Grafik von Cholesterin im Blutgefäß (Bild: imago/Science Photo Library)
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Gute Fette, böse Fette - Cholesterin: Je niedriger, desto besser?

Cholesterin - wir brauchen es für die Zellen, andererseits erhöht es das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Manche Ärzte verschreiben darum cholesterinsenkende Statine. Doch viele Patienten haben Angst vor Nebenwirkungen oder zweifeln daran die Medikamente wirklich zu brauchen. Gibt es das "gute" und "böse" Cholesterin noch? Und was können die Medikamente? rbb Praxis klärt auf.

Cholesterin ist per se nichts Schlechtes. Es ist sogar lebensnotwendig, etwa um Zellmembranen im Körper stabil zu halten. Außerdem dient es als Ausgangsstoff für die Produktion von Gallensäuren und wichtigen Steroidhormonen wie Testosteron und Kortisol. Den Großteil des Cholesterins stellt der Körper selbst her – und er hat ausgeklügelte Sensoren, die registrieren, wann genug Cholesterin produziert ist.

In westlichen Industrienationen wie Deutschland haben viele Menschen trotzdem einen zu hohen Cholesterinspiegel. "Das liegt vor allem daran, dass sie über die Nahrung zu viele gesättigte Fettsäuren zu sich nehmen, denn diese erhöhen den Cholesterinwert im Blut", sagt Professor Andreas Pfeiffer, Leiter der Abteilung Klinische Ernährung am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke und Direktor der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin am Campus Benjamin Franklin der Charité.

"Gutes" Cholesterin hat auch Schattenseiten

Die gesättigten Fette erhöhen sowohl den LDL- als auch den HDL-Wert. Vielen dürften diese beiden Moleküle als "schlechtes" und "gutes" Cholesterin bekannt sein. Das aber sehen Wissenschaftler mittlerweile differenzierter – zumindest was das "gute" HDL betrifft. HDL ist, genau wie LDL, ein sogenanntes Lipoprotein. Das sind Verbindungen aus Eiweiß und Fett, die das Cholesterin durch den Blutkreislauf transportieren.
 
Lange dachte man, dass ein hoher HDL-Wert vor Herzinfarkten und Schlaganfällen schützen könne. Das aber wird durch Studien immer mehr angezweifelt. "Der HDL-Wert ist stark genetisch bestimmt und es scheint nicht so zu sein, dass ein hohes HDL schützend wirkt", sagt Pfeiffer. Neben Cholesterin binde HDL auch viele Fette, deren Funktionen Forscher noch nicht vollständig verstehen.

Zu viel LDL im Blut bleibt riskant

Anders ist die Situation beim LDL-Cholesterin: Befindet sich zu viel davon im Blut, kann sich das Cholesterin in die Gefäßinnenwände einlagern. Besonders leicht ist das, wenn sie bereits vorgeschädigt sind, etwa durch Bluthochdruck oder Rauchen. Durch Zusammenlagerung von immer mehr Cholesterin entstehen Plaques an den Gefäßwänden, daran sind auch andere Zellen - wie Entzündungszellen - beteiligt. Dieser "Kalk" engt die Blutgefäße ein und kann zum Beispiel zu Angina pectoris führen, also Brustenge. Reißen die Plaques ein, binden sich innerhalb von Sekunden Blutplättchen und können das Gefäß vollständig verstopfen. Die Folge kann ein Herzinfarkt oder Schlaganfall sein.

Der schlechte Ruf des LDL hat sich in vielen Studien erhärtet. "Es ist glasklar gezeigt, dass hohes LDL ein Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall ist", sagt Pfeiffer. Dafür spreche auch, dass Menschen, die genetisch bedingt wenig LDL im Blut haben, deutlich seltener Herzinfarkte bekommen.
 
Ein durchschnittlicher Europäer, sagt der Mediziner, habe einen LDL-Wert von etwa 120 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) im Blut. In pharmakologischen Studien senkte eine Verminderung der LDL-Konzentration von etwa 40 mg/dl die Herzinfarktrate über fünf Jahre um 20 Prozent.

Wann muss der LDL-Wert gesenkt werden?

Eine Medikamentengruppe senkt das das LDL-Cholesterin besonders wirkungsvoll: Statine. Ob der eigene LDL-Cholesterinwert durch diese Medikamente gesenkt werden sollte, hängt vom individuellen Risiko ab. Prinzipiell gilt: Je mehr Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Krankheit vorhanden sind, desto niedriger sollte der LDL-Wert sein. Zu den Risikofaktoren gehören Arteriosklerose, Bluthochdruck, Rauchen sowie Herzinfarkt oder Schlaganfall in der Familie.

Hilfe gegen verkalkte Gefäße

Wer ein hohes oder sehr hohes Risiko hat, der benötigt laut aktueller Leitlinie auf jeden Fall ein Statin. Die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Ereignisses kann damit deutlich gesenkt werden. Aber auch wer noch keinen Infarkt hatte, kann Statine verschrieben bekommen, nämlich dann, wenn der Arzt das Risiko als erhöht einstuft: "Wer zu hohes Cholesterin und schon eine Arteriosklerose hat, der profitiert laut Studien von einer Cholesterinsenkung mit Statinen", sagt Prof. Andreas Pfeiffer.
 
Das liegt daran, dass die Statine neben der Cholesterinsenkung auch bereits gebildete Plaques in den Gefäßen stabilisieren und daran hindern, aufzureißen. Pfeiffer führe deshalb bei seinen Patienten regelmäßig einen Ultraschall der Halsarterien durch. Dort könne man sehen, ob jemand schon Arteriosklerose – also "verkalkte" Gefäße – habe. Falls dem so ist, empfiehlt Pfeiffer, weiter abzuklären, ob auch die Herzkranzgefäße schon betroffen sind und somit ein Herzinfarkt drohen könnte. Je nach individuellem Risiko verschreibt er auch Statine. "Viele aber nehmen das Medikament nicht oder nicht regelmäßig", so Pfeiffer. Ein Grund sei die Angst vor Nebenwirkungen.

Hintergrund

Statine und braunes Fettgewebe

In einer Studie haben Schweizer Forscher einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Statinen und dem Rückgang von sogenanntem braunem Fettgewebe hergestellt. Dieses braune Fettgewebe ist in der Lage, durch Oxidation von Fettsäuren Wärme zu produzieren. Tieren hilft es dabei, während des Winterschlafs ihre Fettreserven in Wärme umzuwandeln, damit sie nicht erfrieren. Beim Menschen ist es vor allem im Säuglingsalter vorhanden. Sein "Gegenspieler" ist sozusagen das weiße Fettgewebe.Während hier Energie gespeichert wird, was auch zu den Fettpolstern am Körper führt, wird in braunem Fettgewebe Energie verbrannt und sozusagen in Wärme gewandelt.

Nur in gewissem Umfang kann sich auch später noch weißes "Depotfett" in braunes Fett umwandeln. Offenbar nutzt der Körper dafür einen Stoffwechselweg, der auch für die Wirkung von Statinen wichtig ist. Statine könnten demnach die Umwandlung von weißem in braunes Fett verhindern. Außerdem fanden die Forscher Hinweise darauf, dass Statine auch die Aktivität des braunen Fetts senken. Diese negativen Effekte der Medikamente müssen aber in weiteren Studien erst bestätigt werden.
Außerdem, so Studienleiter Christian Wolfrum, müsse "man auch in die Waagschale werfen, dass Statine unheimlich wichtig sind zur Prophylaxe von Herzkreislauferkrankungen. Diese Medikamente retten weltweit vielen Millionen Menschen das Leben und werden aus guten Gründen verschrieben".

Nebenwirkungen von Statinen

Unter Statinen kann es zu Kopf- und Bauchschmerzen kommen. Die wichtigste Nebenwirkung allerdings ist die Statin-Myopathie: Muskelschmerzen, Muskelschwäche und einer Erhöhung von Muskelenzymen im Blut. Dann muss unter Umständen die Behandlung pausiert werden, bis sich die Werte normalisiert haben. Zu der gefürchteten schweren Verlaufsform, der Rhabdomyolyse, komme es aber höchst selten, sagt Pfeiffer. Und auch ein erhöhtes Diabetes-Risiko unter Statintherapie gebe es zwar, aber auch das sei in Studien sehr gering.

Cholesterin senken ohne Medikamente

Auch durch den Lebensstil kann man den eigenen Cholesterinwert senken, wenn auch nur zu etwa 15 Prozent, wie Pfeiffer sagt. Die allerdings können entscheidend sein, gerade wenn man noch keine Arteriosklerose ausgebildet hat.
Übergewicht, Rauchen und zu wenig Bewegung sind neben einer ungesunden Ernährung die Schrauben, an denen man drehen kann. So sollte man gesättigte Fettsäuren durch mehrfach ungesättigte ersetzen, wie sie etwa in Rapsöl, Leinöl und Olivenöl vorkommen, aber auch in Nüssen.
 
Ballaststoffe binden das Cholesterin und verhindern, dass es ins Blut übergehen kann. Öfter einmal zu Hülsenfrüchten zu greifen sowie möglichst viel rohes Gemüse zu essen, kann also helfen, den Cholesterinspiegel zu senken. Bei stark erhöhtem LDL-Wert und Risikofaktoren reicht das jedoch in vielen Fällen nicht aus, sodass man zusätzlich Medikamente benötigt.

Beitrag von Florian Schumann

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