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- Infektionsrisiko Krankenhaus – neue Berichte über tödliche Keime

Der KONTRASTE-Bericht über den tödlichen Krankenhaus-Keim MRSA hat viele Menschen alarmiert. Immer mehr Patienten berichten, was für verheerende Schäden der Erreger bei ihnen angerichtet hat. Krankenschwestern und Ärzte packen aus und erzählen über erschreckende Zustände in den Kliniken.

In der vergangenen Sendung haben wir darüber berichtet, dass jährlich über 10.000 Patienten in deutschen Krankenhäusern sterben, nur weil sie sich dort mit einem gefährlichen Keim infiziert hatten. Der MRSA-Keim verbreitet sich vor allem aufgrund mangelnder Hygiene. Ein skandalöser Zustand. Offenbar haben wir mit unserem Bericht eine überwältigende Reaktion ausgelöst: Zahlreiche Ärzte, Schwestern und Patienten berichteten uns in E-Mails und Briefen über ihre persönlichen Erfahrungen und über unhaltbare Hygienezustände in Deutschlands Kliniken. Das hat uns sehr beeindruckt. Darum möchten wir Ihnen gerne einige der Zuschriften zeigen. Caroline Walter und Alexander Kobylinski fassen zusammen.

Er wütet schlimmer in deutschen Kliniken als zugegeben wird: Der Keim MRSA. Gefährlich für Patienten, weil er resistent gegen fast alle Antibiotika ist.

Wenn der Keim in eine Wunde eindringt, kommt es oft zu einer Blutvergiftung mit Todesfolge. So verlor Alexandra Wirth ihren Vater, von dem wir berichtet haben. Andere Patienten erleiden lebenslange Schäden wie Kornelia Lange, der wegen MRSA fast das Bein abgenommen werden musste.

Kornelia Lange
„Ich hab’ nächtelang nicht schlafen können, weil ich gedacht hab, dass das eben passieren kann, dass das Bein abgenommen wird. Und der Gedanke da dran, der war eigentlich ganz furchtbar.“

Nach der letzten Sendung haben uns viele dramatische Berichte von Patienten erreicht, die Opfer des Keims im Krankenhaus wurden.
So schildert eine Betroffene, Zitat:
„Ich bin 54 Jahre alt und bei mir wurde durch die Infektion der rechte Unterschenkel amputiert. Bei wie viel Tausenden wurde schon amputiert und wer kümmert sich danach um diese Menschen?“

Auch viele Mitarbeiter aus Kliniken haben sich an uns gewandt und packen über die Zustände aus. Eigentlich muss ein Patient, der MRSA hat, in einem Einzelzimmer isoliert werden. Das Klinikpersonal muss Hygiene-Schutzmaßnahmen streng einhalten. Wie fahrlässig aber oft mit der Hygiene umgegangen wird, schreibt uns eine Krankenschwester, Zitat:
„Ich arbeite im Uniklinikum…, habe dort viele Jahre im OP gearbeitet und es oft genug erlebt, dass … MRSA-Patienten eben nicht in einem dafür vorgesehenen Saal operiert wurden, sondern ‚zwischen’ geschoben in einem anderen OP-Saal … Die vorgesehenen Hygienemaßnahmen wurden mit fadenscheinigen Begründungen ‚lockerer’ genommen als vorgesehen…“

Andere Patienten in der Klinik werden so gefährdet.

Wie planlos manches Krankenhaus auf den tödlichen Keim reagiert, zeigt dieser Bericht, Zitat:
„Ich lag nach schwerer OP mit offener Wunde im Mehrbettzimmer. Anderer Patient im Raum hatte Verdacht auf MRSA. Der Quarantänebereich bestand aus Umrandung des Bettes mit Klebestreifen!

Kommentar vom Oberarzt: `Die Erreger können ja nicht fliegen.’“


Dabei gäbe es eine Möglichkeit, die MRSA-Verseuchung einzudämmen. Bei jedem Patienten müsste ein Eingangstest auf MRSA, ein simpler Abstrich, gemacht werden, bevor er auf die Station kommt. Aber selbst wenn das Klinikpersonal um das Problem weiß, wird oft nichts unternommen. Ein Arzt an einem Uniklinikum schreibt uns empört, Zitat:
„So kommt es…oft vor, dass die Krankenhausverwaltung die Anweisung gibt, keine Abstriche von möglichen Infizierten zu nehmen. Aus Kostenspargründen.“

In den Kliniken wird überall an Personal und Hygiene gespart. Ein Pfleger beklagt sich, Zitat:
„Zu ihrem Beitrag Infektionsrisiko Krankenhaus…kann ich als Mitarbeiter in einem Krankenhaus leider nur sagen, dass die Situation so ist, dass man ein Krankenhaus wie das Unsere nur als ‚Patientenverwahranstalt’ bezeichnen kann.“

Über eine Milliarde jährlich kosten die Folgen von MRSA-Infektionen die Krankenkassen und damit die Beitragszahler, schätzen Experten. Doch was unternehmen die Kassen gegen MRSA, um ihre Versicherten zu schützen?

Wir bitten den AOK Bundesverband um ein Interview. Abgelehnt mit der Begründung: Allgemein äußere man sich nicht zu dem Thema.

Wir sollen uns an den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen wenden.
Doch auch hier kein Interview. Man sehe zwar MRSA als großes Problem, aber öffentlich dazu äußern wolle man sich nicht.

Und die Barmer: Sie räumt ein, dass es einen großen Nachholbedarf gibt.

Athanasios Drougias, Pressesprecher Barmer
„Sicherlich ein Thema, das nicht zu vernachlässigen ist. Das gehört mit Sicherheit auf die Tagesordnung öffentlicher Debatten, die wahrgenommen werden, die letztlich auch bei den politischen Entscheidungsträgern ankommen. Da brauchen wir noch wesentlich mehr Druck.“

Doch genau diesen Druck könnten die Kassen selbst schon lange machen.

Unnötig werden Patienten dem Risiko MRSA immer weiter ausgesetzt. Vor einigen Tagen erreichte uns noch diese Mail, Zitat:
„Mein Vater ist gestern an dem tödlichen Keim gestorben.“

Wenn auch Sie schlimme Erfahrungen mit MRSA gemacht haben, können sie uns gerne schreiben: Unter der bekannten Adresse: www.kontraste.de.

Beitrag von Alexander Kobylinski und Caroline Walter