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Wie lebte es sich als Frau in der DDR? Gleichberechtigung war staatlich verordnet, die Kinderbetreuung gut organisiert, 1989 waren 90 Prozent der Frauen berufstätig. Der Dokumentarfilm "Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, Ihr Schönen", der jetzt in die Kinos kommt, hat 15 ostdeutsche Frauen aus ganz verschiedenen Gesellschaftsbereichen nach ihrem Alltag in der DDR gefragt und kommt zu einem etwas differenzierterem Bild.
Am Ende der DDR hat der sozialistische Staat eins seiner Ziele erreicht: 90 Prozent der Frauen arbeiten, die meisten in Vollzeit.
"Wir begrüßen die Heldin der Arbeit, Genossin Engelhardt!"
Doris Ziegler, Künstlerin
"Die Frauen dort, die waren ungeheuer stolz auf die Arbeit, die sie geleistet haben. Die haben dafür Orden bekommen und Auszeichnungen und Geld auch."
Allerdings, für die "zweite Schicht" zu Hause gab es weniger Anerkennung.
Tina Powileit, Schlagzeugerin
"Meine Mutter war die erste, die morgens ausm Haus ging und die letzte, die abends zurückkam. Unterstützung von meinem Vater hatte sie nicht im Haushalt."
Einfühlsam erzählt "Die Unbeugsamen 2" von ganz verschiedenen Frauen in der DDR, von denen man sich auch heute noch was abgucken kann.
Torsten Körner, Regisseur
"Frauen, die total uneitel sind, die nicht narzisstisch sind, sondern die für andere einstehen, die eine Empathie haben. Das sind Tugenden, die wir eigentlich mehr brauchen in der heutigen Zeit und nicht weniger."
Wir treffen den Regisseur und drei der Frauen, die er porträtiert, im Freiluftkino Friedrichshain.
Torsten Körner, Regisseur
"Meine Mutter ist in Leipzig geboren und aufgewachsen und mit 17, 18 mit meinem Vater in den Westen geflohen. Das war in der alten Bundesrepublik vielfach so, dass die Männer nicht wollten, dass ihre Frauen arbeiteten. Und bis in die 70er-Jahre hinein konnten sie das eigentlich auch entscheiden, dass die Frauen nicht arbeiten. Meine Mutter hat sich oft gefragt, wie wäre es eigentlich gewesen, wenn ich in der DDR geblieben wäre?"
Das Arbeiten hätte ihr niemand verboten - im Gegenteil: Die Planwirtschaft der DDR war auf weibliche Arbeitskräfte angewiesen. Schon 1950 verkündet Ministerpräsident Otto Grotewohl:
"…das Gesetz über ihre volle Gleichstellung im öffentlichen und privaten Leben."
Doch Führungspositionen in Partei und Betrieben bleiben meist Männern vorbehalten.
Der Film zeigt auch: Frauen, die das System herausfordern, hat die Stasi schnell im Visier - so wie Ulrike Poppe, die 1982 die "Frauen für den Frieden" mitbegründet. Sie protestiert gegen den Wehrdienst für Frauen - und muss dafür ins Gefängnis.
Ulrike Poppe, Mitbegründerin "Frauen für den Frieden"
"Der Unterschied zwischen Frauen und Männern war vielleicht nicht so groß wie im Westen. Aber emanzipieren konnte man sich in einer Diktatur nur sehr begrenzt. Und diese Grenzen spürten Männer wie Frauen."
Zur Premiere in der Kulturbrauerei begleiten Regisseur Torsten Körner viele der Frauen aus seinem Film. So eng wie auf dem roten Teppich wird es auch im Kino. Das Interesse am Thema Ost-Frauen ist groß.
Viele werden sich noch an den Frauentag in der DDR erinnern. Am 8. März gab es Schnittblumen – und: Symbol-Aktionen.
"Kaffeetafel, einmal umgekehrt: Männer, die etwas auf sich halten, bereiteten ihren Frauen an deren Ehrentag auf diese Art eine Freude."
Katja Lange-Müller, Schriftstellerin
"Der internationale Frauentag war nicht das Schlimmste an der DDR. Die Frauen mochten den und die Männer hatten irgendwie eine Gelegenheit, sich mal nicht nur miteinander, sondern auch mal mit den Frauen zu betrinken."
Frauen im Betrieb:
"Ick bin optimistisch und den Optimismus lassen wir uns auch nicht nehmen."
"Ick hab schon 3 Direktoren hier überlebt. Die halten’s nicht so lange aus wie wir!"
Doch mit der Wende verschwinden nicht nur die Direktoren, sondern die volkseigenen Betriebe im Ganzen: wie das Obertrikotagenwerk in Wittstock.
Renate Strothmann, ehm. VEB Obertrikotagen Wittstock
"‘71 hab ich gekriegt die Medaille für ausgezeichnete Leistungen im sozialistischen Wettbewerb vom Kombinat. ‘87 dann die Clara-Zetkin-Medaille, wo mir berichtet wurde, dass es die höchste Auszeichnung für eine Frau ist. Und dann stehst du nach 36 Arbeitsjahren da und wirst entlassen. Musste vielleicht so sein."
Kerstin Bienert, Tochter von Renate Strothmann
"Wie der Film ausgestrahlt wurde: Ich habe es verdrängt, dass Ausschnitte von meiner Mutter kamen. Also das Kino stand unter Wasser. Das war schon… das war herzergreifend."
Katrin Sass, Schauspielerin
"Ich habe mir immer gesagt: zurück in die DDR, nie! Aber da wurde mir auf einmal warm ums Herz: die Herkunft, dieses Land, da wo man geboren ist, was auch schön war!"
Dieser Film ist nicht nur spannend für ehemalige DDR-Bürger. Sondern auch für alle, die dieses Land nie kannten. Ohne Vorurteile hört er überzeugten Parteimitgliedern genauso zu, wie Frauen, die sich der DDR entgegenstellten.
Ulrike Poppe, Mitbegründerin "Frauen für den Frieden"
"Das eine ist das System und das andere ist ein breites Spektrum an Menschen mit unterschiedlichen Begabungen, Wünschen, Träumen, Fähigkeiten, die in diesem System und oft auch trotz des Systems ihr Leben gelebt haben. Und das hilft vielleicht, den Blick zukünftig ein bisschen differenzierter auf den Osten zu richten, als manchmal so zu lesen ist."
Autorin: Anne Kohlick