Interview | Symptome bekämpfen - Mit den richtigen Maßnahmen gegen Milben
Hausstaub-Allergie - das heißt häufiges Jucken der Augen, Niesreiz, Schnupfen, Nasenblockade, Halsschmerzen und asthmatische Beschwerden. Die Symptome treten meist nachts auf, denn hier ist man der höchsten Allergenbelastung ausgesetzt. Doch was lässt sich tun gegen die lästigen Symptome? rbb online sprach mit Dr. med. Nina Harbisch, Fachärztin für Pneumologie, Innere Medizin und Allergologie.
Frau Dr. Harbisch, der Begriff der Hausstaub-Allergie ist eigentlich etwas verwirrend, oder?
In der Tat: Nicht der Hausstaub ist für die Allergie ursächlich, sondern die Hausstaubmilbe, und hiervon nur die Ausscheidungsprodukte, also der Kot, auf den wir allergisch reagieren können.
Die Hausstaubmilben gehören zu den Spinnentieren, haben acht Beine und sind mit 0,2 bis 0,4 Milimeter Größe kaum sichtbar. Überall dort wo Menschen leben, kommen sie als sogenannte "Mitbewohner" vor, denn sie ernähren sich von menschlichen und tierischen Hautschuppen, aber auch von anderen Bestandteilen des Hausstaubes (z.B. Schimmelsporen und Pollen). In unseren Breiten überwiegen zwei Arten: Dermatophagoides pteronissinus (europäische Hausstaubmilbe) und Dermatophagoides farinae (Amerikanische Hausstaubmilbe). Der Name stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt "Hautesser" (derma = Haut, phagein = essen). Kreuzreaktionen zu Nahrungsmitteln wie Krusten und Schalentieren können bei Milbenallergikern auftreten und u.a. schwere allergische Symptome wie Asthmaanfälle oder einen allergischen Schock auslösen.
Welche Bedingungen "mögen" die Milben besonders?
Hausstaubmilben sind lichtscheu, bevorzugen Temperaturen von 25 bis 30 Grad Celsius sowie eine relative Luftfeuchtigkeit von 70 bis 80 Prozent. Diese Bedingungen finden sich besonders gut in Betten und Schlafzimmern. Bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit frisst die Milbe das zehnfache verglichen mit 65-prozentiger Luftfeuchtigkeit. Die Milbenpopulationen sind also den klimatischen Luftdruckschwankungen stark unterworfen. Die Milbenbelastung in den Räumen soll im Herbst am höchsten sein, da hier eine hohe Luftfeuchtigkeit herrscht und die Heizperiode schon begonnen hat. Begünstigend sind auch Mehrpersonenhaushalte, Haustierhaltung sowie eine zusätzlich Belastung der Innenräume durch Schimmelpilze. Relativ milbenfrei sind nur Wüstenregionen, ewiges Eis und Orte über 1.500 Meter.
Ist es auch möglich, erst im höheren Alter allergisch auf Milbenkot zu reagieren?
Prinzipiell ja. Eine Allergie kann sich auch im höheren Lebensalter entwickeln. Meist bestand zuvor eine langjährige Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben. Durch den ständigen Allergenkontakt können sich allergische Symptome wie allergischer Schnupfen, eine Bindehautentzündung (Konjunktivitis) und Asthma bronchiale manifestieren. Erst dann spricht man von einer Allergie. Manchmal werden die Symptome bei geringer Ausprägung nicht wahrgenommen und auch nicht erkannt.
Was ist von Milbentests zu halten, die im Internet oder den Apotheken angeboten werde?
Diese Tests können zur Orientierung dienen. Zur sicheren Diagnosestellung mit entsprechender therapeutischer Konsequenz gehört eine ausführliche Anamnese, ein standartisierter Pricktest und ggf. eine weitere Labordiagnostik.
Welche Antimilben-Maßnahmen kann ich mit geringem Aufwand umsetzen?
Sie können die Schlafzimmertemperatur auf 16 bis 18 Grad Celsius und die Luftfeuchtigkeit auf 45 bis 55 Prozent absenken; Bettdecken, Kopfkissen und Bettbezüge ein Mal in der Woche bei 60 Grad reinigen; Betten und Schlafzimmer gut lüften. Staubfänger (z.B. Langhaarteppiche, Felle) vermeiden. Kuscheltiere und Kopfkissen regelmäßig für ein bis zwei Tage in das Gefrierfach legen und danach Waschen. Erst dann werden die Allergene entfernt. Regelmäßig Staubsaugen und feucht Staubwischen hilft ebenso. Auch von einem Bettkasten unter dem Bett würde ich abraten.
Bei deutlichen Symptomen ist eine Verordnung sogenannter Encasing-Bezüge sinnvoll. Das sind milbendichte Überzüge für Matratze, Kopfkissen und Bettdecken. Diese werden unter die normale Bettwäsche aufgezogen. Diese Bezüge haben so feine Poren, dass die Milben nicht mehr herauskommen und sozusagen gefangen sind. Damit wird die Milbenzahl reduziert.
Das Abtöten der Milben durch Chemikalien kann zu einer kurzfristigen Senkung der Milbenpopulation führen. Zu beachten ist aber, dass die Allergenpartikel anschließend durch entsprechende Reinigung entfernt werden.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dr. Harbisch!
Das Interview führte Pia Kollonitsch.