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Loriot wird 100. Sein belustigter Blick auf die Schrulligkeiten der alten Bundesrepublik war auch in der DDR Kult. Denn für seine Ostzuschauer deutete sich in Loriots Sketchen an, dass im Westen auch nicht alles Lametta ist, was glänzt. Geboren wurde Loriot in Brandenburg an der Havel. Als er dort 1985 zu Besuch war, wurde er nicht nur begeistert empfangen, es wurde für ihn auch eine Ausstellung organisiert, vorbei an den staatlichen Stellen und mit Loriot-Grafiken, die heimlich über die Grenze geschmuggelt wurden. Zum Jubiläum wird in Brandenburg diese Ausstellung rekonstruiert.
Helge Schneider, Musiker / Komiker
"Man hat sich selbst da drin irgendwo gesehen oder zumindest das, was man von zu Hause kannte."
Hape Kerkeling, Schauspieler / Komiker
"Und ich erinnere mich daran, dass ich am Bildschirm kleben geblieben bin und dachte der ältere Herr, der hat, der hat einen an der Marmel. Das gucke ich mir genauer an!"
Thorsten Schräter
"Loriot hat allen Deutschen ein Riesengefallen getan, weil er war einer von den klarsten, die gesagt haben: Pass mal auf: so sind wir!"
"Genau bis hier."
"Ach, ist das gut."
"Köstlich, Walter du musst mal probieren!"
"Danke, ich bin ja gleich dran."
"Genau die Hälfte!"
"Na ja, genau die Hälfte?"
Bernhard Victor Carl von Bülow, Jahrgang 1923. Preußischer Adel. Geboren in Brandenburg an der Havel. Kaum erwachsen, kommt er für drei Jahre an die Ostfront. 1947 geht er an die Kunstakademie in Hamburg, entwirft das Knollen-Männchen, das ihn berühmt macht. Unter dem Namen Loriot schreibt er erste Sketche.
Loriot
"Die Satire an sich muss zersetzen, weil die Satire ja etwas zerstören will, was nicht in Ordnung ist.."
"Da regt mich ja die Frage schon auf - Was heißt denn Sie als Frau?"
Hape Kerkeling
"Loriot hat sicher die breite Masse offener gemacht für das Subversive. Nun ist ja in der deutschen Geschichte ab 1933 bis 1945 uns der subversive Humor völlig abhandengekommen, weil jeder, der diese Art der Kunst betrieben hat, verschwunden, emigriert ist oder eben getötet wurde. Und insofern gab es in der jungen Bundesrepublik eine Leere."
In dieser humorlosen Nation lernen die Deutschen über sich selbst zu lachen. Ihr Lehrmeister: Loriot. Was wenigen gelingt: egal ob Ost oder West, er wird gesamtdeutsch verehrt!
"Die gnädige Frau kommt gleich."
"Das Bild hängt schief."
Gerda und Alfred Arndt
Gerda Arndt: "Wie der in dem Chaos sitzt: Das Bild hängt schief."
Alfred Arndt: "Naja, das war ein großer Erfolg."
Gerda Arndt: "Einer meiner Lieblingssketche, Das Bild hängt schief."
Gerda Arndt, ehem. Kuratorin
"Viele haben ja Westfernsehen geguckt und von daher hat, haben sich schon viele dafür interessiert."
Gerda Arndt wird in Brandenburg auf Loriot aufmerksam.
Loriot
"So viel zum Thema unserer Sendereihe, das ist Herr Stör."
Gerda Arndt
"Dadurch sind wir überhaupt darauf aufmerksam geworden. Und es hat uns auch angezogen. Gerade die Karikaturen."
Gerda Arndt will Loriots Karikaturen ausstellen. Und zwar in seiner Geburtsstadt Brandenburg an der Havel. Und ihr gelingt das Unglaubliche: Loriot kehrt 1985 zurück, obwohl er seit fast 60 Jahren nicht mehr hier war. Eine Sensation mit Risiko!
Gerda Arndt, ehem. Kuratorin
"Wir haben diese Ausstellung ja auch an den staatlichen Stellen vorbei gemacht. Ich habe da keine Genehmigung eingeholt. Das hätte man mir vielleicht auch gar nicht erteilt. Von daher: Ich muss ganz ehrlich sagen, die damalige Oberbürgermeisterin Frau Löwe, die wusste gar nicht, wer Loriot ist. Die haben auch kein Westfernsehen wahrscheinlich geguckt. Aber die anderen, also die Bevölkerung, denke ich mal, die hat schon gewusst."
Loriot half selbst mit, die Werke über die Grenze schmuggeln zu lassen. Obwohl es so gut wie keine Werbung gab, wird die Ausstellung überrannt: Über 1.500 Besucherinnen und Besucher kommen um Loriot und seine Karikaturen zu sehen.
Undine Damus-Holtmann, Kuratorin
"Ich war unheimlich beeindruckt, weil es wahnsinnig voll war. Unglaublich viele Menschen. Und dann kam Loriot und redete. Und er hat uns sehr angesprochen. Es ging nicht um Ost oder West, und die Mechanismen haben ja überall gleich funktioniert. Die Missverständnisse, zwischenmenschlichen Missverständnisse sind ja hier wie da genau die gleichen. Und dass jemand das mit so viel Aufmerksamkeit, so viel Sensibilität so auf den Punkt bringen konnte, das hat uns schon sehr fasziniert."
Zusammen mit ihrem Mann plant Undine Damus-Holtmann zum Jubiläum etwas besonderes. Die legendäre Ausstellung von 1985 soll noch einmal entstehen. Anhand weniger Fotos versuchen sie zu rekonstruieren, wie es damals aussah. Für sie war die Ausstellung ein Vorbote zur Wiedervereinigung.
Undine Damus-Holtmann, Kuratorin
"Er war kein Feindbild in dem Sinne. Und insofern konnte diese Grenzunterlaufung einfach so passieren, was vielleicht vorher keiner geglaubt hatte."
Wulf Holtmann, Kurator
"Das ist tatsächlich ein Stück deutsche Geschichte, und zwar 85 und nicht 89."
Loriots Bedeutung in Ostdeutschland spielt auch in der neuen Dokumention zum 100. Geburtstag eine Rolle. Sie erinnert daran, dass Loriot für seinen Spielfilm Ödipussi am gleichen Tag in Ost- und Westberlin die Premiere besuchte.
Loriot
"Das Haus ist voll. Es sind über 1.000 Menschen hier, die offensichtlich schon am frühen Nachmittag ihre Arbeit am Aufbau des Sozialismus... Dass mir das nicht einreißt!"
Am 12. November, Loriots Geburtstag, eröffnet in Brandenburg an der Havel eine der größten Ausstellungen zum Jubiläum. Der Titel: "Heile Welt".
Gerda Arndt
"Wir freuen uns jedenfalls schon richtig auf die Eröffnung, wenn alles hier so richtig schön ist."
Undine Damus-Holtmann
"Der hat ja gesamtdeutsch gedacht. Und irgendwie hat er diese Welt damit ein Stück wieder heil gemacht."
Evelyn Hamann
"Warum haben Sie in den letzten Jahren keine Angebote mehr aus Hollywood?"
Loriot
"Ich weiß nicht. Vielleicht bin ich denen einfach zu deutsch."
Autor: Max Burk