Vergabe öffentlicher Aufträge - In Brandenburg könnte bald schneller saniert werden

Fr 28.03.25 | 19:51 Uhr | Von Ronja Bachofer
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Eine Lehrerin schreibt an eine Schultafel im Mathematikunterricht an einer Schule. (Quelle: dpa
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Vorteil für Handwerker?

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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 28.03.2025 | Ronja Bachofer | Bild: dpa

Bisher müssen Brandenburger Kommunen alle Aufträge über 1.000 Euro brutto ausschreiben. Ein bürokratischer Aufwand für Verwaltung und Betriebe. Zwecks Bürokratieabbau soll die Grenze auf 100.000 Euro netto erhöht werden. Von Ronja Bachofer

Mit einer Münze kratzt Malermeister Sven Thielecke die alte Farbe von den Treppenstufen, um zu demonstrieren, wie leicht sie abblättert. Auch die Wände und Decke sind in die Jahre gekommen. Die Beschichtung hat vor zehn Jahren die Zulassung verloren. Das Treppenhaus wurde Mitte der 1990er Jahre zum letzten Mal saniert. Im Erdgeschoss des Gebäudes in Ludwigsfelde (Teltow-Fläming) befindet sich eine Kindertagesstätte, darüber sind Wohnungen.

Bereits im vergangenen Jahr wollte die Stadt das Treppenhaus sanieren. Doch weil die Kosten mehr als 1.000 Euro betragen, müsste sie den Auftrag ausschreiben. "Überall hört man von Kollegen das gleiche", sagt Thielecke. Handwerker seien nicht mehr bereit, sich auf öffentliche Aufträge zu bewerben, weil sich das kaum lohne. Zu groß die Arbeit für das Angebot. Hoch sei das Risiko, dass am Ende doch ein anderer Betrieb den Auftrag ergattert. "Und was ist die Folge? Kommunen bekommen gar keine Angebote mehr. Dann werden gar keine Leistungen ausgeführt."

Eine Revolution im Vergabewesen

Der Brandenburger Sonderausschuss Bürokratieabbau hat sich dem Problem angenommen. Dessen Vorschlag sieht vor, dass Kommunen Aufträge im Wert von bis zu 100.000 Euro direkt vergeben können. Das soll sowohl die Behörden als auch Betriebe entlasten. Bestenfalls fließt das Geld aus den kommunalen Haushalten in die regionale Wirtschaft, wovon die ganze Region profitieren würde. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sollen so unterstützt werden.

"Eine Revolution im Vergabewesen", nennt Marcel Penquitt, SPD-Politiker und Vorsitzender des Ausschusses, das Vorhaben. Er geht davon aus, dass die Landeshaushaltsordnung und die Kommunale Haushalts- und Kassenverordnung bald geändert werden. In den Ministerien würden gerade die Änderungen vorbereitet und geprüft, ob der Landtags zustimmen müsse. Penquitt hofft, die neue Vergaberegelung könne noch vor der Sommerpause des Landtags gelten.

Lob aus der Wirtschaft

"Solche Nullen sieht die Brandenburger Wirtschaft gern", teilte die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam, Ina Hänsel, in einer ersten Reaktion auf die Ankündigung mit. "Wenn nun auch der Sonderausschuss Bürokratieabbau greift und die Digitalisierung in den Ämtern Tempo aufnimmt, bekommt Brandenburgs Wirtschaft den notwendigen Schub", so Hänsel. Der Forderung nach mehr Digitalisierung schloss sich auch der Handwerkskammertag an: "Formulare und Leistungsbeschreibungen müssen durchgängig digital und ohne Medienbrüche verfügbar sein", hieß es in einer Pressemitteilung. Darüber hinaus forderte er, das Brandenburgische Vergabegesetz zu prüfen.

Weniger Geld für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

Bedenken äußert hingegen der Deutsche Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg. Die stellvertretende Vorsitzende Nele Techen sagt dem rbb, sie sei überrascht von der Erhöhung der Wertgrenze um das Hundertfache. Sie fürchtet, dass der Vergabemindestlohn, also der Lohn, der für öffentliche Aufträge mindestens gezahlt werden muss, bei einer Direktvergabe nicht mehr greifen könnte. Von der Landesregierung fordert sie dazu eine "deutliche Aussage". Weiterhin müsse der Lohn auf mindestens 15 Euro erhöht werden.

Die Sorge teilt auch Clemens Rostock, Landesvorsitzender der Brandenburger Grünen: "Unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus dürfen Arbeitnehmerrechte nicht untergraben, Löhne nicht gedrückt und soziale Standards nicht ausgehebelt werden. Gemeinsam mit vielen anderen Gewerkschaftern fordere ich, dass öffentliche Aufträge an faire Bedingungen geknüpft bleiben."

Ebenso gibt es die Befürchtung, dass Kommunen die Aufträge bei einer Direktvergabe in Zukunft leichter befreundeten Betrieben zuschieben könnten. Marcel Penquitt von der SPD hält dieses Risiko für überschaubar. Gegenüber dem rbb argumentiert er, dass in den Verwaltungen nicht eine Person allein über Auftragsvergaben entscheide. Es herrsche mindestens ein Vier-, wenn nicht sogar ein Sechs- oder Acht-Augen-Prinzip.

30 Prozent Zeitersparnis

Für Malermeister Sven Thielecke überwiegen die Vorteile. Er sagt: "Meistens ist der billigste Anbieter nicht der wirtschaftlich günstigste." Schon häufig habe ein Betrieb den Zuschlag bekommen, der zwar das günstigste Angebot unterbreitet hatte, aber keine Fachfirma war. Die Folge: Nach zwei oder drei Jahren habe seine Firma die Mängel aufwendig und teuer beseitigen müssen.

Wenn die neue Regelung kommt, wäre das für Thielecke vor allem auch eine Zeitersparnis. 20 bis 30 Prozent seiner Arbeitszeit verbringt er damit, Angebote herunterzuladen, zu bearbeiten, einzuscannen und wieder hochzuladen. Die Zeit würde er lieber in die Kundenberatung oder die Begleitung der Bauausführung stecken: "Ich bin lieber auf der Baustelle als im Büro."

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 28.03.2025, 19.30 Uhr

Beitrag von Ronja Bachofer

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8 Kommentare

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  1. 8.

    Das würde wieder auf Kosten der (unbezahlten) Unternehmen gehen: Mehrere Angebote einholen, kann dem jeweiligen Sachbearbeiter bzw. Vergabestelle ja trotzdem vorgegeben werden.

    Lieber andersherum: Unternehmen sollen auf eine Plattform ihre Angebote stellen – was sie machen, in welchem Umkreis, Ansprechpartner. KI kann dann alle Firmen zum Vergleich auflisten, die für einen Auftrag infrage kommen.

    Per Losverfahren wird dann (wie im Lotto) die Reihenfolge bestimmt, in der sie angefragt werden. Immer einer erst, nachdem der andere abgesagt hat. Der erste mit Zusage bekommt dann den Auftrag.

    Per Algorithmus kann auch bestimmt werden, dass die Gesamtsumme der jeweiligen Aufträge nach und nach fair vergeben werden.

  2. 7.

    Also dieser Ausschuss hat nun die Summe ab der ausgeschrieben wird lediglich verhundertfacht. Das soll dann für einen Ausschuss eine Revolution sein? Ich hoffe, dass dieser Vorschlag noch andere relevante Aspekte umfasst (z.B. den der Nachhaltigkeit der erbrachten Leistung). Hat der RBB weitere Punkte nicht genannt oder sind es tatsächlich nur Nullnummern? Hoffe ersteres ansonsten sind ja die Kettensägenhelden kreativer.

  3. 6.

    Das stimmt. Andererseits ist es wie bisher gehandhabt – es müssen immer mind. 3 Angebote zum Vergleich vorliegen, meist wird dann der billigste Preis genommen (auch wenn er Folgekosten aufwirft) – einfach eine Behinderung der wirtschaftlich tätigen Unternehmen.

    Die Vergabestelle befördert bisher wissentlich 2x vergebliche unbezahlte Arbeit der Unternehmen, die die 2 Vergleichsangebote ausarbeiten müssen.

    Das ist auch weder sozial, noch marktwirtschaftlich.

    Und: Kenne es selbst, "bitte noch warten, wir müssen erst die Ausschreibung veröffentlichen" – so geht es überall. Längst ist hintenrum alles klar, Teilnahme am Verfahren nur pro forma.

    Endlich wird es ansatzweise gemacht wie früher: Kleine Betriebe in der Nähe werden beauftragt. Dann kann man auch in der "Provinz" nachhaltige Wirtschaft haben.

  4. 5.

    Das übliche Problem in Deutschland… entweder wird jede Schraube nachgewiesen oder nichts.
    Ich finde der richtige Weg wäre soviel Bürokratie wie nötig aber so wenig wie möglich.
    Jeder macht es doch im privaten Bereich so, dass er nicht wegen 5€ anfängt Preise zu vergleichen aber bei einer neuen Heizung schaut man schon was bekomme ich für welches Geld.

  5. 4.

    Andererseits schließt die Grenze von 1000EUR viele Marktteilnehmer aus, die sich den Aufwand nicht antun. Viele kleine Handwerker scheuen den Aufwand sich am Vergabemarkt anzumelden, weil es viel einfacher ist Aufträge im privaten Markt zu bekommen.
    Mehrere Angebote einholen, kann dem jeweiligen Sachbearbeiter bzw. Vergabestelle ja trotzdem vorgegeben werden.

  6. 3.

    Nur mal so als Frage: wir haben ja eine Marktiwirtschaft aber ich kann nicht erkennen, wo bei dieser "Direktvergabe" die Gesetze des Marktes noch Einfluß haben. Diese Vorgehensweise bietet wunderbare Möglichkeiten für Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme, Bestechungen und dergleichen mehr und das wird dann durch den Steuerzahler finanziert. Überzeugend ist anders!

  7. 2.

    Im Prinzip finde ich das schon ok.
    Die Summe von € 100 000 ist dann aber nach meinem Empfinden eine 10er Potenz zu hoch. Für Hunderttausend machen manche Leute jeden Sch…. mit.
    Das sind wieviel Jahresgehälter eines Normalverdieners?

  8. 1.

    Das wird aber auch langsam Zeit!
    Ob die Vergaberegelung jedoch tatsächlich so schnell auf den Weg gebracht wird, bleibt abzuwarten.