Interview | Schutz durch Sonnenbrillen - Sonnenbrillen verhindern Augenkrankheiten
Sonnenlicht schadet unseren Augen. Deshalb raten Augenärzte zum Tragen einer Sonnenbrille. Die rbb Praxis hat mit Barbara Jerratsch, niedergelassene Augenärztin aus Berlin-Lichterfelde, über den medizinischen Schutz von Sonnenbrillen gesprochen und worauf man beim Kauf achten sollte.
Frau Dr. Jerratsch, brauchen wir wirklich eine Sonnenbrille?
Bei Sonne auf jeden Fall! Kurzfristig verhindert sie, dass die Sonne uns blendet. Mit Sonnenbrille sehen wir besser. Auf lange Sicht schützt sie das Augeninnere und die Lidhaut vor UV-Strahlung. Grauer Star, Netzhautschäden sowie Bindehaut- und Hornhautentzündungen können die Folge ungeschützter Sonneneinwirkung sein, aber auch Hautkrebs an den Augenlidern. Für viele sind Sonnenbrillen auch ein modisches Accessoire, das vor neugierigen Blicken, Wasserspritzern, Fahrtwind und Insektenflug schützt.
Wem raten Sie besonders, die Augen zu schützen?
Den Leuten, die beruflich viel UV-Licht ausgesetzt sind, also Gärtner, Bauarbeiter oder Seeleute. Auch überall dort, wo das Sonnenlicht zusätzlich zur normalen Einstrahlung reflektiert wird, sollte man auf jeden Fall eine Sonnenbrille aufsetzen, also vor allem im Schnee und auf dem Wasser. In den Bergen erhöht sich die UV-Belastung alle 1000 Meter immerhin um 20 Prozent. Und selbst im Schatten kommen noch bis zu 90 Prozent der Strahlung an, da die Strahlen von allen Seiten reflektiert werden.
Wie genau funktioniert eine Sonnenbrille?
Dunkle Gläser verringern das sichtbare Licht und machen das Sehen angenehmer; die Farben erscheinen kontrastreicher. Fachleute unterscheiden die Lichtdurchlässigkeit von Filtergrad 0 bis 4. Es gilt die Grundregel: Je heller die Umgebung ist, umso höher sollte die gewählte Filterkategorie sein. Während bei 0 keine Filterwirkung besteht, absorbieren Gläser der Kategorie 4 mehr als 90 Prozent der Helligkeit – vorgesehen sind sie für sehr starke, blendende Sonneneinstrahlung auf glitzernden Oberflächen wie Meer, Schnee und Eis. Am meisten wird hierzulande die Kategorie 2 verwendet. Hier kommen noch 20 bis 40 Prozent durch, das ist bei uns im Sommer ideal. Die dunkle Farbe einer Sonnenbrille sagt allerdings nichts über den UV-Schutz aus.
Viele Brillen sind mit einem kleinen Aufkleber versehen: UV400.
Diese Brillen absorbieren jegliche Wellenlängen bis 400 Nanometer, also das komplette UV-Spektrum. Allerdings gibt es keine Überwachung für CE-Zertifikat oder UV400-Siegel – wenn Sie die Sonnenbrille am Strand oder an der Straße kaufen, haben Sie keine Garantie, obwohl die Brille einen Aufkleber hat. Dunkle Brillen ohne UV-Schutz sind besonders riskant für unsere Augen: Dann weitet sich die Pupille, so dass sie noch durchlässiger für UV-Strahlung ist. Für den UV-Schutz verwenden die Hersteller übrigens spezielle, UV-absorbierenden Materialien oder tragen eine UV-Schutzfolie auf das Brillenglas auf.
Reicht UV400 denn?
Der Verband der Augenärzte weist darauf hin, dass selbst bei UV400 noch das sogenannte blaue Licht mit einer Wellenlänge bis etwa 480 Nanometer auf die empfindliche Netzhaut trifft und auf Dauer Schäden anrichten könnte.
Was hat es mit dem Blaulicht auf sich?
Die schädigende Rolle des Blaulichts für unsere Augen ist noch nicht final geklärt. Wir haben bisher keine eindeutigen Studien dazu. Es wird diskutiert, dass das kurzwelligere Blaulicht mehr Energie hat als das langwelligere rote Licht und daher eher die Netzhaut schädigt. Bislang gibt es keine Richtlinien für Blaulicht. Die meisten handelsüblichen Sonnenbrillen haben keine Angaben zu ihrem Blauschutz. Einige Optiker bieten Blauschutz-Messungen für Brillen an.
Worauf sollte man beim Kauf einer Sonnenbrille achten?
Besorgen Sie sich eine Brille im Fachhandel und achten Sie auf das CE-Zeichen und den UV-Schutz! Beide sollten möglichst im Brillengestell und nicht nur als Aufkleber aufgebracht sein. Außerdem müssen Sonnenbrillen mit Informationen über die Filterkategorie, den Anwendungsbereich, die Art des Filters und die Lichtdurchlässigkeit versehen sein. Wenn Brillen einfach nur dunkel sind und keinen UV-Schutz haben, schadet das Ihren Augen.
Was bedeutet das CE-Zeichen?
Damit bestätigt der Hersteller, dass sein Produkt geltenden EU-Richtlinien entspricht. Es bietet eine gewisse Sicherheit, hat aber auch Schwachstellen: Eigentlich kann es jeder aufkleben, da dafür keine Prüfung durch unabhängige Stellen erforderlich ist. Zweitens ist damit nur ein UV-Schutz für Licht von einer Wellenlänge bis 380 Nanometer abgedeckt.
Gibt es irgendwelche gesetzlichen Richtlinien?
Seit Frühjahr 2015 gibt es eine neue Norm für Sonnenbrillen. Die Norm enthält Vorgaben für sicherheitstechnische Prüfverfahren, welche die Sonnenbrillen in einem Prüflabor bestehen müssen, bevor sie auf dem Markt angeboten werden dürfen.
Was hat es mit entspiegelten oder polarisierenden Gläsern auf sich?
Die Entspieglung sorgt dafür, dass Reflektionen und Blenderscheinungen ausgeschaltet werden, beispielsweise, wenn seitlich eine Lampe steht oder ein Lichtstrahl durch das Fenster fällt. Sie verhindert, dass man von Streulicht geblendet wird. Polarisationsgläser dienen vor allem dazu, den Kontrast auf vermeintlich einheitlichen Flächen zu steigern. Sie sind nur in Ausnahmefällen nötig, beispielsweise wenn man in Schneefeldern unterwegs ist.
Warum haben Sonnenbrillengläser unterschiedliche Farben?
Dunkle Farben wie braune, graue und grüne Gläser haben den höchsten Blendschutz und eine besonders hohe Farbtreue. Grau ist farbneutral. Braun bewirkt nur eine leichte Farbverfälschung und schützt auch vor blauem Licht. Grün gefärbte Gläser sind ebenfalls nur leicht farbverfälschend, haben einen leicht aufhellenden Effekt und verstärken grüne Farben. Blaue Gläser verfälschen vor allem die Konträrfarbe Orange an Schildern und Straßenkegeln und sind dadurch für den Straßenverkehr ungeeignet. Gelbe und orange Sonnengläser fangen das Sonnenlicht weniger gut ab. Dafür erhöhen sie Kontraste, besonders bei Nebel und Dämmerung, was sie für viele Outdoor-Sportarten ideal macht. Für den Straßenverkehr sind sie ungeeignet.
Sind große Brillengläser besser geeignet?
Eine Sonnenbrille soll vor der Sonne und Streulicht schützen. Insofern schirmen große und eng anliegende Gläser besser ab als kleine, abstehende. Hier kann Seitenlicht einfallen und die Netzhaut durch die erweiterte Pupille vermehrt schädigen. Die ideale Brille ist so groß, dass sie die Augenbraue und die knöcherne Seitenkante der Augenhöhle erreicht. Sie liegt aber nicht so eng an, dass sie die Wimpern staucht. Der Bügel sollte möglichst breit sein, damit kein Licht von der Seite einfällt. Es spielt also nicht nur die Größe der Gläser eine Rolle, sondern auch das Design der Brille.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dr. Jerratsch!
Das Interview führt Constanze Löffler.