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Er ist vermutlich der größte noch lebende Nazi-Kriegsverbrecher: In den Jahren 1944 und 1945 SS-Obersturmbannführer in Genua, 1999 in Italien wegen 246fachen Mordes zu lebenslanger Haft rechtskräftig verurteilt - doch bisher lebte der heute 92-Jährige unbehelligt in Hamburg. Kontraste hat ihn fürs Fernsehen ausfindig gemacht.
Im nächsten Beitrag geht es um Verbrechen, die seit über 50 Jahren bekannt sind. Bekannt ist auch der Täter. Schon 1945 haben die Alliierten ihn auf eine Liste von Kriegsverbrechern gesetzt. Doch Friedrich Engel wurde 90 Jahre alt, ehe sich die deutsche Justiz ernsthaft für ihn interessierte. Es gibt drei Zeugen, die der Staatsanwaltschaft viel zu erzählen hätten. Bloß hat sich die Justiz bei uns bis vor kurzem nicht interessiert.
Grausame Erinnerungen von drei alten Männern. Udo Gümpel und Rene Althammer haben den Mann gefunden, der dafür verantwortlich ist.
Hamburg-Lokstedt, eines der wohlhabenden Wohnviertel der Hansestadt.
Friedrich Engel
"Nee, halten Sie mal weg."
- "Wir sind vom ersten deutschen Fernsehen. Ich würde mit Ihnen gerne über Genua reden."
"Was würden Sie?"
- "Mit Ihnen gerne über Genua reden."
"Nein."
- "Sie sind doch in Italien wegen Genua verurteilt worden."
"Ne, das stimmt nicht, nein, nein. Das stimmt nicht. Wie kommen Sie denn darauf?"
- "Aber Sie sind doch Dr. Siegfried Engel?"
"Nein, Dr. Friedrich Engel."
Doch der Mann, der sich Dr. Friedrich Engel nennt, hat viele Vornamen. Sein vollständiger Name lautet: Dr. Friedrich Wilhelm Konrad Siegfried Engel. Geboren am 03. Januar 1909. Von 1944 bis 1945 war der ehemalige SS-Obersturmbannführer Chef der SS und der Polizei in Genua.
In Italien wurde Engel 1999 wegen zweihundertsechsundvierzigfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Friedrich Engel
"Lassen Sie mich jetzt in Ruhe."
Doch in Deutschland lebt der in Italien verurteilte Mörder völlig unbehelligt. Engel hat eine hier bislang unbekannte Vergangenheit.
Diese drei Männer sind Engel vor mehr als 55 Jahren entkommen. Jeder ist jeweils der einzige Überlebende eines grausamen Massakers.
Franco Diodati ist einer von ihnen.
1945 war er schon einmal hier in diesem kleinen Bergdorf in der Nähe von Genua. Wenige Wochen vor Kriegsende wurden hier 18 Geiseln erschossen. Ein Terrorakt gegen die örtliche Bevölkerung. Die Angehörigen der Ermordeten treffen sich jedes Jahr am Ort des Massakers.
Franco Diodati war eine der Geiseln, die erschossen werden sollten.
19 Jahre war er damals alt, wie durch ein Wunder wurde er bei der ersten Salve nicht getroffen.
Franco Diodati
"Erst die zweite Salve traf mich, hier am Hals. Aber die Kugel durchschlug den Hals glatt, ohne mich tödlich zu verletzen. Doch dann fiel auch ich getroffen zu Boden, mitten zwischen meine Kameraden. Ein meiner Kameraden wälzte sich im Todeskampf noch über mich. Und so hielten sie auch mich für tot."
Franco Diodati erinnert sich noch heute an die Offiziere, die die Erschießung der Geiseln leiteten.
- "War Engel bei dem Massaker dabei?"
Franco Diodati
"Natürlich."
In Deutschland wurde Engel dafür bis heute nicht zur Verantwortung gezogen.
Enio Odino, der Überlebende eines zweiten Massakers.
1944 hatte er sich hier im Kloster Benedicta mit einigen Partisanen versteckt. Im April führten deutsche Truppen hier eine sogenannte Bandenaktion gegen Partisanen durch. Doch die Deutschen fanden vor allem Bauern und Fahnenflüchtige. Der Abschlußbericht der Wehrmacht weist 148 Tote aus. Doch die Deutschen hatten sich verzählt, es waren nur 147, ein Mann hat das Massaker überlebt.
Enio Odino
"Das hier ist der Ort, an dem ich eigentlich erschossen werden sollte. Wir waren zu fünft. Vor uns sind hier bereits über 20 Menschen ermordet worden. Ich habe einfach Glück gehabt, daß man mich nicht mit einem Gnadenschuß endgültig erledigt hat. Ich habe einen meiner Kameraden, der zuvor am Knie verletzt worden war, gestützt. Dieser Freund bekam all die Kugeln ab, die eigentlich für mich bestimmt waren. Dann fiel er über mich und begrub mich unter sich. Ich war überall mit Blut beschmiert. Und so hielt der SS-Mann auch mich für tot."
Engel hat an diesem Militäreinsatz teilgenommen. Als SD-Mann traf er die Entscheidung über Leben und Tod. Dafür, so belegt ein Dokument aus dem Bundesarchiv, wurde er 1945 sogar ausgezeichnet - mit dem Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern.
In der Begründung heißt es unter anderem:
"Im Rahmen eines Unternehmens der 365. Infanterie-Division im Raum Massone hat er eine Einsatzgruppe vom 5.-9.4.44 erfolgreich geführt."
Der Turiner Militärstaatsanwalt Rivello hat Engel auch wegen dieses Massakers vor des mehrfachen Mordes überführt. Nicht wegen der Partisanenbekämpfung, sondern wegen des Mordes an Wehrlosen.
Pier Paolo Rivello, Militärstaatsanwalt Turin
"Ungefähr 150 Personen hatten sich ergeben und waren entwaffnet worden. Dann befahl er, diese Menschen ohne jeden Prozeß einfach erschießen zu lassen."
Raimondo Ricci, er überlebte ein drittes Massaker.
1944 war er in Genua. Er saß im Stadtgefängnis von Marassi. Die SS unterhielt hier einen eigenen Zellentrakt vor allem für politische Gefangene. Aus ihren Reihen wurden immer wieder Opfer für sogenannte Sühnemaßnahmen, zu deutsch: Geiselerschießungen ausgewählt. Verantwortlich: der SS- und Polizeichef von Genua, Dr. Siegfried Friedrich Engel.
Einer der Inhaftierten war der spätere Senator Raimondo Ricci. Auch er kann sich noch gut an den Todes-Engel erinnern.
Senator Raimondo Ricci
"Er galt als besonders hart, grausam. So haben ihn auch alle anderen, die ihn kannten, beschrieben. Er war ein Mann, der nicht delegierte, sondern der es liebte, bei den Aktionen selber das Kommando zu führen."
Am 14. Mai 1944 sollte Ricci durch diesen Wald zum Passo del Turchino geführt und zusammen mit 59 anderen Geiseln erschossen werden. Doch Ricci hatte Glück: die Wachmannschaften vergaßen ihn.
Hier fand das Massaker statt. Grausame Rache für einen Anschlag auf deutsche Truppen. Dieses Dokument aus dem Freiburger Militärarchiv beweist, dass Engel als SD Chef von Genua für diese Mordaktion verantwortlich ist.
"Opfer bei Sprengstoffanschlag Soldatenkino Genua erhöht auf 5 Tote, 15 Verletzte. Sühnemaßnahmen durch S.D. in Vorbereitung."
Pier Paolo Rivello, Militärstaatsanwalt Turin
"Die Opfer wurden in Gruppen zum Erschiessungsort gebracht und mußten auf einem Balken über einen Graben steigen, den jüdische Häftlinge ausgehoben hatten. In dem Graben sahen sie all jene, die schon vorher erschossen worden waren. Doch damit der Grausamkeiten nicht genug. Eine Gruppe von Offizieren aß und trank fröhlich mit Blick auf die Erschiessungen. Das war das Massaker vom Turchino."
17 Monate war Engel in Genua im Amt. Er hinterließ eine Blutspur. In Deutschland wurde er dafür strafrechtlich bisher nicht zur Verantwortung gezogen. Gegenüber deutschen Staatsanwälten verharmloste Engel seine damalige Tätigkeit in Genua schon vor Jahrzehnten:
"Seine Hauptaufgabe in Genua sei es gewesen, politisch beruhigend zu wirken, um die Partisanentätigkeit einzudämmen... aber auch das Bandenunwesen (zu) bekämpfen."
Hinter der angeblichen Bandenbekämpfung verstecken sich mehrere grausame Massaker. Obwohl diese Massaker seit Jahrzehnten bekannt sind, obwohl es Dokumente in deutschen Archiven und Zeugen in Italien gibt, gab es hierzulande kein Strafverfahren gegen Engel. Erst nachdem Zeitungen 1998 über das Verfahren in Italien berichten, leitet auch die zuständige Hamburger Staatsanwaltschaft endlich Ermittlungen ein.
Dabei stieß der Staatsanwalt auf einen ungeheuren Vorgang.
Wolfgang Kuhlmann, Oberstaatsanwalt
"Es hat in den sechziger Jahren ein Verfahren gegeben, das ist eingestellt worden. Dazu kann ich Ihnen aber nicht mehr sagen. Ich bin da auf eine Registereintragung angewiesen, danach ist es eingestellt worden im Jahre 1969."
- "Gibt es diese Akte noch dieses Verfahrens?"
"Die habe ich zur Zeit nicht, ich vermute, dass sie im Archiv liegt, ich hab sie bisher nicht gefunden, aber ich suche weiterhin."
- "Und welche Eintragungen gab es in Sachen Engel, aus welchem Grunde wurde gegen ihn schon ermittelt hier?"
"Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Ja ich hab eine Eintragung, einen Vermerk in einer Akte gefunden, nachdem es auch um die Teilnahme bei Exekutionen in Italien ging."
- "Das heißt also, es wurde schon einmal wegen Erschießungen gegen ihn ermittelt?"
"Offensichtlich."
Aber ohne Ergebnis.
Dr. Friedrich Engel trägt die Verantwortung für 246 Morde. Er ist einer der größten lebenden deutschen Kriegsverbrecher. 56 Jahre wohnte er ungeschoren mitten in Hamburg. Seit drei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft. Ob Engel seinen Prozeß noch erleben wird, ist fraglich.
Franco Diodati will keine Rache, aber Gerechtigkeit. Darauf wartet er seit 56 Jahren.
Friedrich Engel braucht nicht damit zu rechnen, nach Italien ausgeliefert zu werden. Ein deutscher Staatsbürger ist vor Auslieferung geschützt, auch wenn er in einem anderen Land rechtskräftig verurteilt wurde.
In diesen Tagen ist bei uns viel von Rechtssicherheit die Rede. Auch Franco Diodati, Enio Odino und Raimondo Ricci würden sich bestimmt gerne darauf verlassen, dass auch sie in der Bundesrepublik damit rechnen können.
Grausame Erinnerungen von drei alten Männern. Udo Gümpel und Rene Althammer haben den Mann gefunden, der dafür verantwortlich ist.
Hamburg-Lokstedt, eines der wohlhabenden Wohnviertel der Hansestadt.
Friedrich Engel
"Nee, halten Sie mal weg."
- "Wir sind vom ersten deutschen Fernsehen. Ich würde mit Ihnen gerne über Genua reden."
"Was würden Sie?"
- "Mit Ihnen gerne über Genua reden."
"Nein."
- "Sie sind doch in Italien wegen Genua verurteilt worden."
"Ne, das stimmt nicht, nein, nein. Das stimmt nicht. Wie kommen Sie denn darauf?"
- "Aber Sie sind doch Dr. Siegfried Engel?"
"Nein, Dr. Friedrich Engel."
Doch der Mann, der sich Dr. Friedrich Engel nennt, hat viele Vornamen. Sein vollständiger Name lautet: Dr. Friedrich Wilhelm Konrad Siegfried Engel. Geboren am 03. Januar 1909. Von 1944 bis 1945 war der ehemalige SS-Obersturmbannführer Chef der SS und der Polizei in Genua.
In Italien wurde Engel 1999 wegen zweihundertsechsundvierzigfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Friedrich Engel
"Lassen Sie mich jetzt in Ruhe."
Doch in Deutschland lebt der in Italien verurteilte Mörder völlig unbehelligt. Engel hat eine hier bislang unbekannte Vergangenheit.
Diese drei Männer sind Engel vor mehr als 55 Jahren entkommen. Jeder ist jeweils der einzige Überlebende eines grausamen Massakers.
Franco Diodati ist einer von ihnen.
1945 war er schon einmal hier in diesem kleinen Bergdorf in der Nähe von Genua. Wenige Wochen vor Kriegsende wurden hier 18 Geiseln erschossen. Ein Terrorakt gegen die örtliche Bevölkerung. Die Angehörigen der Ermordeten treffen sich jedes Jahr am Ort des Massakers.
Franco Diodati war eine der Geiseln, die erschossen werden sollten.
19 Jahre war er damals alt, wie durch ein Wunder wurde er bei der ersten Salve nicht getroffen.
Franco Diodati
"Erst die zweite Salve traf mich, hier am Hals. Aber die Kugel durchschlug den Hals glatt, ohne mich tödlich zu verletzen. Doch dann fiel auch ich getroffen zu Boden, mitten zwischen meine Kameraden. Ein meiner Kameraden wälzte sich im Todeskampf noch über mich. Und so hielten sie auch mich für tot."
Franco Diodati erinnert sich noch heute an die Offiziere, die die Erschießung der Geiseln leiteten.
- "War Engel bei dem Massaker dabei?"
Franco Diodati
"Natürlich."
In Deutschland wurde Engel dafür bis heute nicht zur Verantwortung gezogen.
Enio Odino, der Überlebende eines zweiten Massakers.
1944 hatte er sich hier im Kloster Benedicta mit einigen Partisanen versteckt. Im April führten deutsche Truppen hier eine sogenannte Bandenaktion gegen Partisanen durch. Doch die Deutschen fanden vor allem Bauern und Fahnenflüchtige. Der Abschlußbericht der Wehrmacht weist 148 Tote aus. Doch die Deutschen hatten sich verzählt, es waren nur 147, ein Mann hat das Massaker überlebt.
Enio Odino
"Das hier ist der Ort, an dem ich eigentlich erschossen werden sollte. Wir waren zu fünft. Vor uns sind hier bereits über 20 Menschen ermordet worden. Ich habe einfach Glück gehabt, daß man mich nicht mit einem Gnadenschuß endgültig erledigt hat. Ich habe einen meiner Kameraden, der zuvor am Knie verletzt worden war, gestützt. Dieser Freund bekam all die Kugeln ab, die eigentlich für mich bestimmt waren. Dann fiel er über mich und begrub mich unter sich. Ich war überall mit Blut beschmiert. Und so hielt der SS-Mann auch mich für tot."
Engel hat an diesem Militäreinsatz teilgenommen. Als SD-Mann traf er die Entscheidung über Leben und Tod. Dafür, so belegt ein Dokument aus dem Bundesarchiv, wurde er 1945 sogar ausgezeichnet - mit dem Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern.
In der Begründung heißt es unter anderem:
"Im Rahmen eines Unternehmens der 365. Infanterie-Division im Raum Massone hat er eine Einsatzgruppe vom 5.-9.4.44 erfolgreich geführt."
Der Turiner Militärstaatsanwalt Rivello hat Engel auch wegen dieses Massakers vor des mehrfachen Mordes überführt. Nicht wegen der Partisanenbekämpfung, sondern wegen des Mordes an Wehrlosen.
Pier Paolo Rivello, Militärstaatsanwalt Turin
"Ungefähr 150 Personen hatten sich ergeben und waren entwaffnet worden. Dann befahl er, diese Menschen ohne jeden Prozeß einfach erschießen zu lassen."
Raimondo Ricci, er überlebte ein drittes Massaker.
1944 war er in Genua. Er saß im Stadtgefängnis von Marassi. Die SS unterhielt hier einen eigenen Zellentrakt vor allem für politische Gefangene. Aus ihren Reihen wurden immer wieder Opfer für sogenannte Sühnemaßnahmen, zu deutsch: Geiselerschießungen ausgewählt. Verantwortlich: der SS- und Polizeichef von Genua, Dr. Siegfried Friedrich Engel.
Einer der Inhaftierten war der spätere Senator Raimondo Ricci. Auch er kann sich noch gut an den Todes-Engel erinnern.
Senator Raimondo Ricci
"Er galt als besonders hart, grausam. So haben ihn auch alle anderen, die ihn kannten, beschrieben. Er war ein Mann, der nicht delegierte, sondern der es liebte, bei den Aktionen selber das Kommando zu führen."
Am 14. Mai 1944 sollte Ricci durch diesen Wald zum Passo del Turchino geführt und zusammen mit 59 anderen Geiseln erschossen werden. Doch Ricci hatte Glück: die Wachmannschaften vergaßen ihn.
Hier fand das Massaker statt. Grausame Rache für einen Anschlag auf deutsche Truppen. Dieses Dokument aus dem Freiburger Militärarchiv beweist, dass Engel als SD Chef von Genua für diese Mordaktion verantwortlich ist.
"Opfer bei Sprengstoffanschlag Soldatenkino Genua erhöht auf 5 Tote, 15 Verletzte. Sühnemaßnahmen durch S.D. in Vorbereitung."
Pier Paolo Rivello, Militärstaatsanwalt Turin
"Die Opfer wurden in Gruppen zum Erschiessungsort gebracht und mußten auf einem Balken über einen Graben steigen, den jüdische Häftlinge ausgehoben hatten. In dem Graben sahen sie all jene, die schon vorher erschossen worden waren. Doch damit der Grausamkeiten nicht genug. Eine Gruppe von Offizieren aß und trank fröhlich mit Blick auf die Erschiessungen. Das war das Massaker vom Turchino."
17 Monate war Engel in Genua im Amt. Er hinterließ eine Blutspur. In Deutschland wurde er dafür strafrechtlich bisher nicht zur Verantwortung gezogen. Gegenüber deutschen Staatsanwälten verharmloste Engel seine damalige Tätigkeit in Genua schon vor Jahrzehnten:
"Seine Hauptaufgabe in Genua sei es gewesen, politisch beruhigend zu wirken, um die Partisanentätigkeit einzudämmen... aber auch das Bandenunwesen (zu) bekämpfen."
Hinter der angeblichen Bandenbekämpfung verstecken sich mehrere grausame Massaker. Obwohl diese Massaker seit Jahrzehnten bekannt sind, obwohl es Dokumente in deutschen Archiven und Zeugen in Italien gibt, gab es hierzulande kein Strafverfahren gegen Engel. Erst nachdem Zeitungen 1998 über das Verfahren in Italien berichten, leitet auch die zuständige Hamburger Staatsanwaltschaft endlich Ermittlungen ein.
Dabei stieß der Staatsanwalt auf einen ungeheuren Vorgang.
Wolfgang Kuhlmann, Oberstaatsanwalt
"Es hat in den sechziger Jahren ein Verfahren gegeben, das ist eingestellt worden. Dazu kann ich Ihnen aber nicht mehr sagen. Ich bin da auf eine Registereintragung angewiesen, danach ist es eingestellt worden im Jahre 1969."
- "Gibt es diese Akte noch dieses Verfahrens?"
"Die habe ich zur Zeit nicht, ich vermute, dass sie im Archiv liegt, ich hab sie bisher nicht gefunden, aber ich suche weiterhin."
- "Und welche Eintragungen gab es in Sachen Engel, aus welchem Grunde wurde gegen ihn schon ermittelt hier?"
"Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Ja ich hab eine Eintragung, einen Vermerk in einer Akte gefunden, nachdem es auch um die Teilnahme bei Exekutionen in Italien ging."
- "Das heißt also, es wurde schon einmal wegen Erschießungen gegen ihn ermittelt?"
"Offensichtlich."
Aber ohne Ergebnis.
Dr. Friedrich Engel trägt die Verantwortung für 246 Morde. Er ist einer der größten lebenden deutschen Kriegsverbrecher. 56 Jahre wohnte er ungeschoren mitten in Hamburg. Seit drei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft. Ob Engel seinen Prozeß noch erleben wird, ist fraglich.
Franco Diodati will keine Rache, aber Gerechtigkeit. Darauf wartet er seit 56 Jahren.
Friedrich Engel braucht nicht damit zu rechnen, nach Italien ausgeliefert zu werden. Ein deutscher Staatsbürger ist vor Auslieferung geschützt, auch wenn er in einem anderen Land rechtskräftig verurteilt wurde.
In diesen Tagen ist bei uns viel von Rechtssicherheit die Rede. Auch Franco Diodati, Enio Odino und Raimondo Ricci würden sich bestimmt gerne darauf verlassen, dass auch sie in der Bundesrepublik damit rechnen können.