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Eine pflegebedürftige, grantige alte Dame, der alles Fremde sehr suspekt ist, trifft auf einen jungen Geflüchteten. Das ist der Anfang für ein ungewöhnliches Stück am Schlossparkheater.
Kurz vor der Probe für "Die Maria und der Mohamed". Seit sechs Jahren arbeitet Regisseur Folke Braband an diesem Stück. Er hat es selbst geschrieben, viel Persönliches steckt darin. Premiere ist nächste Woche.
Folke Braband, Regisseur
"Na wenn alle da sind, starten wir, ja."
Vorbild für die Maria in seinem Stück ist Folke Brabands Mutter, die 2017 starb. 1930 geboren, brach sie nach dem Krieg die Schule ab und wurde Krankenschwester. Sie wollte für Menschen da sein. Folke Braband beschreibt sie als eine Frau, die im Alter haderte mit der zunehmenden Entfremdung und Distanz in unserer Gesellschaft.
Folke Braband, Regisseur
"Meine Mutter war eine sehr sehr linke, eine sehr sozial emphatische Person. Und ist das auch bis zum Schluss geblieben. Also sie konnte nicht damit umgehen, wie sich die Gesellschaft verändert hat und wie der Zustand in der Gesellschaft ist. Also was das Miteinander betrifft, was die Empathie betrifft, der Anstand. Sie hat immer gesagt, das kommt auch im Stück vor: "Die einzige Religion, die für sie gilt, ist ein anständiger Mensch zu sein"."
Maria ist eine selbstbestimmte, etwas starrsinnige Frau. Sie sagt, was sie denkt, lässt sich nichts vorschreiben. Im hohen Alter kann sie nicht mehr alleine für sich sorgen. Tochter Hannah stellt eine Pflegerin ein.
Szene aus "Die Maria und der Mohamed"
"Na wir werden dit Kind schon schaukeln, wa’ Maria?"
- "Sag mal, wovon spricht diese Person?"
Als Maria die Pflegerin vergrault, soll der syrische Flüchtling Mohamed einspringen. Hanna kennt ihn aus der Flüchtlingshilfe. Mohammed spricht kaum deutsch und ist streng gläubig. Maria ist misstrauisch. Von der Flüchtlingspolitik hält sie ohnehin nicht viel.
Folke Braband, Regisseur
"Die Kritik, die sie erst mit Mohamed hat, ist eben der Gedanke, dass da jemand kommt und dem es aber nicht gut gehen wird hier in dieser Gesellschaft, weil einfach hier gilt, wer das größte Auto hat. Und das ist etwas, was sie sich für diese Menschen nicht wünscht, sondern sie war immer der Meinung, was auch heute halt gesagt wird, dass Sachleistungen helfen und dass Wiederaufbau im eigenen Land, Entwicklungshilfe im eigenen Land hilft. Deswegen eckt sie da ein bisschen an zu Beginn, ist aber in keinster Weise ausländerfeindlich oder fremdenfeindlich, sondern skeptisch, was das mit der Gesellschaft macht und ob die Gesellschaft das aushalten kann."
Szene aus "Die Maria und der Mohamed"
"Nur eine Glaube…"
"Mohamed, das ist doch hinterwäldlerisch, der Islam. Das ist doch vollkommen reaktionär. Entschuldige bitte. Der Umgang mit der Homosexualität. Und Gleichberechtigung von Mann und Frau. Und dann dieses hier… Nein, nein, nein Mohamed, da reg ich mich viel zu sehr auf."
Aber nach und nach, fühlt sich Maria immer wohler mit Mohamed. Sie werden Freunde, erfahren mehr über die Geschichte und die Wunden des anderen. Maria fühlt sich wieder gebraucht, weil sie Mohamed deutsch beibringen kann und findet wieder Freude am Leben.
Szene aus "Die Maria und der Mohamed"
"Oh Mohamed, was sind denn das für Kekse?"
Peggy Lukac, Schauspielerin
"Ich glaube größtenteils ist sie menschlich so angetan. Das ist endlich einer, der ihr keine Vorschriften macht. Der ihr nicht sagt: du musst das so machen, du musst das so machen. Und ältere Menschen kennen das, wenn alle um dich herum wissen, wie es eigentlich geht. Und das sind ja alles Menschen, die richtig viel geleistet haben, ne richtige Geschichte haben."
Mohamed El-Asmer, Schauspieler
"Kulturell geprägt, aber auch religiös, ist das so, dass man vor älteren Menschen immer Respekt haben muss. Wir können noch nicht so über den Horizont sehen, die schon. Und deswegen haben wir das zu respektieren. Ich lasse mir in der Rolle des Mohamed sehr gerne etwas von einer Mutter, vielleicht Oma-Figur eher etwas was sagen, als eine, die fast in meinem Alter ist, beziehungsweise viel näher an mir dran ist. Ich glaube, das ist mit einer der Gründe, warum das dann so matcht zwischen uns beiden."
Folke Braband, Regisseur
"Wir werden dit Kind schon schaukeln, ja. Also, aber das dann über Julia spielen."
Folke Brabands Stück ist ein Appell an das Miteinander, der Wunsch, dass sich Menschen mit gegensätzlichen Erfahrungen kennenlernen und zuhören. Als er es geschrieben hat, hätte er nicht gedacht, dass es zu einem Zeitpunkt auf die Bühne kommt, an dem das schwieriger denn je ist.
Gesang aus "Die Maria und der Mohamed"
"Willst du mit mir gehen?"
Folke Braband, Regisseur
"Ich bin total dankbar, dass ich dieses Stück jetzt machen kann, weil wir in einer Zeit leben, in der also Milde und Nachsicht nichts bedeutet, sondern Wut, Gebrüll und das laute Rufen nach Strafe. Wir zeigen, wie es gehen könnte, wenn Menschen mit großen Gegensätzen miteinander reden, Meinung zulassen und auch voneinander lernen. Also wir schaffen uns hier im Theater eine kleine Geschichte, die wir uns wünschen würden, dass das in der Gesellschaft und in der ganzen Welt funktionieren könnte."
Autorin: Lilli Klinger