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Es war eine Zäsur mit Nachhall in der Geschichte der DDR: 1976 kam Wolf Biermann nicht mehr in seine berühmte Wohnung in der Chausseestraße 131 zurück. Er wurde nach Westkonzerten an der Wiedereinreise gehindert und später ausgebürgert. Die Kulturschaffenden des Landes rebellierten. Das ganze Leben von Wolf Biermanns ist so eine große deutsch-deutsche Geschichte und deshalb widmet das Deutsche Historische Museum ihm jetzt eine Ausstellung.
Wolf Biermann, Liedermacher und Lyriker
"Ich habe diesen Fehler, dass ich noch lebe. Und das ist natürlich - unter uns gesagt - auch komisch, dass man ein Museumsstück wird und dummerweise noch lebt. Aber ich kann nichts dafür. Das hat sich so ergeben."
Raphael Gross, Präsident Deutsches Historisches Museum
"Er ist so sehr eine Figur der deutsch-deutschen und deutschen Zeitgeschichte und Kulturgeschichte, dass er selbstverständlich zu uns gehört."
Gerade wird die Ausstellung aufgebaut - mit aus Texten, Erinnerungsstücken oder auch Tagebüchern, die Biermann vor kurzem der Staatsbibliothek überlassen hat.
Die Geschichte beginnt mit seinem Vater, der stirbt als Kommunist in Auschwitz. Als 6-jähriger überlebt er mit seiner Mutter in Hamburg einen Bombenangriff.
Mit 17 geht er in die DDR. Er will mitarbeiten am Aufbau des Kommunismus.
Wolf Biermann, Liedermacher und Lyriker
"Die banale Wahrheit - es war das Beste, was ich in meinem ganzen leben gemacht habe, in aller Einfalt, in aller Unwissenheit. Nur dadurch konnte ich überhaupt der Biermann werden."
Er singt aber spielt auch, er wird Regieassistent am Berliner Ensemble, schreibt Stücke- und gründet das Studententheater BAT mit. Dort darf ein Stück nicht aufgeführt werden.
Wolf Biermann, Liedermacher und Lyriker
"Das Stück über die Mauer wurde verboten, obwohl es für die mauer war. So verrückt ist die Welt. Weil die Bonzen der Partei sagten, wie der für die Mauer ist, das ist noch schlimmer als wenn er gegen die Mauer ist."
Ab 1965 erhält er dann Auftrittsverbot. Er rebelliert auf seine Weise.
Monika Boll, Kuratorin
"Biermann selber nennt es ein politisches Sittengemälde und sie sehen jetzt, wenn sie die Personen auf dem Foto anschauen, dass dort Personen am Tisch sitzen, man aber deren Gesichter nicht sieht und das ist natürlich ein Seitenhieb gegen die Stasi, denn Biermann wurde zu dieser Zeit sehr intensiv überwacht."
In der Wohnung in der Chausseestraße 131 lebt er mit Eva Maria und Nina Hagen, hier ist Treffpunkt für Freunde und Regimekritiker, wie Robert Havemann. Hier entstehen illegal Musikaufnahmen.
Die Staatssicherheit überwacht ihn allumfassend selbst im Schwimmbad wird er observiert. Biermann kann nur seine Tagebücher vor der Stasi verstecken – ein Freund vergräbt sie in diesem Kübel in Brodowin im Barnim.
Das einschneidenste Jahr seines Lebens wird 1976. Er darf auftreten aber nur im Westen, in Köln. Die DDR Führung nimmt das als Anlass ihn auszubürgern. Biermann erfährt es aus dem Radio.
Wolf Biermann, Liedermacher und Lyriker
"Sein persönliches Eigentum wird ihm nachgeschickt. Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen."
In Hamburg fasst er nur schwer Fuß. Im Osten Kulturschaffende protestieren gegen seinen Rauswurf mit einem offenen Brief - für viele der Anfang vom Ende der DDR.
Wolf Biermann, Liedermacher und Lyriker
"Und die hatte eine große politische Wirkung, die viel wichtiger war, als das was die 13 Schriftsteller oder was ich mir dabei ausrechnen konnte. So passiert Geschichte."
Wolf Biermann, singt, denkt und schreibt weiterhin – aber anders.
Als die Mauer fällt, hatte er den Kommunismus längst fallen gelassen. Handschlag mit einem Offizier der Stasi, die 18.000 Seiten über ihn gesammelt hat. Doch Biermann tritt nicht als Sieger auf.
Wolf Biermann, Liedermacher und Lyriker
"Ich war immer in den verschiedenen Phasen meines Lebens auf dem höchsten Stand meiner Unwissenheit."
Auch in der Ausstellung eine seiner Gitarren, seine Begleiter im Leben.
Monika Boll, Kuratorin
"Das ist die BIERMANN-Gitarre. Er spielt sie seit 2001 fast für alle Einspielungen und Konzerte, er geht ja noch regelmässig auf Konzertreisen."
Mit dieser Gitarre tritt er auch 2014 im Deutschen Bundestag auf.
Bis heute bewegt er mit seiner feinsinniger Respektlosigkeit.
Wolf Biermann, Liedermacher und Lyriker
"Sie sollen wissen, dass das Leben immerzu schwer ist, das wird erst etwas leichter wenn man tot ist."
Autorin: Theresa Majerowitsch