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In diesem Jahr erzählen beim Filmfestival Cottbus besonders viele Frauen ihre Kinogeschichten. Eine eigene Reihe widmet sich dem weiblichen Blick aus Tschechien. Aber auch aus Armenien sind Filmemacherinnen angereist. Was also macht den weiblichen Blick aus? Wir sprechen mit Regisseurinnen über ihre Arbeit und ihren Blick auf den Alltag in Osteuropa.
"Her Body" – "Ihr Körper" heißt einer der tschechischen Filme. Es geht um das Schicksal der Turmspringerin Andrea. Ihre Olympiaträume werden durch einen Unfall, zerstört. Sie geht radikal neue Wege wird Model und Pornodarstellerin.
Lenka Tyrpáková
"Es geht um die Diskussion von Selbstbestimmung und das Recht der Frauen über ihren Körper selbst zu bestimmen. Ich habe den ausgewählt als ein Ausschnitt von Filmen von Frauen aus Tschechien."
Lenka Tyrpákováenka organisiert selbst ein Filmfestival in Tschechien und hat für Cottbus acht sehr unterschiedliche Filme mitgebracht, die mit weiblichem Blick erzählen. Wie "Das Jahr der Witwe". Erzählt wird die Geschichte von Petra, die mit Anfang vierzig ihren Mann verliert. Es ist ein einfühlsames psychologisches Drama über Verlust und den Weg aus der Trauer.
Lenka Tyrpáková
"Frauen und Männer sind jeweils die Hälfte der Gesellschaft, wir verlieren etwas, wenn wir uns nicht auch öffnen und den weiblichen Blick bzw. den Filmemacherinnen mehr Raum geben. Ich sag nicht, dass Männer nicht auch über weibliche Charaktere Filme machen können, aber ich denke, es sollte beide Sichtweisen geben und sie sollten gleichberechtigt sein."
Eine der Filmemacherinnen ist Cristina Groșan. Sie lebt in Tschechien, kommt aber aus Ungarn und zeigt hier ihren Film "Gewöhnliche Fehler". Es ist ein surrealer Film über drei Frauen in drei Generationen, die alle mit ihrem Alltag zu kämpfen haben, und mit Krisen, die weit größer sind, als ihre eigenen Probleme.
Cristina Groșan
"Es geht um diese existientielle Angst in welche Richtung geht die Gesellschaft und um den Klimawandel, politische Umbrüche, wir haben viel Angst in uns. Aber für mich also in meinem Film gibt es ein Happy End. Ich habe viel über die weiblichen Perspektive nachgedacht und ob es das so gibt. Das ist hier mein zweiter Film und mein erster hatte auch weibliche Hauptdarstellerinnen. Aber ich fühle mich da eher in so eine Schublade gesteckt – ungewollt - als Regisseurin, die weibliche Filme macht. Aber eigentlich hoffe ich, dass ich menschliche Erfahrung darstelle und nicht, dass es reduziert wird auf die Erfahrungen von nur einigen. Ich denke es sind universelle Themen."
Ein weiterer Schwerpunkt auf dem Festival ist Armenien. Auch von dort sind Filmemacherinnen angereist. Zum Beispiel Inna Sahakyan mit "Auroras Sonnenaufgang".
Es geht um Aurora Mardiganian, eine Überlebende des Völkermords an den Armeniern vor über 100 Jahren. Später wird sie in den USA Schauspielerin.
Inna Sahakyan
"Ich würde gar nicht unterscheiden, zwischen Mann oder Frau - jede Geschichte sollte gehört werden - aber Frauengeschichten werden es oft nicht. Und der Fakt, dass Nationen die Genozide überlebt haben, weiterleben und ihre nationale Identität bewahren, da liegt ein großer Teil auf den Schultern der Frauen. Deshalb ist es wichtig, die weibliche Seite zu zeigen."
Die Filmemacherinnen zeigen einen ungeschminkten Blick in osteuropäische Lebenswelten. Und sie wollen wahr- und ernst genommen werden – in einer männerdominierten Branche.
Autorin: Theresa Majerowitsch