Demonstration im Frühsommer 1990 | rbb/Andreas Rost
Demonstration im Frühsommer 1990 | Bild: rbb/Andreas Rost

- Letzter Sommer DDR - Das Jahr, in dem die Einheit kam

Film von Dagmar Wittmers

Der letzte Sommer in einem untergehenden Land – das ist ein Freiraum, den es so nie wieder gab. Im März 1990 ist das Ende der DDR besiegelt: Bei den ersten demokratischen Volkskammerwahlen triumphiert die „Allianz für Deutschland“ mit Bundeskanzler Helmut Kohl als Mentor im Rücken – und mit dem Versprechen von D-Mark und schneller Einheit.

In den folgenden Monaten überschlagen sich die Ereignisse. Das ist nicht mehr das Land von gestern, aber auch noch nicht das von morgen. Ein Sommer im Übergang: Trabbis, für die man noch vor Monaten zehntausend DDR-Mark hingeblättert hat, stehen verlassen am Straßenrand. Im ehemaligen Familienlokal gibt es neuerdings Striptease-Shows. Ein Urlaub am Mittelmeer ist plötzlich möglich. Das Geld, mit dem man jahrzehntelang seine Brötchen bezahlte, wird es morgen nicht mehr geben. Die DDR zerbröckelt in Absurdität und Anarchie.

Mit einem alten DDR-Feuerwehrwagen kapert der Fotograf Andreas Rost zusammen mit Freunden die größte Ruine in Ost-Berlin. Sie wollen das Kunsthaus „Tacheles“ gründen: „Unser Spruch war: 'Die Ideale sind ruiniert, rettet die Ruine!'“ Ein Volkspolizist sieht zu und versichert: „Ich hab nischt gesehen.“ Andreas Rost fotografiert in diesem Frühjahr in der ganzen DDR, um selbst zu verstehen - und wird ein Chronist der Umbruchszeit.

Die junge Designerin Ira Hausmann besetzt mit zwei Freundinnen eine Wohnung - und gründet ein Modelabel. Sie erwartet im Sommer 1990 ihr erstes Kind. In welchem Land wird es groß werden?

Graue Häuserwände werden begehrte Werbeflächen für knallbunte Plakate, doch Tausende werden noch in diesem Sommer arbeitslos. „Diese Unsicherheit, was passiert jetzt? Werde ich gehen müssen oder wird es die Kollegin sein? Und wenn sie es ist: Darf ich froh sein, dass ich es nicht bin?“: Carla Kniestedt ist als Pressesprecherin des Ost-Berliner Centrum-Warenhauses am Alexanderplatz dabei, als neue West-Waren in die Regale geräumt werden und die Käufer Schlange stehen.

„Als die D-Mark kam, war Geld nicht nur wichtig. Es war plötzlich das Wichtigste.“ - Mit dem neuen Geld erfüllt sich Thomas Brussig einen ganz großen Traum: Er fliegt nach New York und fährt mit einem Mietwagen durch das Land, das eben noch Lichtjahre entfernt war. Seine erste Westreise: „Jeder Mensch muss einmal so einen Urlaub gemacht haben, an den er sich irgendwie immer erinnert.“

Der Film erzählt von einer Zwischenzeit, in der das Alte nicht mehr galt und das Neue noch nicht da war: Voller Hoffnung und trotzigem Gründermut, ersten Enttäuschungen und ungekannter Euphorie. Von Menschen im Ausnahmezustand!

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