klaus Konrad
„Aber wenn wir jetzt am Abend weg sind, dann sind die Leichen also alle leicht wieder auszugraben, wenn wir zudecken. Was wird da gemacht, und da kam die unselige Vorstellung auf, mit der ich nichts zu tun habe, man müsste dann die bereits zur Zudeckung hergestellten Leichen also sprengen, damit die Folgen der Vernehmung vielleicht zu beseitigen sind.“
Die Militärstaatsanwaltschaft von La Spezia. Im letzten Jahr haben die Carabineri die Ermittlungen im Fall San Polo wieder aufgenommen. Dutzende Zeugen wurden verhört. Darunter auch Angehörige des Regiments. Mit einer baldigen Anklageerhebung gegen Konrad ist zu rechnen.
KONTRASTE
„Bedauern Sie das heute, was damals passiert ist?“
Klaus Konrad
„Ja, natürlich, aber erst, seit die Italiener mich am Kanthaken haben.“
Erst seit die Italiener ihn am Kanthaken haben. Keine Schuld, keine Scham. Keine Verantwortung. Unbehelligt bis heute. Nicht einmal vom eigenen Gewissen.