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Als Schauspieler ist Sabin Tambrea mit der "Ku´Damm 59"-Reihe bekannt geworden oder mit dem Film “In einem Land, das es nicht mehr gibt”. Auch als Autor ist er erfolgreich: Sein erster Roman, war sofort in den Bestsellerlisten. In seinem zweiten Buch "Vaterländer" erzählt er jetzt sehr persönlich, wie er aus Rumänien nach Deutschland kam. Es ist eine besondere Familiengeschichte, die drei Generationen überspannt. Wir haben ihn in Berlin getroffen.
Eigentlich hat Sabin Tambrea gedacht, dass er mit beiden Beinen im Leben steht – fest und sicher. Aber das Leben lehrt einen viel Unerwartetes.
Sabin Tambrea, Schauspieler & Autor
"Also, ich dachte, nichts kann mich irgendwie aus der Kurve werfen. Die Arbeit an diesem Buch hat so ziemlich jeden Zustand ausgelöst, den ich vorher nicht erwartet hätte."
Sabin Tambrea gibt viele Interviews im Moment – signiert viele Bücher. "Vaterländer" rangiert weit oben in den Bestsellerlisten. Er hat die Geschichte seiner Familie über drei Generationen aufgeschrieben – auch, weil er danke sagen wollte.
Sabin Tambrea, Schauspieler & Autor
"Ich wurde in Rumänien geboren in eine Diktatur hinein von der nicht absehbar war, wann sie endet. Und mein Vater hat für uns Kinder sich einfach eine bessere Zukunft gewünscht und daraufhin ist er geflohen. Aufgewachsen bin ich ohne das Bewusstsein dafür, wie privilegiert wir hier aufwachsen durften. Ich hab’s für selbstverständlich genommen und mir wurde erst später bewusst, wie wertvoll das ist, was uns da geschenkt wurde."
Mozarts Violinkonzert A-Dur wird später eine bedeutende Rolle bei dieser Geschichte spielen… Was ist damals passiert?
Sabin Tambrea, Schauspieler & Autor
"Das sind meine Eltern als Studenten, das ist ungefähr acht Jahre vor der Flucht meines Vaters. Sie waren gerade Studenten in Klausenburg am Konservatorium. Hier haben wir das Haus, in dem mein Großvater gewohnt hat zu der Zeit, als er unrechtmäßig ins Gefängnis geworfen wurde."
Horea, sein Großvater mütterlicherseits – er musste als junger Mann die Hölle der Securitate erdulden. Drei Jahre lang. Wegen, kurz gesagt, nichts.
Sabin Tambrea, Schauspieler & Autor
"Ich habe meinen Großvater als herzenswarmen und ganz viel Lächeln ausstrahlenden Menschen in Erinnerung. Und deshalb hat mich das auch so erschüttert, seine Memoiren zu lesen, weil ich das nicht zusammen bekommen habe mit diesem Bild, das ich von ihm hatte."
Sabin Tambrea hat die Erinnerungen seines Großvaters an dessen Haftzeit für sein Buch übersetzt - er hat lange nicht gewagt, sich damit zu befassen.
Lesung aus Buch
"45 Jahre lang haben sie die Unschuld und das Gewissen unserer Nation beschmutzt, unsere reinsten Kinder verdorben, uns gegeneinander aufgehetzt und das ganze Land in ein einziges Lager und eine riesige Kette feiger Denunzianten verwandelt, die – um jede Gegenbewegung zu ersticken – im Austausch für ein paar schmutzige Silbergroschen nicht nur Kollegen oder Freunde verkauften sondern manchmal ihre eigenen Geschwister oder Eltern."
In Rumänien, dem Land des Unterdrückungssystems und des Personenkults von Diktator Nicolae Ceaucescu, einem Land der sich immer weiter verschlimmernden Mangelwirtschaft, sieht auch Sabin Tambreas Vater Bela keine Zukunft. 1985 nutzt der Orchestermusiker eine Konzertreise zur Flucht nach Deutschland. Seine Familie soll später nachkommen.
Sabin Tambrea, Schauspieler & Autor
"Es war eine absolut risikoreiche Entscheidung, wo es einfach keine Garantie dafür gab, dass der Plan am Ende aufgeht."
Bela Tambrea bewirbt sich bei der renommierten Phiharmonia Hungarica in Marl bei Köln– einem Orchester, das von Exilmusikern gegründet worden war. Er spielt um eine Stelle vor. Als Pflichtprogramm: Mozarts Violinkonzert A-Dur.
In einem Brief an Sabins Mutter hat Bela diesen Moment beschrieben. Showdown bei Mozart.
"Das Allegro beginnt. Nie ist mir dieser Teil so gut gelungen. Ich spiele für Dich, weil ich spüre, dass Du mit ganzer Seele bei mir bist."
Sabin Tambrea, Schauspieler & Autor
"Hätte er diesen Arbeitsplatz nicht bekommen hätte er zurückgehen müssen und wäre mit großer Wahrscheinlichkeit in einer der vielen und zahllos überfüllten Psychiatrien gelandet, die mit Regimekritikern gefüllt waren."
"Dies ist der erste festgehaltene Moment, nachdem wir in Deutschland angekommen sind, in der Wohnung in Marl."
Ein Happy End mit Bitternis – denn bei Tambreas Eltern bleiben die Schuldgefühle, gegangen zu sein. Auch für Sabin hatten die Eltern eigentlich eine Musikerkarriere vorgesehen. Doch es ist nicht sein Weg. Er wird Schauspieler – er beginnt am Berliner Ensemble, spielt dann immer öfter im Film. "In einem Land, dass es nicht mehr gibt" erzählt von der Modeszene in der DDR.
"Warum darf die eine studieren und die andere nicht? Warum kann der eine ausreisen und der andere wartet, bis er alt wird? Und ich glaube, genau das ist ihr Plan. Dass wir uns niemals sicher sind und immer Angst haben. Haben wir aber nicht!"
Erst spät hat Sabin Tambrea mit seiner Familie offen über all die großen Themen gesprochen. Die Arbeit an diesem Buch – hat viel verändert – offenbar hin zu einer Art Frieden.
Sabin Tambrea, Schauspieler & Autor
"Jetzt bin ich froh. Durch die Arbeit daran haben wir auch als Familie… sind wir anders zusammengewachsen, als es vorher überhaupt möglich gewesen wäre. Und das hat unsere Beziehung sehr erwachsen werden lassen."
Autor: Steffen Prell