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Der Traum von Glam und Glitzer: Die Ballroom-Szene mit Drag, Tanz und Catwalk hat ihre Anfänge in den queeren schwarzen und lateinamerikanischen Communities in New York in den 80er Jahren. Der Tanz und Lebensstil dieser Szene sind wieder da und hochaktuell, zu sehen auch bei den Berliner Tanztagen in den Sophiensälen.
Raus aus dem geschützten Raum der Community, auf die Tanzbühne der Sophiensäle: Ein mutiger Schritt von Kriss Eshu 007, Koriander, Púca und Felipe Faria. Nur Felipe Faria hat professionell tanzen gelernt – Ihre Performance Bodyride ist eine Mischung aus typischen Ballroom Bewegungen und modernem Tanz.
Felipe C. Faria
"Ich habe den Aufruf der Sophiensäle gesehen und ich dachte, das ist eine tolle Gelegenheit um mal in diesem offenen Raum zu experimentieren und die Ballroom Kunst woanders hinzu bringen und einfach damit zu experimentieren."
Bei den sogenannten Balls haben sich die Die Vier kennengelernt. Púca kommt aus Irland, hat sich Ballroom über Social Media Videos beigebracht und seit 3 Jahren ist Puca in Berlin.
Púca
"Wenn Du noch nie dabei warst, verstehst du nicht, wie es ist. Du wirst in eine komplett andere Welt transportiert. Die Energie ist so einzigartig und speziell. Die zieht dich da rein und dann bist du auf einer Ballroom Reise – so nennen wir es. So hat bei mir alles angefangen."
Bei den Balls ist die Bühne ist eine Art Catwalk – Voguing heißt die der Tanzstil, weil Posen von Models bei Modenschauen imitiert und überzeichnet werden … die Performance dauert nur einige Minuten und wird von einer Jury bewertet.
Koriander
"Ich war auf einem Festival und es gab Performer:innen und die haben auf der Bühne gevoguet. Und ich dachte mir im Publikum: Ich kann das auch, alles, was die können, kann ich auch."
Kris Eshu 007 wollte immer Tänzer werden, war aber für die klassischen Schulen zu alt. Auch Kris Eshu hat sich Ballroom selbst beigebracht – und es geht um so viel mehr als nur ums Tanzen.
Kris Eshu 007
"Ich bin in Basel in der Schweiz aufgewachsen und habe die Diskriminierung mein ganzes Leben lang erfahren und Ballroom war das erste Mal in Space, wo meine Hautfarbe zelebriert wurde. Dass ich anders bin, dass ich schwul bin, dass ich feminin bin, also wirklich ein Zufluchtsort und wie eine Kirche für queere Menschen, würde ich sagen."
Eine wichtige Regel beim Balls: Alle werden vom Publikum gefeiert. Die ersten Ballroom-Wettbewerbe organisierten die queere schwarze und Lateinamerikanische Community vor fast 50 Jahren in New York. Voguing – ihr Tanzstil, ist inspiriert von den Covern der Modezeitschrift Vogue. Jeder kann sein, wie und was er möchte. Eine Nacht ohne Ungleichheiten
Auch der Song "Deep in Vogue" von Malcom McLaren ist eine Hommage an die frühe Szene.
Koriander
"Die Art und Weise, wie ich vogue, verdanke ich allen, die vor mir vogueten und die den Weg geebnet haben und zuerst auf dem Runway waren und so für die Community gekämpft haben und etwas für die Gemeinschaft getan haben. Ihre Geschichte ist also meine Geschichte."
Richtig bekannt macht den Tanzstil Madonna 1990 mit ihrem Video "Vogue"; die Tänzer kommen fast ausschließlich aus der Ballroom Szene und die Pop Ikone nimmt sie mit auf Tour.
Seit einigen Jahren gibt es auch in Berlin eine lebendige Ballroom Szene. Wie in New York organisieren sich die Künstler:innen in sogenannten Häusern - ihren Ersatzfamilien und die treten gegeneinander an.
Felipe Faria
"Wir sind alle in der Ballroom Szene aus ganz unterschiedlichen Gründen aber wir katalysieren das im Ballroom und es eint uns in gewissen Sinne. Es zeigt uns einen Weg, wie wir mit unserer Erfahrung als queere Menschen umgehen können."
Púca
"Eigentlich sprechen wir eine andere Sprache, unsere Lebensgeschichten sind sehr unterschiedlich aber Ballroom ist unsere Sprache, so kommunizieren wir miteinander und schaffen unsere gemeinsame Geschichte."
Autorin: Nathalie Daiber