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"Hoffentlich wird er kein Arschloch!" durchfährt es die Autorin Shila Behjat, als sie schwanger ist und sich beim Ultraschall abzeichnet, dass sie Mutter eines Sohnes wird. Mittlerweile hat sie zwei Jungs - und ringt mit ihrem Selbstverständnis als Feministin. Wie geht das mit Anspruch und Wahrheit bei der Jungserziehung? Sind alle Männer toxisch, auch die im eigenen Haushalt? Darüber hat Shila Bejaht ein Buch geschrieben.
Es ist nicht leicht, als Junge in die Zukunft zu blicken. Was soll schon aus einem werden? Ein alter weißer Mann? Heute gibt es nichts uncooleres, als ein Mann zu sein, jedenfalls, wenn man in einem bürgerlichen Großstadtmilieu aufwächst.
Anders die Mädchen: Selbstbewußt und mutig, zielstrebig und energiegeladen. Die Powerfrauen der Zukunft. Hoffnungsträgerinnen, die heute schon in der Schule ermutigt werden, in der ersten Reihe zu stehen.
Die Journalistin Shila Behjat war selbst mal so ein ehrgeiziges Power Girl. Als Feministin hat sie ein Leben lang dafür gekämpft, das Frauen gesehen und gehört werden. Und doch spürt sie ein gewisses Unbehagen. Wo nämlich bleiben eigentlich die Jungs? Eine Frage, die sie sich vor allem stellt, seit sie Mutter von 2 Söhnen ist.
Shila Behjat, Autorin und Journalistin
"An meine Söhne werden andere Maßstäbe angelegt, wenn sie ehrgeiz zeigen oder sich körperlich messen, wenn sie sich hervortun oder laut werden. Das sollen sie alles nicht. Bei ihnen ist das alles aggressiv."
"Immer dann, wenn ich gemerkt habe, dass die Umwelt meine Kinder als Söhne oder als Jungs wahrnimmt, ist mir sehr viel Negatives entgegen gekommen und da habe ich angefangen, darüber nachzudenken, woher kommt das eigentlich? Und oft habe ich mich selber dabei ertappt, dass ich auch diese Bilder im Kopf hatte."
Shila Behjats Söhne gehen in Berlin zur Schule. Sie beschreibt, wie sie zusammenzuckt wenn es mal ruppig wird, gleichzeitig wünscht sie ihnen manchmal einen Killerinstinkt, um sich durchzusetzen. In ihrem Buch "Söhne großziehen als Feministin" spürt sie diesen Widersprüchlichen Gefühlen nach. Und hinterfragt dabei feministische Konzepte mit denen sie groß geworden ist.
Als Tochter eines Iraners und einer deutschen Feministin hat sie erreicht, wofür ihre Eltern hart gekämpft haben: Jurastudium, Auslandskorrespondetin, eine Frau die es in eine Führungsposition geschafft hat.
Shila Behjat, Autorin und Journalistin
"Ich glaube, das war wirklich so, dass das High Life, dieses Feminismus, wie ich ihn kenne, der sehr, sehr stark gepaart war, natürlich mit einer beruflichen Emanzipation von Frauen. Und da ging es ja ganz stark um dieses Leistungsprinzip."
Heute sieht sie einen solchen Feminismus, der nur den Erfolg, die Leistung, die Durchsetzungskraft von Frauen im Blick hat, kritisch.
Er überwindet nicht die männliche Wettkampflogik, sondern setzt sie fort.
Shila Behjat, Autorin und Journalistin
"Vor 15 Jahren hätte ich ganz klar gesagt Feministin bedeutet für mich, die Unterdrückung und die Benachteiligung von Frauen zu bekämpfen. Und heute würde ich sagen Feministin zu sein heißt für mich, die Unterdrückung und Benachteiligung von Menschen generell zu bekämpfen."
Doch wie findet man Orientierung? welche Vorbilder sind es, die Söhne brauchen, um Gute Menschen zu werden, in einer Welt in der in der toxische Männlichkeit allgegenwärtig scheint.
Noch immer sind Frauen die Opfer männlicher Gewalt. Shila Behtjat unterstreicht die politische und gesellschaftliche Rolle von Müttern und wertet sie auf. Für sie sind Mütter der Schlüssel.
Shila Behjat, Autorin und Journalistin
"Wir sitzen genau an diesem Hebel, wenn es darum geht, die Zukunft zu gestalten. Das sind im Grunde genommen schon die Mütter von Söhnen. Das ist die nächste Generation der Männer. Und eigentlich ist das mein großer Appell an den Feminismus, das viel mehr wertzuschätzen und auch viel mehr zu nutzen."
"Söhne erziehen als Feministin", ist kein Buch das Antworten auf Erziehungsfragen gibt, aber wichtige Fragen stellt. Wie kann es also gelingen, dass Söhne keine "Arschlöcher" werden? Einen Rat hat Sie dann doch: Empathie leben!
Shila Behjat, Autorin und Journalistin
"Und ich glaube, das ist genau der Punkt, was jetzt den Söhnen und in den Jungs, die eben jetzt hier in dieser sehr, sehr veränderten Welt groß werden, was sie ganz doll brauchen, genau das gelernt zu haben, wie es sich anfühlt, empathisch behandelt zu werden und wie es sich anfühlt, gerecht behandelt zu werden."
Autorin: Charlotte Pollex