Nationalpark Unteres Odertal - Was Wolfsangriffe auf Schafe mit der Pflege von Deichen an der Oder zu tun haben

Fr 05.04.24 | 16:51 Uhr | Von Riccardo Wittig
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Schafe für die Deichpflege. Bild: rbb
Audio: rbb24 Brandenburg aktuell | 05.04.2024 | Riccardo Wittig | Bild: rbb

Im Nationalpark Unteres Odertal spielen Schafe eine wichtige Rolle im ökologischen Gleichgewicht. Weil Wolfe immer wieder Schafe töten, ist die Pflege der Deiche in Gefahr. Eine Schäferin versucht sich zu wehren.

"Bääääh, bääääh", blöken die weißen und schwarzen Schafe auf der grünen Fläche. Gunda Jung bringt die ersten Schafe ihrer Herde wieder auf die Deiche des Nationalparks im Unteren Odertal. Für die Schäferin ist der Tag der Rückkehr kein einfacher: Im Winter verlor sie nach Wolfsattacken viele Schafe.

"Wir hatten von Oktober bis November sechs Übergriffe und jetzt im Februar nochmal zwei." Immer wieder würden dieselben Wölfe über den Schutzzaun springen, so Jung. "Sie sind immer noch da und werden ihr Verhalten nicht ablegen."

Die Verluste seien für die Schäferin groß gewesen: 17 Tiere wurden getötet und 20 verletzt, wie sie sagt. "Obwohl wir doppelt gezäunt hatten, sind die Wölfe auch drüber gegangen", so die Schäferin. "Wir haben alles Mögliche gemacht aber wir haben trotzdem Angst, dass unser Wolfschutz nicht reicht."

Die Schafe von Jung sind für das Ökosystem auf den dortigen Deichen wichtig: Durch Verbiss halten die Tiere die Biomasse – das Gras – unter Kontrolle und sorgen dafür, dass kein Mulch liegen bleibt. Denn dort wurden sonst Tiere leben, die Wildschweine dazu animieren würden, den Deich umzuwühlen, wie die Schäferin erklärt. Außerdem verursachen die Schafe mit ihrem Tritt, dass die Graswurzeln mehr Bodenkontakt haben. "Wenn ich keine Schafe auf den Deich stellen kann, kann ich die Deichpflege nicht leisten", sagt sie. "Aber ich lebe davon."

Schafe für die Deichpflege im Nationalpark Unteres Odertal. Bild: rbbSchafe für die Deichpflege im Nationalpark Unteres Odertal. Bild: rbb

Der Einsatz von Hunden kommt hier nicht in Frage

"Wir haben die Aufgabe, die Trockenrasen im Nationalpark zu pflegen und zu erhalten", sagt Dirk Treichel, Leiter des Nationalparks Unteres Odertal. Dabei seien Schäfer wichtige Partner: "Eine optimale Qualität können wir nur durch die Beweidung mit Schafen und Ziegen herstellen." Das gehe nur, wenn genug schafhaltende Betriebe in der Region aktiv sind.

Die Schafe bringen auch für das touristische Ausflugsziel einen weiteren Vorteil: "Eine Deichpflege mit Schafen ist wirklich sehenswert", sagt der Nationalparkleiter. Auf den Deichen seien dagegen Herdenschutzhunde, wie sie woanders für den Schutz der Schafe benutzt werden, keine gute Idee: Würde man sie einsetzen, käme es zu Konflikten mit den Fahrradfahrern am Oder-Neiße-Radweg, Hunde würden möglicherweise ständig außer sich geraten. "Das funktioniert hier nicht."

Im vergangenen Jahr wurde laut Angaben des Brandenburger Landesamts für Umwelt (LfU) der Tod von 1.281 Schafen und Ziegen bei Fällen gemeldet, bei denen der Wolf ein möglicher Verursacher war. Das sind laut Daten des LfU viermal so viele Tiere wie im Jahr 2019.

"Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz"

Nach den Wolfsangriffen - "einem harten Schlag" - habe Schäferin Jung ernsthaft darüber nachgedacht, die Schafzucht aufzugeben. Doch stattdessen beschloss sie, einen noch höheren und sichereren Zaun zu errichten. Zusammen mit Ihrer Enkelin montierte sie auf jeden zweiten Zaunpfahl eine selbstkonstruierte Verlängerung, um eine stromführende Litze entlang des Zauns anzubringen.

Der höhere Zaun soll ihre Herde vor weiteren Angriffen schützen. Am kommenden Wochenende will die Schäferin den Rest ihrer insgesamt 200 Schafe auf die Deiche bringen. Doch sie bleibt realistisch: "Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz."

Sendung: Brandenburg aktuell, 05.04.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Riccardo Wittig

3 Kommentare

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  1. 3.

    Also, daß mit den Wölfen ist jetzt langsam ein Running Gag, auch das mit dem ' In Westdeutschland wieder zwei Wölfe überfahren' und das ist nicht lustig

  2. 2.

    Zur Natur würde gehoren, dass die betroffenen Menschen sich gegen die Wölfe wehren. Das dürfen sie aber nicht.
    Die Situation ist also alles andere als natürlich.

  3. 1.

    Ich drücke Euch sämtliche Daumen, die ich hab! Das ist ein so schönes, wertvolles Tun; könnte glatt zum Weltkulturerbe erhoben werden. Und das mit den Wölfen, die ich auch mag ist leider so. Tut sicher weh, aber das gehört zur Natur dazu. Danke das Sie weitermachen!

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