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In der berühmten 90er Jahre TV-Serie von Filmemacher Lars von Trier geht es um ein marodes Krankenhaus. Darin kämpfen Ärzte gegen Krankheit und Tod. Aber es geht auch um vieles mehr: esoterische Behandlungsmethoden, die Vertuschung ärztlicher Kunstfehler, eine auf Sparkurs getrimmte Krankenhausverwaltung. Dazu spuken Gespenster im Gebäude und Monster werden geboren. Viele von Lars von Triers Werken wurden für das Theater adaptiert, das "Hospital der Geister" findet nun seinen Weg auf die Bühne des Deutschen Theaters: als personenreiches Spektakel, mit Wolfram Koch, Ulrich Matthes und Jonas Sippel, einem Schauspieler mit handicap, den wir bei seiner Arbeit mit den prominenten Kollegen begleiten.
Seltsam ist noch untertrieben. Hier finden die Toten keine Ruhe; Ärzte verschlingen Anästhesie-Berichte, um ihre Fehler zu vertuschen; Monster werden geboren.
Probe am Deutschen Theater für die Bühnenfassung von "Hospital der Geister": eine Kult-Serie der 90er Jahre, geschrieben von Star-Regisseur Lars von Trier fürs dänische Fernsehen. Eine einzigartige Mischung aus Krankenhaus-Soap und Geisterbeschwörung.
Seine Antwort auf "Twin Peaks" von David Lynch. Zwei Figuren mit Down-Syndrom inszeniert Lars von Trier wie einen allwissenden Chor in einem antiken Drama.
"Die Bösen werden lachen, die Guten werden weinen - so heißt es."
Auch bei der Theater-Fassung der Serie wirken Menschen mit Handicap mit: Einer von ihnen ist Jonas Sippel. Der 30-Jährige gehört fest zum Ensemble des inklusiven Ramba-Zamba-Theaters in Berlin.
Jonas Sippel, Schauspieler
"Ich liebe Schauspiel, weil Schauspiel ist ein sehr seltener Beruf, was man nicht so leicht kriegt."
"Asche zu Asche, Staub zu Staub."
- "Jonas, warst Du schon mal auf einer Beerdigung? Wie war das von der Atmosphäre?"
"Asche zu Asche, Staub zu Staub."
Mit Feingefühl setzt Jonas Sippel das Feedback des Regisseurs um. Er spielt am liebsten in einem Ensemble, in dem Menschen mit und ohne Behinderung zusammenarbeiten.
Jonas Sippel, Schauspieler
"Hin und wieder kommen auch mal Menschen mit Handicaps hierher ans Deutsche Theater, um mit den anderen Leuten, die ohne Beeinträchtigung, zu spielen. Das ist so ein großer Maßstab: Ulrich Matthes zum Beispiel."
Und er schwärmt von seinen prominenten Kollegen in den Hauptrollen: Ulrich Matthes und Wolfram Koch spielen den Chef- und den Oberarzt der Station. Für beide ist es eine neue Erfahrung, mit einem inklusiven Ensemble zu proben.
Ulrich Matthes, Schauspieler
"Ich habe das noch nie gemacht mit Menschen, die beeinträchtigt sind. Es ist eine andere Art, des - wie soll ich sagen? - des behutsam miteinander Seins, des Agierens und Reagierens, der Vorsicht, der Sensibilität, auch des gemeinsamen Humors."
Wolfram Koch, Schauspieler
"Jonas ist total neugierig und liebt Theater. Er würde am liebsten am Rambazamba engagiert sein und hier engagiert sein. Er hat immer davon geträumt, auf der großen Bühne zu spielen. Also der liebt diesen Beruf des Schauspielers."
Jonas Sippel ist ein gefragter Schauspieler. Schon mehrfach war er am Deutschen Theater als Gast-Schauspieler engagiert - zum Beispiel für den "Steppenwolf" nach Hermann Hesse.
Am Ramba-Zamba-Theater haben alle, die auf der Bühne stehen, ein Handicap. Dort ist er schon seit 12 Jahren ein Star und spielt immer wieder Hauptrollen: hier in "Einer flog über das Kuckucksnest".
Jonas Sippel, Schauspieler
"Man ist, wenn man eine Rolle spielt, so was wie ein Herrscher."
Auch vor der Kamera ist Jonas Sippel gefragt. Er hat in Serien wie "Um Himmels Willen" mitgespielt.
"Hier ist Christian Müller. Ich möchte den Bürgermeister sprechen."
- "Der ist schon nach Hause gegangen."
"Es ist dringend. Es geht um Leben und Tod."
Das Fernsehen besetzt Jonas Sippel immer als Person mit Behinderung. Seine Theaterrollen geben ihm mehr Freiraum. Im "Hospital der Geister" spielt er nicht den Patienten, über den andere entscheiden. Hier ist Jonas Sippel selbst der Entscheider.
Eine seiner fünf Rollen: der mächtige Chef einer Freimaurer-Loge.
Jonas Sippel
"Ich schwöre meinen Brüdern, den Söhnen des Reichs, ewige Treue."
Wolfram Koch
"Ich schwöre meinen Brüdern, den Söhnen des Reichs, ewige Treue."
Jonas Sippel, Schauspieler
"Mal so spielen, als wäre ich ein Freimaurer für eine Szene - und das finde ich echt toll."
Auch mit dieser Besetzung stellt das "Hospital der Geister" die Frage: Wer ist eigentlich krank und wer gesund? Wo beginnt Normalität, wo hört sie auf?
"Ist ja kein Wunder, dass die kleine Mona nicht mehr ganz richtig im Kopf ist."
- "Sie sind doch nicht mehr ganz richtig im Kopf!"
Dank der skurrilen Mischung aus Horror und Humor, Puppenspiel und Live-Videos verspricht dieser 5-Stunden-Theater-Marathon eines nicht zu werden: langweilig.
Autorin: Anne Kohlick