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Stuttgart 1960 – als der Choreograph John Cranko mit dem Flugzeug landet, ahnt er nicht, dass dieser Moment sein Leben verändern wird. Er soll am Stuttgarter Ballett als Gast choreographieren. In London, wo er aufgrund seiner Homosexualität zahlreiche Demütigungen bis hin zu einem Arbeitsverbot ertragen musste, hält ihn nichts mehr. Der rasante und steile Aufstieg bis zur Weltspitze, das "Stuttgarter Ballettwunder", machen John Cranko zu einem Superstar seiner Zeit. Der Film von Joachim R. Lang ist aber nicht nur ein klassisches Biopic. Er erzählt auch in wunderbaren Bildern von der Faszination tanzender Körper.
So sah das aus, als vor über 50 Jahren die Ballettwelt von Stuttgart aus aus den Angeln gehoben wurde. Durch einen Mann: John Cranko.
Jason Reilly, Tänzer
"I think he was a genius…"
Elisa Badenes, Tänzerin
"A genius!"
Friedemann Vogel, Tänzer
"John Cranko ist ein Genie. Punkt!"
Ein Mann, der schnell gelebt und hart geliebt hat, und der - ganz wie ein Rockstar - früh gestorben ist. Für einen Schauspieler ein Traum! Sam Riley ist John Cranko, die Ballettlegende.
Sam Riley, Schauspieler
"Aber am Ende, man spielt ein Mensch, der vielleicht ein Genie war. Aber die haben alle die gleichen Gefühle wie wir…"
"Ok, stopp, stopp! Wir müssen ganz von vorne anfangen."
"Ganz vorne", das ist 1961: Cranko kommt nach Stuttgart. Das künstlerische Vakuum der schwäbischen Provinz füllt er in kurzer Zeit. In der unscheinbaren Marcia Haydee erkennt er eine der größten Tänzerinnen des Jahrhunderts. Seine Truppe wird für das tödlich einsame Genie Ersatzfamilie - zu der auch Birgit Keil gehörte.
Birgit Keil, Ballettlegende
"Ich glaube, diese Rolle zu besetzen, das war das Allerschwerste. Und das ist fast… ja… man hat manchmal fast das Gefühl, ihn leibhaftig zu sehen."
"Meine Kinder, ich möchte Euch etwas sagen: Ich bleibe bei Euch. Ich hab‘ verlängert! Ja, ohne Euch kann ich nicht! Meine Marcia, Birgit, meine Baby-Ballerina, Ricky, Ray, Egon. Eddy wird für mich die Stellung halten, in München. Dann gibt’s nicht so viel Krach mit Dieter… Und ich hab noch eine Neuigkeit: Wir, die kleine Provinztruppe, the leftovers, wir sind in die Met eingeladen!"
Sam Riley, Schauspieler
"Ich hab‘ viel gelernt, von die Tänzer und Tänzerinnen. Was das ist, für eine Arbeit, am allerhöchsten Punkt. Es hat mich wirklich erstaunt! Ich liebe jetzt Ballett, und was es macht, und wie man fühlt, wenn man es sieht."
Um die damaligen Stars wie Marcia Haydee, Heinz Clauss oder Birgit Keil zu spielen, muss man auf der Bühne tanzen können. Also sind die Rollen mit den heutigen Mitgliedern des Staatsballetts Stuttgart besetzt.
Joachim A. Lang
"Es ist ein großes Risiko, und viele Kollegen haben mich gewarnt, dass ich die Tänzer auch zu Schauspielern mache. Aber es sind in Wirklichkeit Gesamtkünstler. Es geht bei Cranko ja nicht nur um Bewegung, um Schritte, sondern es geht auch um Schauspiel. Manchmal wird das in den sogenannten Ballettfilmen so gemacht, dass man Schauspieler nimmt, die auch tanzen lernen. Aber die können nie diese Größe erreichen. Deswegen war mir klar, dass es Tänzerinnen und Tänzer sein müssen."
"Die wollen mich fertig machen"
- "Aber das Publikum hat getobt! Wie sagst Du immer? Ein Kritiker ist wie ein Eunuch: Er weiß wie’s geht, er kanns nur nicht! John! Kannst Du nicht ein Bisschen lächeln?"
Elisa Badenes, Tänzerin
"Ich kenne Marcia schon seit vielen Jahren. Sie hat mir geraten, ich solle ich selber sein. Das war für mich sehr wichtig! Wenn man versucht, jemand anders zu sein und die Person ist einem nah, dann ist das ziemlich einschüchternd. Besonders wenn es um Marcia geht. Sie ist so eine Ikone in der Ballettwelt!"
Dieser Film taucht tief ein in die Welt des Balletts. Mit John Cranko als tragischer - und kettenrauchender – Held, zerrissen zwischen Ehrgeiz und Selbstzweifeln. Ein schwelgerischer Tanzfilm über ein fast vergessenes Genie.
"Dankeschön."
John Cranko
"Danke!"
Autor: Niko Vialkowitsch