-
"Element of Crime", die Band um Sven Regener, ist einst entstanden aus dem Lebensgefühl der West-Berliner Subkultur. Nun hat ausgerechnet Charly Hübner, der Schauspieler, Regisseur und Hardrock-Fan aus Mecklenburg-Vorpommern diesem Lebensgefühl nachgespürt. Mit der Kamera hat er eine Tournee durch fünf Berliner Nächte begleitet. Und er erkundet dabei auch die fast 40 Jahre Bandgeschichte. Der Film "Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin" erzählt von einer ganz besonderen deutschen Band, die mit ihrer Mischung aus Jazz, Blues und Folk bis heute ein Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Rock- und Popmusik hat.
Seine Filmfiguren könnten auch die Songhelden von Element of Crime sein. Akteure auf verlorenem Posten, Draufgänger der Melancholie, Charly Hübner - Schauspieler, Regisseur, Heavy Metal-Fan. Nun hat er einen Film über Element of Crime gemacht. Über eine Band, deren Musik das Gegenteil von Heavy Metal ist. Aber bereits damals in Mecklenburg, er war gerade 17, platzte eben dieses Quartett in die Hörgewohnheiten seiner Jugendclique.
Charly Hübner, Regisseur und Schauspieler
"Wir schenkten uns immer diese Audiokassetten, überspielt aus dem Westen oder von der Oma mitgebracht. Und der eine brachte eine Kassette mit, da waren vier Typen drauf, die erinnerten mich an "Es war einmal in Amerika" und da stand drüber: Element of Crime, The Ballade of Jimmy and Johnny. Dann legte ich die ein, auf dem Walkman und dann kam dieses Pfeifen. So ging das los. Und so blieb es tatsächlich bis heute."
"Element of Crime" haben Charly Hübner gefragt, ob er einen Film über die Band machen würde. Und er hat, was er sonst nie macht, wenn er gefragt wird, sofort zugesagt. Die Antwort ist der Film. Eine Mini-Tournee durch fünf Berliner Nächte und Konzertorte.
Sven Regener, Musiker und Autor
"Ja, so sah das in 80er Jahren aus, das war stark, da spielten wir immer in solchen Klubs. Die waren aber immer nur halbvoll. Das war leichter."
Westberlin in den 80ern. Sven Regener an der Trompete und Gitarrist Jakob Ilja begegnen sich in der Band "Neue Liebe". Sie spielen Postpunk - schräg und wild.
Sven Regener, Musiker und Autor
"Und WOM, alle Leute rauf, immer gib ihm, immer Prügel, das ist Klasse!"
Charly Hübner, Regisseur und Schauspieler
"Sie haben sich in diesem seltsamen welthistorisch ja einzigartigen Moment, dieser Westberliner Frontstadt kennengelernt, wo ja auf der kreativen Ebene irre viel los war. Und haben aus diesen Erfahrungen heraus sich gesucht und da gefunden."
Sven Regener will nicht mehr schräge Songs spielen, sondern schöne Lieder schreiben. So entsteht "Element of Crime". Zwischen Jazz, Blues und Folk findet die Band ihren unverwechselbaren Stil. Noch ist Englisch die Sprache über verlorene Lieben.
Sven Regener, Musiker und Autor
"Aber dann eben diese komische Grundkälte da so durchziehen, das macht es so besonders."
Richard Pappik
"Auf die konnten wir uns alle einigen. So unterschiedlich auch der jeweilige Musikgeschmack war."
Charly Hübner, Regisseur und Schauspieler
"Das Irre an Berlin ist, wenn man dann durch so eine Brille von "Element of Crime" auf die Stadt guckt, ist ja wirklich, was dann passierte, da war die Neue Deutsche Welle, dann kam die, dann gab es die kalte Avantgarde in der 2. Hälfte der 80er. Dann fiel die Mauer."
"Von draußen kommt ein Zwitschern."
Und Regener singt jetzt deutsch.
"Kleiner Vogel flieg, Blaulicht und Zwielicht. Und ein kleines Bisschen Krieg. Ja, ja. Ja, ja. Ich liebe dich."
Für Charly Hübner, der gerade von Mecklenburg nach Berlin gezogen ist, werden die Alben zum Soundtrack seines Schauspielstudiums und dieser Stadt.
Charly Hübner, Regisseur und Schauspieler
"Nachdem hier Jahrzehnte diese schwarzweiß kalte Stadt war, war Berlin auf einmal so warm und weich. Was "Element of Crime" spätestens in "Psycho" auch verarbeitet haben mit "Jung und Schön"."
"Das Licht der Gaslaternen lässt uns schwindeln. Und warm sind die Nächte in Berlin. Wir taumeln durch die Straßen, so als wärn wir jung und schön."
Der Film über die Geschichte der Band ist zugleich eine Zeitreise durch Berlin. Aus Brachen werden Hochhäuser, aus Träumen wird Großstadtverkehr. Die Songs von "Element of Crime" kommen aus dieser Stadt, entstehen aus diesem Leben.
Jakob Ilja
"In Svens Texten höre ich auch eine Gesellschaft. Wie agiert eine Gesellschaft, wie sind die Leute unterwegs."
"Wir tauchen unter, wir tauchen auf. Aus unseren Mündern kommen Schall und Rauch. Wir haben keine Lösung, wir haben Lieder."
Charly Hübner, Regisseur und Schauspieler
"Die sitzen nicht die ganze Zeit in irgendwelchen Bussen, organisieren noch irgendwelche Aufmärsche oder schreiben Pamphlete oder machen jedes Wochenende ein Grillfest auf einem ihrer Höfe, sondern die treffen sich und machen Musik in einer total introvertierten, lässigen Weise."
Sie haben keine Botschaften. Sie haben Bilder, Lieder aus der Schule des Lebens.
Charly Hübner, Regisseur und Schauspieler
"Und das hat ganz viel mit Freiheit zu tun. In Zeiten, wo ein Kalter Krieg endet, wo ein erster Iran-Krieg ist, wo eine Rave-Revolution ist, wo ein zweiter Irak-Krieg ist, wo der 11.9. in New York stattfindet, wo mittlerweile ein Ukraine-Krieg ist, ne Weltwirtschaftskrise zwischendrin war, ne Flüchtlingskriese anhaltend ist, dass da drei Männer sagen: wir schenken Entspannung. Seelenheil."
"Try to be Mensch" heißt eines ihrer frühen Alben. Darum geht es noch immer. Und darum geht es in diesem Film. Unaufgeregt, heiter, entzückt und betrübt. Die Musik spielt das Leben und das Leben die Musik.
"Wo der Weg zu Ende ist, liegt ein Engel auf der Lauer, da wo einst die Mauer."
Charly Hübner, Regisseur und Schauspieler
"Also wenn es dunkel und kalt wird in Berlin, höre eine "Element of Crime"-Platte und dir wird warm und farbig."
"Im Himmel wie auf Erden, kann keiner in die Zukunft sehen. Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin."
Autor: Lutz Pehnert