-
Für Unfallforscher und Ärzte steht seit Jahren fest: Viele schwere Unfälle von Radfahrern wären glimpflicher ausgegangen, hätte der Radler einen Helm getragen. Trotzdem wehrt sich der Lobbyverband ADFC gegen eine Helmpflicht. Kaum ein Politiker hält dagegen, Bundesverkehrsminister Ramsauer setzt auf Freiwilligkeit, der grüne Verkehrsminister Hermann will erstmal eine neue Studie abwarten.
Soll man Fahrradfahrer wirklich gesetzlich dazu verpflichten, einen Helm zu tragen? Die neuesten Unfallzahlen legen das nah: Laut aktueller Statistik ist jeder neunte Verkehrstote in Deutschland ein Fahrradfahrer! Trotzdem ändert sich nichts. Ein ungewöhnliches Gerichtsurteil könnte nun aber neuen Schwung in die Helm-Debatte bringen. Axel Svehla mit Einzelheiten.
Der plötzliche Unfall – ein Alptraum für Fahrrad – und Autofahrer. Wer mit dem Fahrrad stürzt, zieht meist den Kürzeren. Fahrradfahrer werden von Autos übersehen, vom Lkw überrollt. Aber sie stürzen auch allein oder kollidieren mit anderen Radfahrern. Im vergangenen Jahr sanken die Unfälle zwar leicht auf 74.776, doch die Zahl der Todesopfer stieg auf 406, knapp 2 % mehr als im Vorjahr. Unfallforscher und Chirurgen sind alarmiert.
Dr.med. Uli Schmucker
Unfallkrankenhaus Berlin
„Die größte Sorgen machen uns tatsächlich die Schädel-Hirn Verletzungen, die sind zahlenmäßig seltener und auch nicht jede ist lebensgefährlich, aber die, die lebensgefährlich sind, bilden ein immens hohes Risiko für eine dauerhafte Behinderung.“
Wie sich der Fahrradfahrer schützen kann, ist sattsam bekannt.
Dr.med. Uli Schmucker
Unfallkrankenhaus Berlin
„Der Fahrradhelm schützt definitiv den Kopf, da gibt es eigentlich keine Diskussion, das ist wissenschaftlich bewiesen, das ist die klinische Erfahrung, die Unfallchirurgen tagtäglich machen.“
Trotz allem – in Deutschland gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Helmpflicht. Sie wird von der Verkehrsministerkonferenz der Länder ebenso abgelehnt wie vom Bundesverkehrsminister.
Peter Ramsauer (CSU)
Bundesverkehrsminister
04.10.2012
„Von Helmpflicht kann keine Rede sein, wovon aber die Rede sein muss, ist, dass Helm freiwillig stärker getragen werden wird.“
Das aber will in die Köpfe der meisten Fahrradfahrer nicht hinein. Nur jeder 10. schützt seinen Schädel. Warum tun es die restlichen 90% nicht?
Fahrradfahrer
„Weil ich Fahrradhelme doof finde.“
„Ist mir immer viel zu unbequem, stört mich, schwitz ich unterm Helm. Würde ich schwitzen, hab son Ding noch nie aufgehabt.“
„Weil ich eitel bin, weil ich nicht so beschissen aussehen will, mit nem Helm sieht man beschissen aus.“
KONTRASTE
„Und dafür riskieren Sie sich am Kopf zu verletzen?“
Fahrradfahrer
„Ja, ja, ja. Ich weiß das, ich komm aus der Pflege, das Risiko, Schädel-Hirn-Trauma, kenn ich, hm.“
Schockierende Unfallbilder mit Crash Test Dummies, Aufklärungskampagnen, Appelle an die Vernunft – dies alles hilft offensichtlich nicht gegen Eitelkeit und Ignoranz.
Deshalb kämpft Klaus Peter Hesse als einer der wenigen Politiker seit Jahren für eine gesetzliche Helmpflicht – ohne wenn und aber.
Klaus-Peter Hesse (CDU)
Hamburger Bürgerschaft
„Ich trete dafür ein, dass wir eine gesetzliche Helmpflicht bekommen, denn alles das, was an Aufklärungsarbeit über Unfälle ohne Helme stattgefunden hat, hat anscheinend nicht gefruchtet. Insofern denke ich, dass jetzt der Gesetzgeber gefragt ist hier auch einzuschreiten.“
Als einen Schritt in diese Richtung begrüßt Klaus-Peter Hesse ein kürzlich gefälltes Urteil des Oberlandesgerichtes in Schleswig. Eine Radfahrerin, unterwegs ohne Helm, stürzte wegen einer geöffneten Autotür. Sie verletzte sich schwer. Sie trug keine Schuld. Trotzdem soll sie einen Teil ihrer Behandlungskosten selbst tragen.
Christine v. Milczewski
OLG Schleswig-Holstein
„An diesem Urteil ist neu, dass die Richter gesagt haben, auch erwachsene Fahrradfahrer müssen einen Helm tragen, um sich selbst zu schützen, sie sind natürlich frei, jeder ist frei, ob er einen Helm trägt, aber kann dann bloß im Falle eines Unfalls nicht den vollen Schadensersatz von der anderen Seite geltend machen, wenn er Kopfverletzungen davon getragen hat.“
Constanze Best-Jensen
Rechtsanwältin
„Das Urteil ist nicht akzeptabel, meine Mandantin hat sich im Straßenverkehr korrekt verhalten. Jetzt meiner Mandantin durch das Nichttragen eines Helms ein Mitverschulden anzulasten, ist nicht korrekt.“
So sieht es vermutlich auch die Mehrheit der Fahrradfahrer. Ihr Lobbyverband , der ADFC , will gemeinsam mit der Anwältin bis zum Bundesgerichtshof gehen, um das Urteil der Richter zu kippen. Seine Sprecherin kommt demonstrativ ohne Helm zum Interview, denn ihr Club ist strikt gegen eine gesetzliche Helmpflicht.
Bettina Cibulski
Sprecherin ADFC
„Es geht einfach nicht um die Frage, Helm oder nicht, wenns um Sicherheit im Straßenverkehr geht, geht's eher vielleicht auch darum zu gucken, dass Autofahrer sich rücksichtsvoller verhalten. Man muss tatsächlich gucken, wie schaff ichs, dass es weniger Konflikte im Straßenverkehr gibt, dass Radfahrer sich sicher bewegen können.“
Das ist nicht falsch, was der ADFC behauptet. Aber vieles ist schon lange nicht mehr richtig: Vermindert der Ausbau einer radfreundlichen Verkehrsführung die Unfallzahlen? Ist der Radfahrer wirklich der ständig und nur vom Autofahrer missachtete Verkehrsteilnehmer?
Münster: die radfreundlichste Stadt Deutschlands. Jeder Dritte nutzt hier das Rad und mit der steigenden Zahl der Radfahrten nehmen auch die Unfallzahlen zu – trotz einer fahrradfreundlichen Verkehrsführung. Dass der Radfahrer aber, wie vom ADFC behauptet, nur das unschuldige Opfer rabiater Autofahrer sei – das deckt sich überhaupt nicht mit der Unfallstatistik. Im Gegenteil:
Martin Schulze-Werner
Leiter Ordnungsamt Münster
„Es ist so, dass hier in Münster nicht dieser Normalfall dominierend ist, dass ein Fahrradfahrer gegen einen PKW fährt oder kollidiert, sondern die Fahrradfahrer fallen entweder alleine um oder sie gefährden sich gegenseitig und fahren sich gegenseitig über den Haufen, das ist hier der größere Anteil am Unfallgeschehen. Vom Fahrradfahrer gehen genau so starke Gefährdungen aus, in erster Linie für den Fahrradfahrer selber, aber auch für die anderen Verkehrsteilnehmer.“
Auch bei Alleinfahrten und Kollisionen untereinander würden sich Radfahrer mit einem Helm vor schweren Kopfverletzungen schützen. Sie tun es nicht. Doch statt für die Helmpflicht zu werben, entwirft der ADFC bemerkenswerte Szenarien.
Bettina Cibulski
Sprecherin ADFC
„Ich bin davon überzeugt, wenn eine Helmpflicht käme, dass die meisten sagen würden: Okay, dann fahre ich lieber wieder Auto, Bus oder Bahn oder gehe zu Fuß, weil man sich so eingeschränkt fühlt, dass man die gewisse Freiheit, die man noch hat, dann einfach verloren geht.“
Würde die Freiheit durch die Helmpflicht eingeschränkt werden? Ja, natürlich! Das war auch für Autofahrer so, als 1976 die Gurtpflicht durchgesetzt wurde. Anschnallgegner sahen sich vom Staat bevormundet, weil sie gezwungen wurden, sich selbst zu schützen.
Tatsächlich: dem Autofahrer wurde die Freiheit genommen, sich den Schädel an der Windschutzscheibe einzuschlagen. War das falsch? Wird die Gurtpflicht noch ernsthaft in Frage gestellt?
Wie würde der Fahrradfahrer auf die Helmpflicht reagieren? Ist er vielleicht einsichtiger, als der ADFC behauptet?
KONTRASTE
„Würde Sie eine Helmpflicht vom Fahrradfahren abhalten?“
Fahrradfahrer
„Ne, ne,,ne, dafür ist mir das Fahrrad zu wichtig.“
„Ich würde, wenn ich verpflichtet wäre dazu, einen Helm zu tragen, definitiv auch tragen und auch genauso viel Fahrrad fahren wie vorher, weil, im Grund bin ich davon überzeugt.“
„Da muss der Gesetzgeber eindeutig werden, dann setzte ich auch einen Helm auf!“
Doch der Gesetzgeber tut nichts, die zuständigen Verkehrsminister der Länder drücken sich Jahren um eine klare Position. So, wie der thüringische Verkehrsminister Christian Carius. Er gab 2012 den Vorreiter für die Helmpflicht.
Christian Carius (CDU)
Verkehrsminister Thüringen
21.06.2012
„Wenn die Tragequote in den nächsten Jahren nicht ansteigt, aber auf der anderen Seite die Unfallquote ansteigt, dann muss man eben seine Helmpflicht für alle meinetwegen auch ins Augen fassen.“
Heute dagegen lässt er Kontraste schriftlich mitteilen:
„Minister Carius wirbt nach wie vor intensiv für das freiwillige Tragen von Fahrradhelmen.“
Oder Winfried Hermann. Als GrünerVerkehrsexperte bekannte er oft und gerne:
Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen)
Verkehrsminister Baden-Württemberg
17.11.2011
„Ich bin für Helmpflicht weil der Kopf des Radlers und der Radlerin immer gefährdet ist.“
Heute, als Verkehrsminister Baden-Würtembergs, heiß es indes - auch das nur schriftlich:
„Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur plant gemeinsam mit Thüringen eine Studie zu den Auswirkungen des Helmtragens auf das Radfahren und die Wirkung eines Helmes bei Unfällen.“
Klaus-Peter Hesse (CDU)
Hamburger Bürgerschaft
„Ich halte das für Unfug, dass es nicht ausreichend Untersuchungen gibt zur Sinnhaftigkeit eines Fahrradhelms, deswegen glaube ich gerade meine Freunden von Grünen davor zurückschrecken ihre Klientel mit solch einer Forderung zu verprellen und wir sind im Bundestagswahljahr, ich glaube, da wird man in solch einer Richtung noch weniger zu behören.“
So bleibt dem Fahrradfahrer auch weiterhin die Freiheit, sich seinen Schädel kaputt schlagen zu lassen - Hauptsache, die Frisur sitzt.
So kann man das sehen, muss man aber nicht. Was denken Sie? Sollte es eine gesetzliche Helmpflicht geben oder nicht? Bloggen Sie mit uns, unter www.kontraste.de können Sie uns gerne Ihre Meinung schicken.
Beitrag von Axel Svehla
Der plötzliche Unfall – ein Alptraum für Fahrrad – und Autofahrer. Wer mit dem Fahrrad stürzt, zieht meist den Kürzeren. Fahrradfahrer werden von Autos übersehen, vom Lkw überrollt. Aber sie stürzen auch allein oder kollidieren mit anderen Radfahrern. Im vergangenen Jahr sanken die Unfälle zwar leicht auf 74.776, doch die Zahl der Todesopfer stieg auf 406, knapp 2 % mehr als im Vorjahr. Unfallforscher und Chirurgen sind alarmiert.
Dr.med. Uli Schmucker
Unfallkrankenhaus Berlin
„Die größte Sorgen machen uns tatsächlich die Schädel-Hirn Verletzungen, die sind zahlenmäßig seltener und auch nicht jede ist lebensgefährlich, aber die, die lebensgefährlich sind, bilden ein immens hohes Risiko für eine dauerhafte Behinderung.“
Wie sich der Fahrradfahrer schützen kann, ist sattsam bekannt.
Dr.med. Uli Schmucker
Unfallkrankenhaus Berlin
„Der Fahrradhelm schützt definitiv den Kopf, da gibt es eigentlich keine Diskussion, das ist wissenschaftlich bewiesen, das ist die klinische Erfahrung, die Unfallchirurgen tagtäglich machen.“
Trotz allem – in Deutschland gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Helmpflicht. Sie wird von der Verkehrsministerkonferenz der Länder ebenso abgelehnt wie vom Bundesverkehrsminister.
Peter Ramsauer (CSU)
Bundesverkehrsminister
04.10.2012
„Von Helmpflicht kann keine Rede sein, wovon aber die Rede sein muss, ist, dass Helm freiwillig stärker getragen werden wird.“
Das aber will in die Köpfe der meisten Fahrradfahrer nicht hinein. Nur jeder 10. schützt seinen Schädel. Warum tun es die restlichen 90% nicht?
Fahrradfahrer
„Weil ich Fahrradhelme doof finde.“
„Ist mir immer viel zu unbequem, stört mich, schwitz ich unterm Helm. Würde ich schwitzen, hab son Ding noch nie aufgehabt.“
„Weil ich eitel bin, weil ich nicht so beschissen aussehen will, mit nem Helm sieht man beschissen aus.“
KONTRASTE
„Und dafür riskieren Sie sich am Kopf zu verletzen?“
Fahrradfahrer
„Ja, ja, ja. Ich weiß das, ich komm aus der Pflege, das Risiko, Schädel-Hirn-Trauma, kenn ich, hm.“
Schockierende Unfallbilder mit Crash Test Dummies, Aufklärungskampagnen, Appelle an die Vernunft – dies alles hilft offensichtlich nicht gegen Eitelkeit und Ignoranz.
Deshalb kämpft Klaus Peter Hesse als einer der wenigen Politiker seit Jahren für eine gesetzliche Helmpflicht – ohne wenn und aber.
Klaus-Peter Hesse (CDU)
Hamburger Bürgerschaft
„Ich trete dafür ein, dass wir eine gesetzliche Helmpflicht bekommen, denn alles das, was an Aufklärungsarbeit über Unfälle ohne Helme stattgefunden hat, hat anscheinend nicht gefruchtet. Insofern denke ich, dass jetzt der Gesetzgeber gefragt ist hier auch einzuschreiten.“
Als einen Schritt in diese Richtung begrüßt Klaus-Peter Hesse ein kürzlich gefälltes Urteil des Oberlandesgerichtes in Schleswig. Eine Radfahrerin, unterwegs ohne Helm, stürzte wegen einer geöffneten Autotür. Sie verletzte sich schwer. Sie trug keine Schuld. Trotzdem soll sie einen Teil ihrer Behandlungskosten selbst tragen.
Christine v. Milczewski
OLG Schleswig-Holstein
„An diesem Urteil ist neu, dass die Richter gesagt haben, auch erwachsene Fahrradfahrer müssen einen Helm tragen, um sich selbst zu schützen, sie sind natürlich frei, jeder ist frei, ob er einen Helm trägt, aber kann dann bloß im Falle eines Unfalls nicht den vollen Schadensersatz von der anderen Seite geltend machen, wenn er Kopfverletzungen davon getragen hat.“
Constanze Best-Jensen
Rechtsanwältin
„Das Urteil ist nicht akzeptabel, meine Mandantin hat sich im Straßenverkehr korrekt verhalten. Jetzt meiner Mandantin durch das Nichttragen eines Helms ein Mitverschulden anzulasten, ist nicht korrekt.“
So sieht es vermutlich auch die Mehrheit der Fahrradfahrer. Ihr Lobbyverband , der ADFC , will gemeinsam mit der Anwältin bis zum Bundesgerichtshof gehen, um das Urteil der Richter zu kippen. Seine Sprecherin kommt demonstrativ ohne Helm zum Interview, denn ihr Club ist strikt gegen eine gesetzliche Helmpflicht.
Bettina Cibulski
Sprecherin ADFC
„Es geht einfach nicht um die Frage, Helm oder nicht, wenns um Sicherheit im Straßenverkehr geht, geht's eher vielleicht auch darum zu gucken, dass Autofahrer sich rücksichtsvoller verhalten. Man muss tatsächlich gucken, wie schaff ichs, dass es weniger Konflikte im Straßenverkehr gibt, dass Radfahrer sich sicher bewegen können.“
Das ist nicht falsch, was der ADFC behauptet. Aber vieles ist schon lange nicht mehr richtig: Vermindert der Ausbau einer radfreundlichen Verkehrsführung die Unfallzahlen? Ist der Radfahrer wirklich der ständig und nur vom Autofahrer missachtete Verkehrsteilnehmer?
Münster: die radfreundlichste Stadt Deutschlands. Jeder Dritte nutzt hier das Rad und mit der steigenden Zahl der Radfahrten nehmen auch die Unfallzahlen zu – trotz einer fahrradfreundlichen Verkehrsführung. Dass der Radfahrer aber, wie vom ADFC behauptet, nur das unschuldige Opfer rabiater Autofahrer sei – das deckt sich überhaupt nicht mit der Unfallstatistik. Im Gegenteil:
Martin Schulze-Werner
Leiter Ordnungsamt Münster
„Es ist so, dass hier in Münster nicht dieser Normalfall dominierend ist, dass ein Fahrradfahrer gegen einen PKW fährt oder kollidiert, sondern die Fahrradfahrer fallen entweder alleine um oder sie gefährden sich gegenseitig und fahren sich gegenseitig über den Haufen, das ist hier der größere Anteil am Unfallgeschehen. Vom Fahrradfahrer gehen genau so starke Gefährdungen aus, in erster Linie für den Fahrradfahrer selber, aber auch für die anderen Verkehrsteilnehmer.“
Auch bei Alleinfahrten und Kollisionen untereinander würden sich Radfahrer mit einem Helm vor schweren Kopfverletzungen schützen. Sie tun es nicht. Doch statt für die Helmpflicht zu werben, entwirft der ADFC bemerkenswerte Szenarien.
Bettina Cibulski
Sprecherin ADFC
„Ich bin davon überzeugt, wenn eine Helmpflicht käme, dass die meisten sagen würden: Okay, dann fahre ich lieber wieder Auto, Bus oder Bahn oder gehe zu Fuß, weil man sich so eingeschränkt fühlt, dass man die gewisse Freiheit, die man noch hat, dann einfach verloren geht.“
Würde die Freiheit durch die Helmpflicht eingeschränkt werden? Ja, natürlich! Das war auch für Autofahrer so, als 1976 die Gurtpflicht durchgesetzt wurde. Anschnallgegner sahen sich vom Staat bevormundet, weil sie gezwungen wurden, sich selbst zu schützen.
Tatsächlich: dem Autofahrer wurde die Freiheit genommen, sich den Schädel an der Windschutzscheibe einzuschlagen. War das falsch? Wird die Gurtpflicht noch ernsthaft in Frage gestellt?
Wie würde der Fahrradfahrer auf die Helmpflicht reagieren? Ist er vielleicht einsichtiger, als der ADFC behauptet?
KONTRASTE
„Würde Sie eine Helmpflicht vom Fahrradfahren abhalten?“
Fahrradfahrer
„Ne, ne,,ne, dafür ist mir das Fahrrad zu wichtig.“
„Ich würde, wenn ich verpflichtet wäre dazu, einen Helm zu tragen, definitiv auch tragen und auch genauso viel Fahrrad fahren wie vorher, weil, im Grund bin ich davon überzeugt.“
„Da muss der Gesetzgeber eindeutig werden, dann setzte ich auch einen Helm auf!“
Doch der Gesetzgeber tut nichts, die zuständigen Verkehrsminister der Länder drücken sich Jahren um eine klare Position. So, wie der thüringische Verkehrsminister Christian Carius. Er gab 2012 den Vorreiter für die Helmpflicht.
Christian Carius (CDU)
Verkehrsminister Thüringen
21.06.2012
„Wenn die Tragequote in den nächsten Jahren nicht ansteigt, aber auf der anderen Seite die Unfallquote ansteigt, dann muss man eben seine Helmpflicht für alle meinetwegen auch ins Augen fassen.“
Heute dagegen lässt er Kontraste schriftlich mitteilen:
„Minister Carius wirbt nach wie vor intensiv für das freiwillige Tragen von Fahrradhelmen.“
Oder Winfried Hermann. Als GrünerVerkehrsexperte bekannte er oft und gerne:
Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen)
Verkehrsminister Baden-Württemberg
17.11.2011
„Ich bin für Helmpflicht weil der Kopf des Radlers und der Radlerin immer gefährdet ist.“
Heute, als Verkehrsminister Baden-Würtembergs, heiß es indes - auch das nur schriftlich:
„Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur plant gemeinsam mit Thüringen eine Studie zu den Auswirkungen des Helmtragens auf das Radfahren und die Wirkung eines Helmes bei Unfällen.“
Klaus-Peter Hesse (CDU)
Hamburger Bürgerschaft
„Ich halte das für Unfug, dass es nicht ausreichend Untersuchungen gibt zur Sinnhaftigkeit eines Fahrradhelms, deswegen glaube ich gerade meine Freunden von Grünen davor zurückschrecken ihre Klientel mit solch einer Forderung zu verprellen und wir sind im Bundestagswahljahr, ich glaube, da wird man in solch einer Richtung noch weniger zu behören.“
So bleibt dem Fahrradfahrer auch weiterhin die Freiheit, sich seinen Schädel kaputt schlagen zu lassen - Hauptsache, die Frisur sitzt.
So kann man das sehen, muss man aber nicht. Was denken Sie? Sollte es eine gesetzliche Helmpflicht geben oder nicht? Bloggen Sie mit uns, unter www.kontraste.de können Sie uns gerne Ihre Meinung schicken.
Beitrag von Axel Svehla