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So etwas hatte die Reichshauptstadt noch nicht gesehen: an Silvester 1925/1926 stand im Nelson Theater am Kürfürstendamm eine Tänzerin aus Paris auf der Bühne, so gut wie nackt, nur mit ein paar Federn bedeckt. Josephine Baker war damals 19 Jahre alt und hatte einen weiten Weg aus den Slums in St. Lois in Missouri hinter sich, wo sie 1906 geboren wurde. Berlin empfing Josephine Baker mit großer Begeisterung und beinahe wäre sie an der Spree geblieben, wenn nicht das Pariser Revuetheater "Les Folies Bergère" ihr Honorar deutlich erhöht hätte. Josephine Baker wurde zur Ikone, kämpfte später an der Seite von Martin Luther King für die Bürgerrechte der Schwarzen in Amerika und ist bis heute Teil des kollektiven Gedächtnisses.
"Berlin, das ist schon toll! Ein Triumphzug" so erinnert sich Josephine Baker in ihren Memoiren. An Silvester 1925 beginnt ihre Weltkarriere im Nelson Theater in Berlin. Sie tanzt mit einem Gürtel aus Plüschbananen und spielt mit dem Klischee von einem exotischen Afrika.
Jean-Ulrick Désert, Künstler
"Diese Bananen, die sie verwendet, sind auf eine interessante Weise sehr lustig. Dieser Humor ist bei ihr immer präsent. Was sie zu dieser Zeit in den 1920er Jahren machte, war ihren Körper in seiner Schönheit zu präsentieren, ohne Scham. So wie all die nackten Körper, die wir in Museen, bei Skulpturen und auf Gemälden sehen."
Josephine Baker wird 1906 in den USA, St. Louis geboren. Sie tanzt sich aus der Armut. Bereits mit 8 Jahren arbeitet sie als Tellerwäscherin, um die Familie zu unterstützten. Mit Hilfe wohlhabender Mäzene reist sie 1925 nach Europa. Mit populärer Jazzmusik und dem Charleston-Tanz erobert sie die Herzen. Erst in Paris, dann in Berlin.
Auch als Schauspielerin wird sie bekannt. Im französischen Stummfilm "Halluzination eines Feuerwehrmannes" zieht ER sie mit seinen Blicken aus. Josephine Baker schielt und zieht damit die Situation ins Lächerliche. Für ihre Art zu tanzen wird sie von Künstlern und Intellektuellen ihrer Epoche gefeiert.
Noch heute inspiriert sie Künstler - wie Jean-Ulrick Desert. Er lebt in Berlin und macht mit bei der Josephine Baker Ausstellung hier in der Neuen Nationalgalerie. Er stammt aus Haiti und studierte Architektur in New York. In einem Seminar zur Architekturgeschichte stößt er auf Josephine Baker. Adolf Loos, ein Wegbereiter der modernen Architektur, hat für sie ein Haus entworfen.
Jean-Ulrick Désert, Künstler
"Es gab nie eine bedeutende schwarze Figur in dieser Architekturgeschichte. Also wurde ich sehr neugierig, als ich entdeckte, dass eine konzeptionelle Architektur extra für Josephine entworfen wurde – gebaut wurde das Haus ja nie - und das machte mich sehr neugierig."
Seitdem hat ihn Josephine Baker nicht mehr losgelassen.
Die Ausstellung wird noch aufgebaut, aber Jean-Ulrick Desert kann eines seiner Werke zeigen, eine Glasmalerei. Wegen seiner katholischen Wurzeln in Haiti nennt er es "Der Schrein der schwarzen Madonna Nr. 1"
Jean-Ulrick Désert, Künstler
"Es ist Josephine Baker - und gleichzeitig es ist nicht Josefine Baker. Man könnte sagen, es ist eine Göttin – eben eine schwarze Madonna"
Josefine Baker kämpft im französischen Widerstand. Dafür wird sie von Charles de Gaulle geehrt. Als Zeichen des Friedens adoptiert sie 12 Kinder. Sie wird zu einer Ikone der Menschlichkeit – darauf bezieht sich Jean Ulrick Désert.
Jean-Ulrick Désert, Künstler
"Ich wollte hier 12 Schmetterlinge einfügen, die in einem religiösen Sinn die Apostel veranschaulichen. Im historischen Kontext sprechen wir über 12 Kinder, die Josephine Baker in der ganzen Welt adoptiert hat. Was wir hier auch sehen, sind mehrere Medaillen, die sie von de Gaulle erhalten hat."
Baker kämpft auch gegen Rassismus in Amerika - an der Seite von Martin Luther King. Sie selbst sah darin den Höhepunkt ihres Kampfes, der sie ein Leben lang begleitete.
Jean-Ulrick Désert
"Eine Strategie, die sie verfolgte, hatte damit zu tun, dass es eine Form des Rassismus in Europa oder Amerika gibt, die die Idee verbreitet, dass das Schwarzsein hässlich ist. Josephine hat ganz sicher viel dazu beigetragen, dass als Lüge zu entlarven - in der Art und Weise, wie sie auftrat - ihr Haar, ihre Kleidung, die Art, wie sie sich bewegt, die Dinge, die sie um sich herum hat, es ging immer auch um Schönheit."
Josephine Bakers Leben, ihre Schönheit und ihre Kunst haben jetzt erneut einen großen Auftritt. Ab kommenden Freitag in der Neuen Nationalgalerie.
Autorin: Margarete Kreuzer