- Fehlkonstruktion Mietpreisbremse: Konzept zieht nur für Luxuswohnungen

CDU und SPD sind sich einige: Die Mieten müssen bezahlbar sein. Mietpreisbremse und geförderten Wohnungsbau sollen es richten. Doch gerade die Mietpreisbremse, auf die viele Wohnungssuchende ihre Hoffnung setzen, wird nur wenig bringen. Wirklich profitieren nur die Mieter überteuerter Luxuswohnungen.

Das Gegenteil von „Gut“ ist „Gut gemeint“. Das zeigt sich gerade am Beispiel Mietpreisbremse: Um die steigenden Mieten in vielen Grosstädten zu bremsen, haben sich Union und SPD bei den Koalitionsverhandlungen auf eine Mietpreisbremse geeinigt. Klingt erstmal gut, bringt aber im Endeffekt wenig! Lars Otto, Axel Svehla und Mona Djeha sagen Ihnen, warum.

In Deutschland werden die meisten Wohnungsbesichtigungen in den Städten zu Massenveranstaltungen, zum Kampf um bezahlbaren Wohnraum. Gering - und Mittelverdiener gehen dabei oft leer aus.

Bewerber
„Also es sind echt viele Wohnungen zu teuer für uns, vor allem, wenn man dann ne ganz gute Lage will mit guter Anbindung."
"Und es wird immer schwieriger hab ich das Gefühl. Von Monat zu Monat da irgendetwas zu finden, was dann tatsächlich auch bezahlbar ist."

Weil Mieter aber auch Wähler sind, übertrafen sich im Wahlkampf SPD und CDU mit Forderungen nach bezahlbarem Wohnraum.

Angela Merkel
„Wir wollen, dass man auch bei Neuvermietung, also wenn der Mieter wechselt, die Miete nur in einem bestimmten Umfang erhöhen darf und nicht beliebig erhöhen darf.“
Peer Steinbrück
„Wir werden uns Gedanken drüber machen müssen, wie wir Mieter besser schützen.“

Schon nach wenigen Verhandlungen um eine Große Koalition verkündete der sozialdemokratische Verhandlungsführer, Florian Pronold, stolz seinen Erfolg:

Florian Pronold (SPD)
Bundestagsabgeordneter

„Natürlich ist das ein gutes Gefühl, wenn man für etwas im Wahlkampf gekämpft hat und es versprochen hat, dass es dann auch kommt und die Mietpreisbremse war ein ganz zentrales Element des SPD Wahlkampfes, weil wir sehen, dass bezahlbares Wohnen in den Großstädten kaum noch funktioniert.“

Doch das Urteil der Experten über die so umjubelte Mietpreisbremse klingt alles andere als euphorisch. Sie räumen mit einem Missverständnis auf: Die Mietpreisbremse friert keine Mieten ein und sie macht Mietwohnungen auch nicht billiger. So der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins.

Reiner Wild
Geschäftsführer Berliner Mieterverein

„Sie wird natürlich in erster Linie nur eine Dämpfung des Mietpreisanstieges bewirken. Und das hat auch seine Ursache darin, dass für bereits bestehende überhöhte Mieten ein Bestandschutz gewährt werden soll und damit es nicht zu einer Senkung bereits überhöhter Mieten kommen wird.“

Geht es nach der Großen Koalition, sollen künftig bei Neuvermietungen die Mieten um nicht mehr als 10 % der ortsüblichen Vergleichsmiete steigen. Kostet zum Beispiel nach dem Mietspiegel eine Wohnung 1.300 Euro darf die Miete für 4 Jahre nicht höher als 1.430 Euro sein. Klingt gut, hilft aber dem Durchschnittsverdiener überhaupt nicht.

Die Mietpreisbremse verhindert keinen Anstieg der Mieten!

In den letzten 4 Jahren stiegen die Vergleichsmieten - auch Mietspiegel genannt - in den Großstädten um circa 20 %.

Dieser Anstieg bleibt die Basis für noch zulässige, 10%ige Mieterhöhungen. Allerdings besteht immer ein deutlicher Unterschied zwischen Mietspiegeln und tatsächlich verlangten Mieten. Beispiel München: Laut Mietspiegel kostet hier der qm durchschnittlich 10,13 Euro. In Wirklichkeit werden aber 13,85 Euro und mehr verlangt.

Diese bereits bestehenden überhöhten Mieten lässt die Mietpreisbremse unangetastet.
Der Chefanalyst von ImmobilienScout24 sieht Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen auch weiterhin im Nachteil.
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Michael Kiefer
Chefanalyst Immoscout24

„Es gibt einfach eine zunehmende Bevölkerungsschicht, die sich diese Mietanteile nicht mehr leisten kann und deshalb einfach in der Innenstadt nicht mehr wohnen kann. Tatsache ist wirklich so, selbst die Mietspiegelmieten, die jetzt verlangt werden, sind für viele Menschen in der Innenstadt einfach nicht bezahlbar bei den geringen Einkommen.“

Und auch die Hoffnung, dass Neubauten zu preiswerterem Wohnraum führen, trügt. Denn:

Die Mietpreisbremse gilt nicht für Erstvermietungen.

Für finanzstarke Investoren ist der Verkauf und das Vermieten ein äußerst lukratives Geschäft - und das soll auch so bleiben. Bei Neuvermietungen kann der Eigentümer jede Miete nehmen, die der Markt hergibt. Dadurch will man verhindern, dass Bauherren abgeschreckt werden. Hinzu kommt:

Die Mietpreisbremse belohnt die Besserverdiener

Wer überdurchschnittlich gut verdient und auf den Vermieter einen solventen Eindruck macht, der kann sich fast jede Wohnung leisten. Für ihn wird es sogar noch besser. Denn dank der Mietpreisbremse wird es große Preissprünge bei der Neuvermietung von Luxuswohnungen zukünftig nicht mehr geben. Das wissen auch die Immobilienmakler für exklusives Wohnvergnügen.

Rackham F. Schröder
Immobilienmakler Engel&Völkers AG

„Wenn der bonitätsstarke Mieter jetzt bereit ist, 12 Euro für diese Wohnung zu zahlen, aber aufgrund der Mietpreisbremse nur noch 7 Euro zahlen muss, freut der sich. Dann tut die Politik dem bonitätsstarken Mieter einen Gefallen. Demjenigen, der nur 4 Euro zahlen kann oder auch sieben Euro zahlen könnte, wenn er sich ganz doll anstrengt, tut er keinen Gefallen. Weil der wird die Wohnung trotzdem nicht bekommen. Weil der Vermieter natürlich den bonitätsstärksten Mieter nimmt, damit er seine Sicherheit hat.“

Wie war das noch im Wahlkampf ?

Peer Steinbrück
„Wir werden uns darüber Gedanken machen müssen, wie wir Mieter besser schützen.“
Angela Merkel
„Wir wollen, dass man auch bei Neuvermietung, also wenn der Mieter wechselt, die Miete nur in einem bestimmten Umfang erhöhen darf.“

Auf Nachfrage von KONTRASTE räumt nun der SPD Unterhändler für die Große Koalition ein:

Florian Pronold (SPD)
Verhandlungsführer

„Wir haben halt keine Mietsenkungsklausel vereinbart, sondern eine Mietpreisbremse, das heißt, der Anstieg wird abgebremst oder verhindert, aber es kommt nicht zu irgendwelchen Absenkungen von bestehenden, bereits vereinbarten Mieten.“

So ist es bei der Mietpreisbremse wie beim Kleingedruckten in den Mietverträgen. Wer nicht richtig liest, bleibt eben angeschmiert.

 


Beitrag von Lars Otto, Axel Svehla und Mona Djeha