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Mit der Figur der Jenny ist der Schauspielerin Hannah Herzsprung 2006 der Durchbruch gelungen - im Film "Vier Minuten". Jetzt erzählt die Fortsetzung "15 Jahre", was aus Jenny nach dem Ende ihrer Haft wird - wenn sie den Mann wiedersieht, der in Wahrheit den Mord begangen hat, für den sie im Gefängnis saß. Es ist ein emotionaler Musikfilm, vorangetrieben von Rache und Vergebung.
Kein Fernsehen kein Internet – heißt eine Regel der christlichen Resozialisierungruppe, der sich Jenny angeschlossen hat. So blieb sie ahnungslos, dass der Mensch, der ihr Leben zerstört hat, jetzt ein gefeierter Fernsehstar ist.
"Kann das weg?"
- "Gehen sie doch außen rum."
Als Reinigungskraft soll Jenny nach 15 Jahren Gefängnis auf die Rückkehr in die Gesellschaft vorbereitet werden. Nicht leicht für eine Borderlinerin. Bei einem Putzeinsatz in einem Konservatorium trifft sie einen alten Bekannten.
"Jenny?"
Er sieht in ihr das Musikwunder, das sie einmal war. Doch in seiner heilen Welt ist sie ein Fremdkörper.
"Und was haben Sie angestellt?"
- "Mein Freund hat seinen Vater erstochen und ich war dabei."
Zwei Jahre hat sich Schauspielerin Hannah Herzsprung auf diese Rolle vorbereitet. Ein Herzensprojekt.
Hannah Herzsprung, Schauspielerin
"15 Jahre im Gefängnis ist einfach so eine lange Zeit und man hat einfach eine große Verantwortung Menschen gegenüber, die das vielleicht erleben oder erlebt haben. Und ich hab mir einfach ganz viel angeguckt und trotzdem dachten wir zuerst, sie geht so ein bisschen in die Verwahrlosung und lässt sich so gehen. Und dann ging also die ganze Kraft für diese Figur verloren aber dann haben wir ganz schnell entschieden okay, das ist der falsche Weg. Sie geht in die Disziplin, in die Kraft."
Mit der neu gewonnenen Freiheit kommen die inneren Dämonen ans Licht, die Jenny 15 Jahre unterdrückt hat. Wie geht man um mit der aufgestauten Wut? Mit dem Durst nach Rache für erlebtes Unrecht? Der Film stellt große Fragen, wie die nach der Möglichkeit von Vergebung.
Hannah Herzsprung, Schauspielerin
"Vergebung heißt für mich loslassen und weiterkommen und in Bewegung bleiben."
- "Kein Fernsehen, kein Internet."
"Dieser Film für mich stellt die Frage: Wenn man sich vergibt und anderen vergibt, wird man dann auch ein besserer Mensch oder nicht? Er beantwortet die Frage aber gar nicht, sondern er lässt sie offen."
Die personifizierte Vergebung begegnet Jenny in dem syrischen Pianisten Omar. Seine Musik bringt sie zurück ans Klavier und damit auch zu sich selbst. Inspiriert wurde Regisseur Chris Kraus zu seiner Figur durch Aeham Achmat der heute in Deutschland lebt. Bekannnt wurde er, weil er In den Trümmern des syrischen Bürgerkriegs für Kinder Klavier spielte.
Hannah Herzsprung, Schauspielerin
"Chris arbeitet ganz oft mit einzelnen Charakteren, die er so kennenlernt, über die Zeit, dass er sich an die erinnert und die er dann eventuell miteinander verbindet für seine Filme. (…) er hat ihn ganz früher als einen ersten getroffen im Drehbuchprozess und ihn gefragt, ob es für ihn in Ordnung ist, die Geschichte auch in Anlehnung an seine Geschichte zu erzählen."
Auch Omar ist ein Versehrter, aber nicht durch einen inneren Krieg wie Jenny. Die Terroristen des IS haben ihm einen Arm abgeschlagen. Trotzdem hört er nicht auf, Musik zu machen. Für Ihn ein Überlebensmittel.
Hannah Herzsprung, Schauspielerin
"Aehan Ahmad, also für mich als Hannah hat mich total berührt, er auch als Musiker, berührt mich total."
15 Jahre erzählt keine glatte, leicht verdauliche Geschichte und spiegelt damit auch Jennys Zerrissenheit. Der Film zersplittert in Melodram, Liebesgeschichte aber auch Gesellschaftssatire. So begleitet Jenny Omar in die zynische Welt einer Castingshow - nicht aus Ehrgeiz. Sie will ihrem Peiniger in die Augen zu sehen. Albrecht Schuch spielt Jennys Jugendliebe.
Albrecht Schuch, Schauspieler
"Gimmiemore, der irgendwie immer Punk war und jetzt irgendwie bei so einer Dieter Bohlen Show hängt und Musik macht, (…) und dann dachte ich aber das ist vielleicht so einer, der hat Bock auf so einen amerikanischen Typen. Deswegen bin ich auf dieses Kehlige gekommen."
"Weil die Amerikaner machen doch immer so "vocal frying"."
""So jeah, you know?!" Nicht alle, aber halt viele Dinge so aus dem Showbiz."
"Was machst Du in meiner Sendung?"
- "Dich umbringen, was sonst?"
Vor 17 Jahren gelang Hannah Herzsprung in der Figur der Jenny von Loeben eine Kino Sensation. Auch in "15 Jahre" kann sie ihre große Spielfreude ausleben und brilliert. Eine Leistung, für die sie am 19. Januar mit dem Bayerischen Schauspielpreis ausgezeichnet wird.
Hannah Herzsprung, Schauspielerin
"Ich hab mich so gefreut. Es ist wirklich eine so große Auszeichnung. Und auch so wichtig für den Film. Ja, ich bin voller Freude."
Autorin: Charlotte Pollex