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Seit 1995 gibt es die Beatsteaks und seitdem sind sie zu einer der wenigen Berliner Bands gewachsen, die sich auch international eine große Fangemeinde erspielt haben. Ihr neues Album "Please" soll nicht nur ein weiterer musikalischer Meilenstein sein. Angesichts des erwartbaren politischen Rechtsrucks bei den anstehenden Landtagswahlen, planen die fünf Musiker nicht nur Konzerte in großen Stadien. Ihre Tour führt sie auch in kleine Alternative Jugend Zentren in Ostdeutschland, ein Zeichen für diejenigen, so sagen sie, die "durch die Entwicklung starken Gegenwind erfahren". Aber auch der obligatorische Auftritt in der Wuhlheide ist geplant. Kommerzieller Erfolg, politische Haltung und immer wieder neue musikalische Ideen – das sind die Beatsteaks kurz vor ihrem 30. Bandjubiläum.
Berlin Hellersdorf ist eher ein ungewöhnlicher Ort für den Tour-Auftakt einer großen Rockband. Nach vielen Jahren geben die Beatsteaks wieder Konzerte und setzen direkt ein politisches Zeichen. 12 Konzerte in linken, autonomen Jugendzentren. Die sind gerade besonders gefährdet, wie das "La Casa" hier in der Nähe. Aus Angst vor Angriffen der rechten Szene, dürfen wir dort nicht filmen.
Bernd Kurtzke - Gitarrist Beatsteaks
"Die brauchen gerade jede Unterstützung, weil sie ständig im Kreuzfeuer stehen und ziemlich viel Ärger haben mit Leuten, die nicht verstehen, was die da machen."
Die Beatsteaks spielen fast ausschließlich in Jugendzentren in ostdeutschen Städten, dort wo die AFD immer stärker wird. Fast die ganze Band ist in Ostberlin groß geworden. So auch Bassist Torsten Scholz und Gitarrist Bernd Kurtzke.
Bernd Kurtzke - Gitarrist Beatsteaks
"In Berlin ist die deutsch deutsche Grenze war einfach nebenan. In Dresden halt nicht. Und das ist genau der Punkt. Die Leute da haben eher nicht die Möglichkeit gehabt, `nen Kontakt irgendwie herzustellen oder so zu haben. Und das hat sich dann durchgezogen bis nach den Mauerfall. Und da kann ich schon verstehen, dass es viele gibt, die sich auf irgendeine Art nicht verstanden fühlen, abgehängt fühlen. Aber man darf halt nicht müde werden, den Leuten zu sagen, es gibt halt mehr als nur eine Möglichkeit, seinen Protest zu äußern. Und nicht irgendeiner Partei hinterherzurennen, die es ganz sicher nicht gut mit den Menschen meint."
1995 gründen sich die Beatsteaks in Berlin. Anfang der 2000er werden sie immer bekannter. 2004 dann der Durchbruch.
Schnell werden sie zu einem der besten Live-Acts des Landes.
Konzert Rock am Ring - Arnim Teutoburg-Weiß
"We came right back from moon.
Come On! Come On! Come on!
We came around.."
Aber nach erfolgreichen 20 Jahren ist die Luft raus. 2018, nach der letzten großen Tour, ist sich keiner der Fünf noch sicher, ob die Band überhaupt weiterbestehen wird.
Torsten Scholz - Bassist Beatsteaks
"Also mit Handpuppen erklärt ist das am Ende: jeder von uns führt ne Beziehung, `ne ernsthafte Beziehung mit vier anderen Personen. Und jeder von uns weiß, wie sich `ne Beziehung anfühlt, die man zu Hause mit nur einer Person führt. Jetzt nimmst du das Ganze mal vier. Und das heißt, da muss man halt glaube ich, da muss man Arbeit investieren und viel reden und sich zuhören und das haben wir halt ganz lange nicht gemacht."
Musikvideo "Dead Man"
"Trick or treat with your destiny
You walk with the zombie now.."
In ihrem neuen Song "Dead Man" geht es um Leere, Entfremdung, Resignation. Und das verzweifelte Flehen um Liebe.
Bernd Kurtzke - Gitarrist Beatsteaks
"Ich war an `nem Punkt, wo ich dachte, ich fang´ mal an zu überlegen, was du sonst noch so kannst, weil das wird, so wie es jetzt ist, das wird nicht mehr lange dauern, dann haste keine Lust mehr drauf."
Torsten Scholz - Bassist Beatsteaks
"Ich hab zwischendurch schon so gedacht: ja ok, ich könnte jetzt bei Rewe bei mir in der Weitlingstraße Regale auffüllen. Das geht schon mal."
Es kommt anders. Die Beatsteaks machen eine Mediation. Sie beginnen miteinander zu reden, sich zuzuhören. Nach 25 Jahren lernt sich die Band neu kennen. Danach gehen sie ins Studio.
Musikvideo "Detractors"
"Fuck the detractors
Light subtractors
They never see who you are, yeah, yeah"
Auf ihrem neuen Album, das erste seit 7 Jahren, merkt man den Spaß, den die Fünf wieder miteinander haben.
Torsten Scholz - Bassist Beatsteaks
"Wir haben jahrelang in Interviews oder wurde immer von uns erzählt: ja, die fünf Freunde und die fünf Freunde… und ich dachte ganz oft in Interviews so: hä, das stimmt doch überhaupt nicht. Das ist doch totaler Quatsch. Wir erzählen irgendwas in Interviews, es wird irgendwas über uns erzählt, so die sind immer so toll und so dicke und dann entsprach das nicht so richtig der Wahrheit. Und jetzt entspricht `s wieder der Wahrheit. Und das ist doch schon mal, das ist doch was wert."
Die Band hat ihre Krise überwunden. Aber es bleiben andere Sorgen. Jene über den Zustand unserer Welt. "Please" heißt das neue Album. Geschrieben auf einem Stoppschild. Es ist als Aufforderung gemeint. Bitte! Stoppt mal ganz kurz. Denkt kurz darüber nach, was los ist.
Torsten Scholz - Bassist Beatsteaks
"Mir geht schon manchmal nicht unbedingt die Muffe, aber das is schon alles ganz schön traurig gerade, wenn man sich das so anguckt. Und dann haste diese ganzen Landtagswahlen und Europawahl vor der Brust. Puh ey, ich hab keine Ahnung. Aber manchmal denke ich mir schon so, das ist alles ganz schön aussichtslos. Also bin ich ehrlich. Und natürlich kann man das, was wir im Kleinen machen, in so `ner Utopie großziehen, Dreisatz-mäßig, und sagen: ja was fünf Leute schaffen, schaffen 50. Was 50 schaffen, schaffen 500 und so weiter. Das wäre natürlich toll."
Bernd Kurtzke - Gitarrist Beatsteaks
"Wir können es nur vorleben."
Die Beatsteaks jedenfalls geben ihr Bestes. Sie sind hellwach. Und vor allem: mit viel Herz bei der Sache. Jetzt erstmal im La Casa in Hellersdorf, bald dann auch wieder auf den großen Bühnen.
Autorin: Lilli Klinger