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Avi Toubiana ist ein Mann mit vielen Talenten. Automechaniker, Comedien und Caterer war er, jetzt pendelt er als Kultur-Manager zwischen Hannover und Berlin, wo er mit seiner Familie lebt. Sein Lebensthema ist es von jüdischem Leben zu erzählen, jenseits der Klischees. Gemeinsam mit seiner Frau engagiert er sich gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Gerade organisiert er ein Solidaritätskonzert für Israel in der Synagoge in der Berliner Rykestraße. Stargast ist der 81-jährige New Yorker Komponist und Pianist William Goldstein.
Manchmal hat Avi Toubiana so einen Gänsehautmoment, wenn er in seinem Kiez um den Kollwitzplatz unterwegs ist. Hier lebten seine Vorfahren. Sein Großvater flieht 1938, in letzter Sekunde, nach Palästina. Avis Eltern aber machen nach dem Krieg Flitterwochen in Deutschland – und bleiben. So kommt es, dass Avi 1977 bei Düsseldorf geboren wird. Er wird KFZ-Mechaniker, Comedian und nun leitet er die jüdischen Kulturtage in Berlin. Der Kreis schließt sich.
Avi Toubiana, Intendant Jüdische Kulturtage Berlin
"Mein Großvater - ich habe die Bibliothek von ihm genommen und da war ein Buch von Niederschönhausen von der Bibliothek, ehrlich gesagt, damit gehe ich wieder zurück. Den hat er, er hat am 8. November Berlin verlassen und ist direkt nach damaligen Palästina ausgewandert, unter englischem Mandat, das will ich auch sagen. Und das Buch hat er mitgenommen. Aber diese Bibliothek wurde zerbombt. Keine Chance, das wieder zurückzugeben."
Er hat etwas bewahrt, gerettet. Und so hat Avi Toubiana, sein Lebensmotto gefunden: vom jüdischen Leben zu erzählen, mit Witz. Am 7. Oktober ist für ihn jedoch etwas zerbrochen.
Avi Toubiana
"Für die meisten Juden war Israel immer die letzte Bastion. Und diese Bastion ist jetzt am 7. Oktober definitiv gefallen. Sagt man, man ist verwundbar. Das wiederum sind ja erschreckende Zahlen. 1400 Leute abgeschlachtet. Ich sage auch abgeschlachtet, nicht ermordet. Und dann fragt man sich wo ist man denn? Wo ist die nächste Station?"
Und dann die antisemitische Hasswelle in Deutschland, Europa. Das Schweigen: Es hat ihn schockiert. Avi Toubiana nimmt uns mit nach Hause, zum Kochen mit seiner Frau – und zum Reden.
Diana Reizman, Co-Organisatorin Jüdische Kulturtage Berlin
"Magst du vielleicht Kartoffeln schälen?"
Avi Toubiana
"Ja, das kann ich am Besten."
Heute bereiten sie das Schabbat-Essen vor, es gibt Fisch. Gemeinsam mit seiner Frau hatte er früher ein Catering für koschere Essen: ihre Küche ist doppelt ausgestattet: Besteck und Geschirr für Milchiges und Fleischiges. Sie engagieren sich seit Jahren gegen Antisemitismus, haben Unterkünfte für jüdische Geflüchtete aus der Ukraine organisiert und wurden dabei von vielen unterstützt. Aber jetzt – fühlen sie sich sehr allein.
Avi Toubiana
"Wenn es irgendwas Antisemitisches gegeben hat, wird dann in der Politik immer groß darüber geredet, wo das geht? Das geht nicht. Es waren immer tolle Lippenbekenntnisse, aber Tacheles: wurde nichts gemacht und es ist immer so dasselbe."
Dieses Aussitzen gefährdet unsere Demokratie – davon sind sie überzeugt. Und die Toleranz gegen die Hassparolen werde als Schwäche gesehen! Sie haben drei Töchter – und natürlich haben sie Angst.
Avi Toubiana
"Als die Hamas gesagt hat, dass sie Anschläge auch auf jüdische Einrichtungen in Deutschland machen werden – von 350 , 20 Schüler waren in der Schule. Das ist schon ein Zeichen, da hat der Terror eigentlich schon gesiegt."
Diana Reizman
"Das ist genau, was sie in der Gruppe geschrieben haben. Genau das wollen sie von uns, dass wir Angst bekommen und alle einfach zu Hause bleiben. Und das ist genau dieses Gefühl, dass wir so klein sind."
Mit ihrem Freund, dem Star-Violinisten Guy Braunstein haben sie ein Solidaritätskonzert organisiert, gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit.
Die erste Probe: Aus New York ist William Goldstein angereist. bekannt für seine oscar-nominierte Musik zum Film Fame.
Gerade haben sie sich kennengelernt – und schon sollen sie zusammen improvisieren – eine Herausforderung für jemanden, der immer nach Noten spielt.
Guy Braunstein, Violinist
"Das wird ein jungfräuliches Erlebnis für mich."
William Goldstein, Pianist & Komponist
"Auch noch mit einem anderen Musiker!"
Guy Braunstein
"Genau!"
William Goldstein
"Zwei Leute, die etwas gleichzeitig komponieren."
Guy Braunstein
"Und versuchen, die Fantasie und Stimmung des Publikums aufzugreifen – na dann: viel Glück für mich."
Die Musiker vertrauen auf die Kraft ihrer musikalischen Inspiration!
William Goldstein
"Hoffnung und Inspiration soll es sein! Damit die Leute gegen die Ignoranz kämpfen, die sich gerade breit macht."
Guy Braunstein
"Wir werden wohl den Horror der letzten Monate spiegeln – aber vor allem wollen wir das Licht am Ende des Tunnes sehen!"
Avi Toubiana
"Die Hoffnung ist eine Besinnung, natürlich, der Menschen. Aber das ist ein Wunschdenken."
Autorin: Petra Dorrmann