Nährstoffmangel verhindern - Gut ernährt im Alter
Manchen älteren Menschen fehlt der Appetit, sie kochen nicht mehr so gern und vergessen ihre Ernährung dem Alter anzupassen. Das kann zu Gewichtsabnahme und Nährstoffmangel führen. Davor warnen Mediziner, denn das ist häufig mit einem Abbau der Muskelmasse verbunden. Die Folge: Ein erhöhtes Sturzrisiko. Die richtige Ernährung kann da helfen, aber wie?
Das richtige Maß
Mit steigendem Lebensalter sinkt der Grundumsatz des Körpers. Das heißt weniger Kalorien reichen aus, um die Energiemenge zur Verfügung zu stellen, die der Körper allein in Ruhe braucht. Doch der im Alter sinkende Grundumsatz bedeutet nicht, dass ältere Menschen pauschal weniger Nahrung zu sich nehmen sollten. Vielmehr ist es wichtig, dass der Anteil an Nahrungsmitteln, die reich an Eiweiß, Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen sind, eher steigt. Weniger wichtig werden Lebensmittel, die „nur“ Energie liefern. Mangelernährung im Alter ist ein weit verbreitetes Problem. Eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ergab, dass 41 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen und 37 Prozent der von ambulanten Pflegediensten versorgten älteren Menschen nicht genug oder Ungeeignetes zu essen bekamen.
Ursachen
Um eine Mangelernährung zu erkennen oder besser noch vorzubeugen, ist es wichtig, mögliche Ursachen zu kennen. Manchmal sind diese ganz simpel, wie etwa eine schlecht sitzende Prothese oder eine Entzündung im Mund. Häufig schwindet der Appetit durch bestimmte Erkrankungen wie etwa eine Tumorerkrankung. Aber auch durch neurologische Erkrankungen oder eine Demenz kann das Gefühl für Hunger und Durst herabgesetzt sein. Ältere Menschen nehmen häufig viele Medikamente ein, auch das kann den Appetit mindern.
Nicht zuletzt spielen persönliche Faktoren eine Rolle. Der Verlust des Lebenspartners, Depressionen und Einsamkeit führen dazu, dass ältere Menschen sich nicht mehr um eine ausreichende und ausgewogene Ernährung kümmern.
Folgen
Ein allgemeiner Gewichtsverlust ist meist nicht zu übersehen: die Kleidung sitzt lockerer, die Haut wirft mehr Falten und ist schlechter durchblutet. Ein Mangel an Nährstoffen ist dagegen ein Stück "unsichtbar", weil die Betroffenen ihr Gewicht kaum verändern. Die Folgen sind in beiden Fällen weitreichend. Eine Mangelernährung im Alter führt zu erhöhter Infektanfälligkeit, Muskelschwund, erhöhter Sturzneigung, verzögerter Wundheilung und einem gesteigerten Risiko für Knochenbrüche. Nicht zuletzt erhöht sich dadurch das Sterblichkeitsrisiko und auch die Erholung nach einer Operation oder einem Klinikaufenthalt ist verzögert.
Worauf es ankommt
Im Alter kommt es vor allem auf eine ausreichende Eiweißzufuhr an. Das verhindert den Abbau von Muskelmasse, den die Mediziner so sehr fürchten. "Muskelmasse, die einmal abgebaut ist, kann im Alter nur schwer wieder antrainiert werden", sagte Prof. Jürgen M. Bauer, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien Krankenhauses in Heidelberg jüngst auf dem Jahreskongress der Internisten in Mannheim. Das Gegenrezept lautet: Bewegung und eine ausreichende Proteinzufuhr. Um diese zu gewährleisten, sollten ältere Menschen täglich 1 bis 1,2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen; bei einem deutlichen Eiweißmangel sogar 1,4 Gramm pro Kilo Körpergewicht. Das entspricht zum Beispiel bei einem 70 Kilo schweren Erwachsenen, rund 84 Gramm Eiweiß pro Tag. In 100 Gramm Hartkäse wie Parmesan oder Bergkäse sind zum Beispiel 29 Gramm Eiweiß enthalten. Hartkäse enthält auch das besonders wertvolle Leucin, eine essentielle Aminosäure, die den Energiehaushalt in der Muskelzelle reguliert. Viel Eiweiß enthalten auch Leinsamen (24 g/100 g, Linsen (23 g/ 100 g) oder Kidneybohnen (22 g/100 g). Aber auch Molke, Milch und Joghurt sind gute Proteinlieferanten.
Eine wichtige Rolle bei der Ernährung älterer Menschen spielt Vitamin D. Dieses Vitamin kann der Körper zwar selbst herstellen, benötigt dafür aber den UV-B-Anteil des Sonnenlichts. Gealterte Haut kann weniger Vitamin D produzieren und ältere Menschen halten sich oft seltener draußen auf, vor allem wenn sie pflegebedürftig oder bettlägerig sind. "Dann ist es unmöglich, den Bedarf an Vitamin D aus natürlichen Lebensmitteln zu decken", so Prof. Jürgen M. Bauer aus Heidelberg. Er rät älteren Menschen in diesem Fall zur Einnahme von Vitamin-D-Präparaten.
Bei vegetarischer oder veganer Ernährung kann es zu einem Mangel an Eisen und Vitamin B12 kommen, welche vor allem in tierischen Lebensmitteln enthalten sind. Hier können Hülsenfürchte oder Sojaprodukte gegensteuern; gegebenenfalls wird auch hier eine medikamentöse Gabe von Vitamin B12 empfohlen.
Bei Alzheimer, oder einer vaskulären Demenz erschweren kognitive Einschränkungen zusätzlich die Ernährung. Um dem schon im Vorfeld vorzubeugen, sind Lebensmittel mit einem hohen Anteil von Omega-3-Fettsäuren hilfreich, wie Fisch, Nüsse und hochwertige Pflanzenöle.
Spezielle Trinknahrung
Manchmal kann es eine Alternative sein, älteren Menschen die mangelernährt sind, eine hochkalorische und proteinreiche Trinknahrung zu verschreiben. Das kann der Hausarzt übernehmen, die Kosten dafür zahlen die Krankenkassen. Dem Hausarzt kommt beim Erkennen einer möglichen Mangelernährung eine große Rolle zu. Er kennt seine Patienten in der Regel schon seit langem und sieht sie auch regelmäßig, so dass er mögliche Veränderungen des Ernährungszustands erkennen kann.
Praktische Tipps
Wer noch selbst in der Lage ist, seine Ernährung zu überdenken, bei dem reicht es oftmals aus, sich ein paar Regeln – zum Beispiel der Deutschen Gesellschaft für Ernährung – vor Augen zu führen. Doch viele ältere Menschen schenken ihrer Ernährung kaum noch Beachtung oder sind dazu einfach nicht mehr in der Lage. Dann kann es notwendig sein, dass Angehörige, Pflegedienste oder auch Ärzte und Pflegepersonal in Krankenhäusern sich des Themas annehmen. Konkret kann das zum Beispiel bedeuten, dass man klärt, ob nach einem Krankenhausaufenthalt vielleicht ein "Essen auf Rädern" sinnvoll sein kann. Oder dass ein Lieferdienst die Lebensmittel bringt, die der ältere Mensch nicht mehr einkaufen kann. Wichtig ist, den Ernährungszustand überhaupt in den Fokus zu rücken und sich nicht damit abzufinden, das ältere Menschen eben einfach "weniger werden".
Bewegung
Zur gesunden Ernährung gehört unbedingt ein ausreichendes Maß an Bewegung. Auf dem Jahreskongress der Internisten, wurde offensiv dafür plädiert, Sportarten zu empfehlen, die dem älteren Menschen noch etwas abfordern. Warum nicht mir 75 noch in ein Sportstudio gehen, um an Geräten die Muskeln zu trainieren? Auch Laufen, Radfahren und Tanzen bringen mehr als der tägliche Spaziergang.