Sie wollen Kohle, Sex und schnelle Autos -
Ihre Einbrüche sind spektakulär wie im Krimi. Sie dauern nur zwei Minuten, dann rasen die Einbrecher mit ihrer Beute davon. Rücksichtslos fahren sie mit Vollgas durch belebte Innenstädte oder über die Autobahn. Was die jungen Männer antreibt ist banal: Kohle, Sex und schnelle Autos. Sie machen die Erfahrung: Verbrechen lohnt sich doch. Adrian Bartocha und Olaf Sundermeyer haben sich auf die Spur einer kriminellen Bande begeben, die bundesweit Aufsehen erregte. Was sie gefunden haben, ist eine in sich abgeschlossene Parallelwelt, die in Zeiten gewachsen ist, als Integration noch ein Fremdwort war. Wer einmal in diesem Milieu gelandet ist, der findet nur schwer wieder heraus. Die Folgen trägt die Gesellschaft.
Anmoderation:
Diese Sendung ist anders als Sie es gewohnt sind. Wir wollen heute einen Einblick in ein Milieu wagen, in dem Sex, Kohle und schnelle Autos DAS sind, was zählt. In einer spannenden Reportage heften wir uns an die Fersen der sogenannten Gullideckelbande. Junge Kriminelle aus Berlin, die bundesweit Aufsehen erregten durch ihre spektakulären Einbrüche, wie dieser.... In zwei Minuten räumen die Gangster Geschäfte aus, dann rasen sie mit Vollgas durch belebte Innenstädte oder über die Autobahn. Meinen Kollegen Adrian Bartocha und Olaf Sundermeyer ist es gelungen, das Innenleben dieser Bande zu beobachten. Was sie zeigen, ist eine Parallelwelt, die gewachsen ist in Zeiten, als Integration noch ein Fremdwort war.
Es war ein Blitzüberfall – Nach dem Blitzeinbruch ins Alexa überprüft die Polizei – Bisher haben die Ermittler keine Hinweise auf die Täter – Ein Zeuge sah, wie zwei Männer kurz nach sechs Uhr Scheiben im Eingangsbereich zertrümmerten – Diesmal überfielen mehrere Maskierte das KaDeWe – Unbekannte rasten mit dem Auto in das verschlossene – erbeuteten 300 Handys im Wert von über 100tausend Euro
O-Ton "die Gangster"
"Blitzeinbruch - Ruckzuck – rein raus, Blitzaktion, zwei Minuten - höchstens. Das sind unsere Jungs, die das machen. Man nennt es Arbeit hier."
O-Ton "der Kommissar"
"Wir beobachten das schon seit einigen Jahren, dass sich junge Erwachsene, meistens mit Migrationshintergrund, zusammenschließen und solche Einbrüche begehen."
O-Ton "der Einbrecher"
"Man macht das Tag für Tag und man hofft einfach dass nichts passiert. Weil es passiert ja auch nichts."
O-Ton "der Staatsanwalt"
„Letztendlich ist es eine Tätergruppe von 40-50 Leuten aus dem Weddinger Bereich. Wo man sich untereinander kennt und wo jeder weiß, was der andere tut.“
21:34:17 Zeitansage
O-Ton
"Ja, Polizeinotruf Berlin"
„Schnell Polizei zum Gesundbrunnencenter, kommen Sie hier, die machen gerade Scheibe kaputt. Aber Sie müssen sich beeilen, beim Gesundbrunnencenter Hinterausgang.“
"Jaaa, ist denn da ein Geschäft oder was befindet sich da?"
"Ja, zwischen Aldi und Saturn. Die machen gerade das Fenster. Sie haben alles schon demoliert. - Sie sind schon drinne."
Der Real-Markt in Berlin Wedding kurz nach Ladenschluss. Ein Blitzeinbruch. Dauer: 2 Minuten. Mit einem Gullideckel zertrümmern maskierte Täter die Scheibe und greifen sich die Tageseinnahmen. Fast 40.000 Euro. Die Kassiererinnen fliehen in Panik.
O-Ton
"Hallo?"
"Ja, ich höre Sie"
"Kommen Sie, die haben hier die Sachen rausgetragen. Die laufen."
"Okay, wie ist denn Ihr Name bitte?"
"Mein Name ist beeep..."
"Okay"
"Die haben jetzt irgendwas geschnappt. Die rennen damit.
Auf der Flucht verlieren die Einbrecher den Großteil des Geldes. Im benachbarten Wohnblock verliert sich ihre Spur.
Sebastian Sendt ist Staatsanwalt für organisierte Kriminalität. Der Fall landet auf seinem Schreibtisch. Er erhält den Hinweis eines Informanten: Der Überfall sei keine Einzeltat, dahinter stecke eine gut organisierte Bande.
O-Ton Sebastian Sendt, Staatsanwalt
"Der Hinweis benannte schon verschiedene Personen namentlich und schrieb denen auch schon gewisse Stellungen zu. Es war eigentlich von vornherein klar es muss, es war eine Gruppe."
Sieben junge Männer aus dem Wedding. "Die Gullydeckelbande". So taufte sie eine Boulevardzeitung nach dem Einbruch in den Real-Markt. Ihre Spezialität: Blitzeinbrüche. Er war von Anfang an dabei - will anonym bleiben. Seine Zeit in der Bande ist für ihn eine schöne Erinnerung.
O-Ton
"Wir sind ja alle Freunde und jeder hat eine Aufgabe, jeder konnte seine Aufgabe sehr gut – nur als Team hat so was geklappt, alleine klappt so was nicht. Man hat eine bestimmte Zeit, die einem zu Verfügung steht, und die muss man auch einhalten, so gut wie möglich. Jeder hat dasselbe Ziel, und um dieses Ziel zu erreichen, muss man einiges drauf haben, man muss schon einiges können. Es ist wie Mathematik, du rechnest eins plus eins und dann ergibt sich eine Summe, genauso war es bei der Sache. Du hast dir den Weg berechnet, du hast das Objekt, du hast dir alles angeguckt – du hast dir gedacht, was wäre wenn, was ist wenn, und wenn alles nach Plan läuft, dann kann nix passieren."
Nur jeder 6. Einbruch in Deutschland wird wird überhaupt aufgeklärt. Bei Blitzeinbrüchen ist die Aufklärungsquote noch geringer.
O-Ton Sebastian Sendt, Staatsanwalt
"Man darf einfach nicht vergessen, die Täter sind ein bis zwei Minuten am Tatort, klauen nur einen Beutegegenstand, ein Beuteziel, Zigaretten, Handys was auch immer, das wird eingeräumt und innerhalb von ein, zwei Minuten sind die Täter wieder weg. Da hat man keine Spuren, keine weiteren Hinweise, keine Zeugen. Da hat man meistens nichts."
Der Bellermannblock in Berlin-Wedding. Hier wachsen einige der Einbrecher aus der Gullydeckelbande auf. In diesen Aufgängen beginnt ihre kriminelle Laufbahn. Erstes Ziel: das Eigentum der Nachbarn.
O-Ton Nachbar
"Zunächst waren es Kellereinbrüche, die, wo sie dann aber festgestellt haben, dass sich das wahrscheinlich nicht mehr lohnt. Und dann ist man zu Wohnungseinbrüchen übergegangen. Und zwar ganz massiv."
Frage: "Was heißt das: massiv?"
Antwort: "Na massiv heißt, dass das, ich sage mal in der Woche 2, 3 Wohnungseinbrüche waren. Und rechnen Sie das hoch auf ein Monat, dann können Sie sich vorstellen was da los war."
Doch dabei bleibt es nicht. Die Bande will mehr. Nun geht es Schlag auf Schlag. Wie im Rausch. Dutzende Blitz- Einbrüche in Tankstellen, Tabakläden, Elektronikmärkten. Oft mehrere in einer Nacht. Die Ziele werden vorher ausgespäht.
Dann die immer gleiche Vorgehensweise: Scheiben zertrümmern, mit Brecheisen Türen aufhebeln. Beute in Bettbezüge. Laptops, Handys, Zigaretten. Und nach zwei Minuten wieder raus. Dann geben sie Gas – rücksichtslos. Mit 150 Stundenkilometern durch die Stadt. Wie in einem Computerspiel.
O-Ton
Frage: "Wo haben Sie denn Autofahren gelernt?"
Antwort: " Play-Station – HAHA!"
Unfälle und zufällige Opfer nehmen sie in Kauf. Unrechtsbewusstsein? Fehlanzeige! Diebstahl ist für sie "Arbeit".
O-Ton
"Wenn einer eine Aufgabe hat - dann nenne ich das in dem Sinne Arbeit. Wenn Du mir jetzt sagst – hilf´ mir mal bitte beim Kartons tragen, dann sage ich – ich helfe Dir bei der Arbeit – ganz einfach."
O-Ton Horst Riester, Ladenbesitzer
"Man kann im Grund genommen noch sehen, die Tür hier ist ja noch eine neue, aber hier sieht man zum Beispiel Spuren, oder hier, wo Hebeleisen angesetzt wurde. Und wenn Sie mal hier gucken möchten: Hier oben ist noch so ein Teil Verriegelung, die aufgebogen wurde. Wurde natürlich zurück gebogen, sah natürlich viel schlimmer aus, wenn man so will.
Frage: "Womit denn?"
Antwort: "Also mit normalem Hebelwerkzeug, also mit einer Brechstange."
Frage: "Und dann?"
Antwort: "Dann sind die rein."
Horst Riester gehört zu ihren Opfern. Vier Mal wurde sein Tabakgeschäft ausgeräumt. Diebesgut: massenweise Zigaretten. Die Versicherung kündigt dem Ladenbesitzer. Die Einbrüche bedrohen seine Existenz.
O-Ton Horst Riester, Ladenbesitzer
"Alleine diese vier Einbrüche haben mich 10.000 € gekostet. Das ist weg. Das gibt mir keiner wieder. Und das ist dann schon mal… viele sind daran schon kaputtgegangen."
Zigaretten sind wie Bargeld. Sie werden sofort weiter verkauft.
O-Ton
Frage: "Und was haben Sie mit dem Geld gemacht?"
Antwort: "Manche haben mit deren Geld gespielt, Glücksspiel. Manche haben sich etwas gekauft. Manche sind Feiern gegangen, haben einen richtig drauf gemacht. Ja wenn du 3.000 an einem Tag verdient hast, hast du nächsten Tag 3.000 ausgegeben, ganz einfach. Weil du weißt, am nächsten Tag kommen wieder 3.000, deshalb."
Das Geld muss also täglich neu „verdient“ werden. Auch hier in einer Tankstelle im Süden Brandenburgs. Mit dabei Pjeter D. Pjeter 65, so sein Pseudonym. Sein Leben als Krimineller verherrlicht er jetzt als „Gangsterrapper“ im Internet.
Dabei galt er lange Zeit als vielversprechender Hoffnungsträger. In einem Boxverein im Wedding. Erklärtes Ziel: Integration durch Sport. René Deutschmann war Pjeters Trainer.
O-Ton René Deutschmann, Boxlehrer
„Der war Kosovoalbaner, die, und damals in den Jugoslawienkriegen hier sozusagen auf Asylantrag hier eben waren. Und sollten auch eben abgeschoben werden. Aber da der eben schon als zwölf- oder dreizehnjähriger Berliner Meister, Deutscher Meister wurde, ist es eben so, dass wir den, diese ganze Familie fast retten konnten. Dadurch, dass wir eben auch Unterstützung vom Berliner Boxverband und vom Olympischen Sportbund bekommen haben, dass diese Familie eben entsprechend förderungswürdig ist.“
Unterstützung, Zuspruch: aber bei ihm läuft alles ins Leere. Pjeter schafft die Schule nicht, gerät an die falschen Leute.
O-Ton René Deutschmann, Boxlehrer
„Die Eltern: Der Vater macht sich große Vorwürfe, weil er den Jungen zu spät eben nach Deutschland geholt hat. Ja, der ist hier erstmal vorgegangen, hat hier sein Asylverfahren gemacht. –Und der Junge war ja der Älteste der Familie und die anderen Kinder waren noch nicht geboren und da sind die eben eine Weile im Kosovo geblieben. Und dieses Kriegserlebnis – das sagen ja viele Leute – ist eben schlimm für Kinder.“
In der Bande erfährt Pjeter Zusammenhalt und maximale Anerkennung. Mit jedem Einbruch wächst das Gruppengefühl.
O-Ton
"Wenn man zwischen Freunden sitzt, dann hat man schon ein gutes Gefühl. Da ist kein Platz für Angst, da ist kein Platz für oh, ich kann gerade nicht oder, also entweder man ist dabei oder man ist gar nicht dabei."
Die Polizei nimmt die kriminellen Freunde ins Visier. Ihre Telefonate werden abgehört und protokolliert.
Neo: „Die sind grad losgefahren. Die gehen jetzt arbeiten.“
Tariq: „Hast du Walkie Talkie?“
Haschem: „Gibt noch sechs Stück von Apfel 64 Gigabyte.
Hassan: „Für wieviel?“
Tariq: „Ey? Hast Du Sachen bei dir?“
Govand: „Ja, mein Brech.“
Ihre Autos werden mit Peilsendern versehen -Bewegungsprofile erstellt.
So können jetzt über Tatorte und Tatzeiten viele Einbrüche den Tätern zugeordnet werden. Nach und nach ergibt sich ein Bild vom Innenleben der Bande.
O-Ton Sebastian Sendt, Staatsanwalt
„Im Rahmen der Telefonüberwachung war halt insofern ein sehr interessantes Bild aufzuzeichnen, dass eigentlich sich das ganze Leben der Täter und der ganze Tagesablauf der Täter eigentlich wirklich nur um die Taten und um sich, man drehte sich nur um sich selbst. Es ging entweder um Geldverteilungen, es ging um Beuteabsatz, wer hat das Auto, wer braucht das Auto, wer wäscht das Auto?“
Als Gruppe fühlen sich die Einbrecher unbesiegbar und glauben, niemand könne sie aufhalten. Selbstsicher, auch dann noch, als sie am Tatort überrascht werden. wie hier bei ihrem Einbruch in einer Berliner Kaufland-Filiale.
O-Ton
„Ja, an eine Sache erinnere ich mich genau, wo uns da jemand gefilmt hat vom Balkon. Muss man cool bleiben. In solchen Situationen sieht man, wer cool bleiben kann und wer nicht und dann schaut man einfach und lernt das von den anderen. Man bleibt cool, man hat alles im Griff. In so einem Moment darf einfach nichts falsch laufen. Es kann nichts falsch laufen. Jeder kluge Mensch, der in einem LKW sitzt und sieht gerade acht Leute maskiert. Der bleibt im Lkw, ja. Der bleibt einfach im LKW sitzen.“
Blitzeinbrüche als Geldbeschaffung, als Arbeit, als Lebenseinstellung. Gefeiert im Internet, vermarktet im Musikvideo. Die Weddinger Gangsterrapper nennen sich „AusserKontrolle“. Sie sind Teil eines Netzwerkes aus kriminellen Banden, Blitzeinbrechern, zu denen auch die „Gullydeckelbande“ gehört.
O-Ton AusserKontrolle
„Ich rappe halt über Geschichten von meinen Jungs, die wirklich passiert sind, die sie alle wirklich gemacht haben: Blitzeinbrüche, Mediamarkt, Saturn, Juweliere. Darum geht es.“
Frage: „Diese Jungs aus der „Gullydeckelbande“, sind das jetzt auch welche von Ihnen, wo Sie sagen, das sind auch unsere Jungs?“
Antwort: „Ja, da sind noch welche dabei hier, ja.“
Frage: "Apple Store? Waren auch Ihre Jungs hier aus Berlin?“
Antwort: „Ja. Weddinger Jungs, ja.“
Michael Adamski, Kriminalhauptkommissar: Blitzeinbrüche sind sein Spezialgebiet. Die Täter sind für ihn gute Bekannte.
O-Ton Michael Adamski, Kriminalkommissar
„Also man kennt schon die älteren Brüder und Cousins, die vor mehreren Jahren schon solche Taten begangen haben, die man zwischendurch vielleicht auch mal erwischt hat und die verurteilt wurden. Und dann kommt die nächste Generation, die jüngeren Brüder, manchmal auch mit der Aufgabe, Geld zu verdienen, um die Anwälte der älteren Brüder zu bezahlen. Also das ist eine Geschichte, die setzt sich fort. Was immer gleich bleibt, sind die Namen, die man hört. Es sind immer die gleichen Namen, die kommen immer aus den gleichen Familien und immer aus dem gleichen sozialen Umfeld.“
Dieses Umfeld ist der Wedding. Kriminelle stilisieren sich hier unwidersprochen zu "Kiezlegenden".
O-Ton AusserKontrolle
„Das sind halt Geschichten, die sich rumsprechen überall im Kiez. Viele nehmen diese Leute, diese Leute als Vorbilder. Sehen sie dann irgendwann mit dicken Karren rumfahren und mit fetten Goldketten und alles Drum und Dran und sie wollen das auch haben. Sie wollen auch alles haben.“
O-Ton
„Man kriegt viel mit von Freunde, Brüder, Verwandte. Man sieht auch viel. Man hört in Cafés viel. Man sieht Leute, junge Leute mit dicken Autos viel. Irgendwoher muss ja das Geld kommen. Natürlich könnte in dem Moment einer sagen, ey komm, lass´ uns ein Geschäft aufmachen oder komm, lass uns da arbeiten gehen, es hat aber keiner. Und das war die Situation, es hat sich einfach so ergeben.“
Levent Yükcü ist ein muslimischer Gefängnisseelsorger. Er kennt etliche Straftäter aus dem Wedding. Besinnung oder gar Reue erlebt er bei seinen Haftbesuchen selten.
O-Ton Levent Yükcü, Gefängnisseelsorger
„Wir fahren jetzt zum JVA Plötzensee, zum Islamunterricht. Jeden Dienstag von 17 bis 19.00 Uhr kommen wir ins Gespräch mit den Jugendlichen, muslimischen Jugendlichen, die leider kriminell geworden sind. Wenn sie entlassen werden aus dem Gefängnis, stehen die gleichen Kumpels mit dem dicken Benz vor dem Gefängnis und sagen, ey Hassan, da sind wir wieder, wir holen dich ab, hier sind wir, deine besten Freunde. Und alles ist gut. Die drei Jahre sind zwar vergangen, aber jetzt hast du wieder dein schönes Auto und jetzt hast du wieder deine Freunde. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er wieder kriminell wird, geht ganz schnell. Und das Problem ist ja, die denken, so beim ersten Mal haben sie mich erwischt, beim zweiten Mal bin ich ja klüger. Da werden sie mich nicht erwischen.“
Das Gefängnis, für viele der Ort, an dem sie erst richtig in die kriminelle Szene einsteigen. Auch sie haben diese „Schule“ durchlaufen.
O-Ton AusserKontrolle
"Ich habe mindestens 40, 50 Freunde die in Haft sitzen deswegen.
Frage: "Haben sie selbst auch schon in Haft gesessen?"
Antwort: "Ja habe ich auch schon gesessen."
Frage: "Können sie sagen warum?"
Antwort: "Ja, waren Serieneinbrüche."
Frage: "Hier im Wedding auch? Oder woanders in Berlin?"
Antwort: "Bundesweit."
Meldungen über Blitzeinbrüche kommen aus dem ganzen Land.Viele davon gehen auf das Konto Berliner Banden.
O-Ton Michael Adamski, Kriminalhauptkommissar
„Im Nachhinein haben wir aus der ganzen Bundesrepublik Vorgänge bekommen, wo es gleichartige Taten gab. Die haben wir selektiert und wirklich bei vielen gab es Spuren Übereinstimmungen, gab es Blitzer-Fotos, gab es gleiche handelnde Personen, gleiche Autos. Die sind einfach losgefahren in alle Himmelsrichtungen, haben hunderte Kilometer zurückgelegt, um diese Taten zu begehen.“
Mit hochmotorisierten Luxusautos rasen die Einbrecher von Berlin aus durch das ganze Land.
O-Ton AusserKontrolle
„Wenn man auf der Autobahn fährt, da braucht man ein schnelles Auto. Wenn die Cops hinter einem her sind und man dann mit 300 Sachen über die Autobahn brettert, da trauen sich die, da traut sich, da trauen sich die Bullen sich nicht immer hinterher. Die denken sich, das ist zu gefährlich.“
Frage: Wo kamen die Autos her?
O-Ton Sebastian Sendt, Staatsanwalt
„Nein, die haben keine eigenen Autos besessen. In dem Fall kamen die Autos von Mietwagenfirmen. Das sind aber keine seriösen, großen Mietwagenfirmen, wie man sie aus der Werbung kennt, sondern eher kleinere Betriebe. Die durchaus ihre Autos aus dubiosen Quellen beziehen und auch die Vermietung nur an dubiose Kunden vornehmen.“
O-Ton Michael Adamski, Kriminalhauptkommissar
„Es sind Leute in der Stadt, die haben so zehn Autos und vermieten die auch an diese jungen Männer. Meist so für einen Wochenpreis von 1000 oder 1500 €. Hier bei der Tat im Alexa, diesen Audi den Sie hier sehen, das ist ein Audi R6 mit 560 PS. Also der macht schon richtig Musik.“
Auch dieser Audi wurde auf diese Weise gemietet: Das Auto gehört dem Bruder eines „Gullydeckelgangsters“. Weihnachten 2014. Der spektakuläre Überfall auf das Kaufhaus des Westens, am helllichten Tag, mitten im Weihnachtsgeschäft. Die Beute: Uhren und Schmuck im Wert von 900.000 Euro. Danach verstecken die Täter das Auto in einer Tiefgarage in der Nachbarschaft bei einem Familienmitglied. Dann verschwinden sie, genauso wie die Beute. Noch am Abend feiern die Täter Ihren Erfolg in einem Berliner Großbordell. Unbehelligt durch die Polizei. Die Beute wird unmittelbar nach solchen Blitzeinbrüchen zu Geld gemacht. Bei Hehlern. Wer das ist? Darüber gibt es nur Vermutungen.
O-Ton AusserKontrolle
„Das sind, das sind große Summen. Wenn da jetzt ein Coup gestartet wird, dann geht es da um 70, 80tausend Euro, ja. 100tausend Euro, das sind Großabnehmer, ja, die kaufen das dann alles ab, verhökern das irgendwo anders teuer weiter.“
Und selbst, wenn die Täter gefasst werden, die Beute ist weg. Sieben Monate nach dem ersten Einbruch im Gesundbrunnencenter veranlasst Staatsanwalt Sendt die Festnahme der „Gullydeckelbande“. Einzig der Kopf der Bande entkommt. Zwei Wochen später wird auch er entdeckt. In einer Beach-Bar an der Spree.
O-Ton Michael Sendt, Staatsanwalt
Die eine Hälfte wird genauso weitermachen, wenn sie aus dem Gefängnis kommt. Und die anderen ergreifen vielleicht die Chance, doch wieder auf einen rechten Weg im Leben zu kommen.
Beitrag von Adrian Bartocha und Olaf Sundermeyer
Abmoderation:
Die eine Hälfte wird nach dem Gefängnis genauso weitermachen, die andere beginnt ein neues Leben. Vielleicht, sagt der Staatsanwalt, den wir eben gehört haben. Seine Resignation wirft ein erschreckendes Licht auf unseren Strafvollzug. Der Ruf nach härteren Strafen, hier zeigt sich, was er bringt, wenn man die jugendlichen Täter im Gefängnis sich selbst überlässt.