-
Dort, wo heute der Konsumbunker "Alexa" am Berliner Alexanderplatz steht, stand in den 1920er Jahren die legendäre "Rote Burg", das Polizeipräsidium Berlins. Was sich hinter deren Mauern abgespielt haben könnte, das erweckte der Schriftsteller Volker Kutscher in seiner legendären Krimireihe zum Leben. Mit dem einfachen Kommissar Gereon Rath als Hauptfigur, verfilmt in der Erfolgsserie "Babylon Berlin". Nun erscheint der 10. und letzte Teil der Reihe. Wir haben mit Volker Kutscher über sein literarisches Lebenswerk und den Abschied von Gereon Rath gesprochen.
Berlin in der Weimarer Republik, in den späten zwanziger Jahren. Exzessiv. Brodelnd. Hier ermittelt Kommissar Gereon Rath in der Fernsehserie "Babylon Berlin".
Volker Kutscher, Autor
"Die Fernsehserie und die Romanreihe sind zwei Paar Schuhe. Es ist ja auch eine andere Geschichte, die Babylon Berlin erzählt letzten Endes, allein schon das Konzept. Geplant ist, die Fernsehserie bis ins Jahr 33 zu erzählen. Dann ist Schluss. Also wirklich nur. Der Untergang der Demokratie. Und für mich ist es gerade das Wesentliche über 33 hinaus zu erzählen. Das ist genau das Ding, wo ich richtig dann, ja Feuer und Flamme geworden bin für meine eigene Idee."
Das Polizeipräsidium, genannt "Rote Burg" mitten im weltoffenen Berlin, gleichzeitig Hauptstadt des Verbrechens. Wie die Nazis hier an die Macht kommen – auch das erzählt Volker Kutscher in seinen Kriminalromanen.
Volker Kutscher, Autor
"Ursprünglich wollte ich einfach mal einen Roman schreiben, der im Berlin der frühen dreißiger Jahre spielt, also vor der Nazizeit. Einfach ein Kriminalroman, so in einem coolen Spree-Chicago. Das war so der große Gedanke. Ja, und schwupp war dieses Riesenmonster-Projekt und Gereon Rath geboren."
So hat Volker Kutscher mit seinen 10 Kriminalromanen den Blick der Deutschen auf die Geschichte zwischen den Kriegen geprägt und geschärft. - Die Meisten denken da zuerst an Rath. Volker Kutscher fällt es schwer loszulassen.
Volker Kutscher, Autor
"Insofern ist es ein Lebenswerk. Ich glaube, noch mal so ein Monster Projekt, das werde ich mir nicht zumuten. Das werde ich auch wahrscheinlich zeitlich dann nicht schaffen. Ich habe in diesen 20 Jahren auch wirklich nichts anderes gemacht. Ich hatte natürlich auch andere Ideen, aber ich habe mit Nein, da bin ich ganz diszipliniert und Preuße, Rhein-Preuße halt, aber Preuße und ja und mache es erst mal anständig zu Ende."
Die Zeit ist eine düstere in der das Finale der Romane spielt: Die Nazis sind an der Macht, der Krieg wirft seine Schatten voraus. Gereon Rath gilt als tot und ist im Rheinland untergetaucht, in der Nähe von Köln. Doch schon bald kehrt er heimlich nach Berlin zurück, muss unerkannt bleiben. Verdeckt lässt Volker Kutscher ihn ehemalige Weggefährten treffen – im heutigen Heinrich-Zille-Park in Mitte.
Volker Kutscher, Autor
"Heute ist da ein Spielplatz. Damals war es nur Baumbestand mit ein paar Parkbänken. Ja, da habe ich Gereon Rath hingeschickt für so konspirative Treffen, die er mit Reinhold Gräf, seinem alten Spezi, da abhält."
"Köln - Berlin war von Anfang an eine eine Brücke, die ich geschlagen habe, weil mir klar war, mein Kommissar, meine Hauptfigur soll kein Berliner sein, sondern eben von außen reinkommen. Immer so ein bisschen Alien bleiben, ein bisschen Außenseiter und dabei irgendwie klar, ein Preuße soll es auf jeden Fall auch sein. Und dann am besten ein Rhein-Preuße. Ein Rheinländer, wie ich es eben auch bin, weil man da, glaube ich, ja, da kann ich mentalitätsmäßig am besten mich einfühlen."
Volker Kutscher selbst ist heute Kölner, Geboren ist er im Rheinland. Er hat Germanistik und Geschichte studiert, als Lokalredakteur bei einer Zeitung gearbeitet. Seine Kriminalromane sind akribisch recherchiert: Bevor er mit dem Schreiben beginnt, liest er sich durch die historischen Nachrichten der Zeit. Mit viel Liebe zum Detail entwirft er ein großes gesellschaftliches Panorama.
Volker Kutscher, Autor
"Der Blick aus der Perspektive der Zeitgenossen. Das ist mir total wichtig, den einzunehmen, den aus der Perspektive sehr unterschiedlicher Zeitgenossen. Wie hat man das damals miterlebt im Alltag und wie finden dann solche Entscheidungen statt? Wie einfach oder schwer ist es denn, da so eine Entscheidung zu treffen? und das durchzuspielen für sehr, sehr unterschiedliche Charaktere, das ist eigentlich mein Projekt gewesen, mein Romanprojekt."
Der Roman spielt im Jahr 1938, in den Tagen der Reichsprogromnacht, die Volker Kutscher drastisch beschreibt. Die Stimmung im Roman kippt, ein Schlag in die Magengrube.
Volker Kutscher, Autor
"Das ist das Ereignis. Ja der endgültige Zivilisationsbruch. Der Punkt, der zeigt, wo es hinführt, wenn man so eine Politik der Ausgrenzung betreibt."
"Ich wollte ja, wenn man so will, bis zum Point of no return erzählen, also alles, was danach kam, da war eh nichts mehr zu machen. Aber davor hätte man vielleicht noch was machen können. Und da vielleicht zu gucken, wo da die einzelnen Punkte sind, wo man was machen kann."
Volker Kutscher, Autor
"Was man schon lernen kann aus der Geschichte, ist, dass man nicht dieselben Fehler noch einmal macht. Ganz einfach. Und dass es nicht sinnvoll ist, eine rechtsextreme Partei ans Ruder zu wählen und oder zu lassen, das zeigt die deutsche Geschichte. Die Nazis haben unser Land vor die Wand gefahren. Man kann auch als Patriot das nicht so dolle finden und haben die halbe Welt ins Unglück gestürzt und Tod und Verderben gebracht. Und wenn man sich ein bisschen mit Geschichte beschäftigt, finde ich, sollte man den Fehler dann nicht noch einmal machen."
Autor: Max Burk