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Anfang der 1960er Jahre starteten die Beatles ihren internationalen Siegeszug. Auch in der DDR gab es schnell eine "Beatlemania". Überall im Land gründeten sich nach dem Vorbild der "Pilzköpfe" Gitarrenbands. Doch dann verlangte der DDR-Staatsratsvorsitzende und SED-Parteichef Walter Ulbricht 1965 in seiner Rede auf dem 11. Plenum des ZK der SED, dass mit dem Einfluss der dekadenten westlichen Rockmusik und mit der "Monotonie des Yeah, Yeah" Schluss sein sollte. Die Entwicklung der Beatmusik in der DDR erzählt jetzt der Musikjournalist Wolfgang Martin in seinem Buch über die Beatles und die DDR.
"She loves you, yeah yeah yeah!"
Mitte der Sechziger Jahre bricht die "Beatlemania" aus: Die Beatles belegen Platz 1 bis 5 der Hitparaden und kommen 1966 für Konzerte auch nach Westdeutschland. In der DDR waren sie nie, doch auch hier liegen ihnen die Fans zu Füßen.
Wolfgang Martin, Musikjournalist
"Diese Explosion, die die Beatles losgetreten hatten mit ihrer Musik, die hat ja erstmal alle Musik begeisterten jungen Menschen damals ergriffen unterschiedlich von Ländern, Staatsgrenzen. Dann hat man sich ausgetauscht, man hat die Musikkassetten untereinander ausgetauscht und überspielt. Und dieses Fantum, das ist glaube ich nach dem Elvis-Kult dann noch mal eine Etage höher mit den Beatles passiert und das hat uns alle zusammengeschweißt."
In jedem Zimmer findet sich irgendein kleiner Schrein und die Beatles sind gleich mehrmals vertreten. Wolfgang Martin wird als Teenager in der DDR zum Beatles-Fan. Bis heute prägt ihn die Musik der Pilzköpfe.
Wolfgang Martin, Musikjournalist
"Ich gehörte schon wirklich auch mit zu den Hardcore-Fans und habe alles aufgesogen, was ich irgendwie von den Beatles bekommen konnte, was ich von denen hören konnte. Und das war ja unter den Bedingungen damals in der DDR gar nicht so einfach. Aber für uns war das natürlich Goldstaub. Es war auch damals gar nicht so einfach, selbst an die landeseigenen Platten ranzukommen. Und da war ich natürlich super stolz."
1965: die Rolling Stones spielen in Westberlin in der Waldbühne vor über 20.000 Fans. Die Menge ist entfesselt. Die Bilder der jungen Fans im Beat-Fieber sorgen für totales Unverständnis bei der Elterngeneration. Das Konzert muss nach 30 Minuten abgebrochen werden, als Fans die Bühne stürmen. Die Bilder der Verwüstung erreichen auch die Führung der DDR.
Walter Ulbricht
"Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie, Jejeje und wie das alles heisst, sollte man doch Schluss machen."
Wolfgang Martin, Musikjournalist
"Das war die große Angst. Vor allem, wie Sie es immer ausgedrückt haben "Dekadenten", was da aus der aus dem Westen rüber geschwappt kam, wo man doch eine eigentliche Moralvorstellung davon hatte, wie sozialistische Jugend zu ticken hat. Na dass, um es mal mit einem einfachen Wort zu sagen, die Jugend der DDR versaut werden könnte."
Doch der Beat-Boykott bewirkte genau das Gegenteil, eine ganz Musikergeneration orientierte sich jetzt am Beatles-Sound. So schildert es Wolfgang Martin in seinem Buch "Schluss mit dem Yeah, Yeah, Yeah. Die Beatles und die DDR".
"Der meist gesprochen oder geschriebene Satz ist der: "Ohne den Einfluss der Beatles wäre meine musikalische Karriere vermutlich anders verlaufen." Die hatten natürlich auch Einflüsse anderer Gruppen. Die Stones haben in der DDR natürlich auch eine sehr große Rolle gespielt. Aber die Beatles waren nun mal die ersten und blieben immer das Wichtigste für die meisten."
Georgi "Joro" Gogow kam erst 1971 aus Bulgarien nach Ost-Berlin. Doch ohne die Beatles wäre auch seine musikalische Karriere anders verlaufen.
Georgi Joro Gogow, Musiker
"She loves you yeah yeah yeah"
Georgi Joro Gogow, Musiker
"Muss reichen. Wenn ich in meine musikalische Ausbildung klassischer Natur geblieben, hätte ich wahrscheinlich irgendwo in einer Provinz Symphonieorchester gespielt, die fünfte Geige oder was auch immer."
So aber wird Georgi Joro Gogow als "Teufelsgeiger" der Band "City" berühmt. Wolfgang Martin lernt die Band als junger Radioredakteur nach einem Konzert kennen und ist so begeistert, dass er ihren neuen Song im Radio spielt: Der Durchbruch für "City".
Wolfgang Martin, Musikjournalist
"Das war für mich so ein Urknall Erlebnis, nicht, das ganze Konzert. Ihr habt ja damals glaube ich auch einen Beatles Song gespielt. "Get back" war das, glaube ich."
Georgi Joro Gogow
"In einer eigenen Version."
Wolfgang Martin, Musikjournalist
"In der eigenen Fassung neben "Born to Be Wild" auch von Steppenwolf. Also das war, das war ein völlig anderes Konzept von einer Band, als ich es bis daher von einer DDR- oder Ost-Band erlebt habe."
Gegen die Beatles hatte die DDR-Führung letztlich keine Chance. Wolfgang Martin erinnert in seinem Buch an einen musikalischen Urknall, gegen den keine Mauer etwas ausrichten konnte.
Wolfgang Martin, Musikjournalist
"Also dieses Universum hat schon ein eine Band da oben und das sind die Beatles."
Georgi Joro Gogow
"Eine Aura, ein unbedingt, eine tiefe, tiefe Verneigung, vor dem großartige Werk der wichtigste Band der Welt."
Autor: Max Burk