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Seit Mitte der 1990er Jahre gibt es Pläne, die Akademie nach historischem Vorbild wieder aufzubauen. Doch es gibt Widerstand gegen einen originalgetreuen Wiederaufbau. Bis in den Berliner Koalitionsvertrag von CDU und SPD hat es die Bauakademie geschafft. Dort wird eine "Gestaltungsverordnung" angekündigt, sollte der Wettbewerb nicht die historische Fassade vorgeben.
Für Helmut Maier ist die Sache klar: Er ist für einen originalgetreuen Wiederaufbau der Bauakademie. Der Denkmalpfleger kennt sie seit 1959. Als Architekturstudent sollte er dokumentieren, welche wichtigen Bauten den Krieg überstanden hatten. Damals war das Dach der Bauakademie bereits saniert aber die Kriegsschäden noch sichtbar. Und dann: 1961 der Abriss. Helmut Maier fotografiert, wie Stein für Stein dieser Ikone abgetragen wird.
Helmut Maier, Architekt und Denkmalpfleger
"Es war natürlich ein schwerer Schock. Aber die Abrisswut war so allgemein, dass man sich gar nicht diesem speziellen Objekt besonders widmen konnte. Es war in Ost und West: Der Hass auf die Vergangenheit, auf die Nazivergangenheit und auf die Kaiserzeit."
Der Abriss als Akt des Neubeginns. So zerstört wie die Städte damals, so kaputt waren die Seelen der Verantwortlichen, sagt Helmut Maier. Den Abriss findet er unverzeihlich. Denn Schinkels Bauakademie repräsentiere bewusst nicht die Mächtigen, daran erinnert sein Fotoband. Er zeigt das Multifunktionsgebäude: unten Geschäfte, darüber die Bauschule, die Preußische Baubehörde sowie Schinkels Atelier-Wohnung. Funktional, bescheiden und schön: diesen Dreiklang wollte Schinkel mit der Bauakademie perfektionieren.
Helmut Maier, Architekt und Denkmalpfleger
"Es ist Stil-los, das war ihm das Wichtigste, weil alle historischen Stile sind verbunden mit Assoziationen zur Macht, die die Bauten ermöglicht haben. Alle Zeiten haben davon geschwärmt. Das Bauhaus ist nicht denkbar ohne die Schinkel´sche Bauakademie."
2016 entschied der Bundestag, das historische Gebäude wieder aufzubauen und das Stadtbild am Kupfergraben zu reparieren – so wie es eine Fassadensimulation angedeutet hat. 62 Millionen Euro stellt der Bund dafür zur Verfügung. Er soll das umsetzen: Guido Spars, Leiter der "Bundesstiftung Bauakademie" bereitet mit Experten gerade den Architekturwettbewerb vor. Doch statt des beschlossenen Wiederaufbaus denken sie an eine moderne, klimagerechte Variante.
Guido Spars, Leiter der Bundesstiftung Bauakademie
"Die Leute aus dem Expertengremium haben uns gesagt: Ihr müsst es schaffen, ein Gebäude zu errichten, dass das 1,5 Grad Ziel hält. Ihr müsst es schaffen, ein Gebäude zu errichten, das die Wiederverwertung von Baustoffen auch zeigt, das für das innovative Bauen heutzutage steht."
Den Mythos in die Zukunft denken, ein Hybrid aus Alt und Neu: das ist die Vision der Stiftung. Und alles im Rahmen des Budgets! Nicht verschwenderisch, sondern bescheiden – und innovativ, wie Schinkel selbst.
Guido Spars, Leiter der Bundesstiftung Bauakademie
"Ich bin mir fast sicher, dass Schinkel selber keine Kopie seines eigenen Gebäudes hätte sehen wollen. Die Leute müssen hier vorbeigehen und müssen die Qualität spüren können. Wir wollen hier kein Glas-Kubus, der irgendwie neutral oder an jedem Standort stehen kann, sondern es muss sich schon mit dem Vorgänger-Gebäude auseinandergesetzt werden."
Aber wieviel Schinkel bliebe dann übrig? Das Schloss-Fiasko, die Rekonstruktion eines Herrschersitzes, überschattet auch diesen Architekturstreit, obwohl der Geist der Bauakademie ein völlig anderer ist. Auf jeden Fall soll diese historische Fassade original rekonstruiert werden, notfalls per Gestaltungsverordnung - so steht es jetzt im Koalitionsvertrag des neuen Berliner Senats. Der Schinkel-Spezialist Hans-Dieter Nägelke will sogar einen Komplett-Wiederaufbau, obwohl er früher mal ganz anderer Meinung war.
Hans-Dieter Nägelke, Leiter des Architektur-Museums
"Ich habe gedacht: Ja, das darf nicht sein: Man darf nicht einfach die Geschichte wieder hinklittern, wenn sie weg war. Das sehe ich inzwischen wirklich anders - und ich habe mich dem lange angenähert."
Umgestimmt hat ihn die Qualität dieses Baus. 2001 wurde eine Original Ecke rekonstruiert. Alles wie damals: Feinste Ziegel aus Brandenburg, lokal! Seriell gefertigt die Fassade – ein Schritt in die Moderne. Und die Terrakotta-Bilder erzählen von Schinkels Wertschätzung für die: Bauhandwerker.
Hans-Dieter Nägelke, Leiter des Architektur-Museums, TU Berlin
"Sie sehen starke Männer, die damit beschäftigt sind, einen großen, schweren Block vorbeizuziehen, und wie so etwas wie ein Spitzbogen aufgeschichtet wird über einem Lehrgerüst. Das ist keine Verherrlichung von von Kirche, Gott oder einem Fürsten, sondern das sind sozusagen Menschen wie du und ich, wie sie sich eben im Bauen abplagen und etwas schaffen."
Und so plagen sich die Verantwortlichen nun bei der Suche nach einer guten Lösung für die künftige Bauakademie. Der Architekturwettbewerb verzögert sich erstmal. Es kann also weiter diskutiert werden – denn es geht um mehr als nur um eine Hülle.
Hans-Dieter Nägelke, Leiter des Architektur-Museums, TU Berlin
"Natürlich geht es auch ein Stück weit um Nostalgie. Das wird ja immer so mit leichter Hand weggefegt und ich tue das auch gerne. Für mich ist Nostalgie auch so ein ganz ambivalent besetzter Begriff. Aber das, was dahintersteht: der Heim-Schmerz, also die Suche von uns allen, sozusagen nach dem Ort, zu dem wir gehören, und dazu gehört eben die Geschichte. Das spielt auch eine Rolle."
Autorin: Petra Dorrmann