Soja-Allergie | Allergisch auf die beliebte Hülsenfrucht - Wenn Superfood kribbelig macht
Soja-Latte, Bolognese aus Soja-Schnitzeln, Käseersatz aus Soja – Nahrungsmittel aus der eiweißreichen Bohne gelten als besonders gesund. Schätzungsweise eine halbe Million Menschen reagiert jedoch allergisch auf die Hülsenfrucht. Juckreiz am Gaumen, Schwellungen im Hals oder Hautausschlag können Anzeichen dafür sein.
Soja ist heute aus von der Einkaufsliste gesundheitsbewusster Menschen nicht mehr wegzudenken. Es ist Ei- und Milchersatz, wird zu Würstchen und Wurst verarbeitet und zum Müsli oder als Getränk genossen. "Sojaprodukte sind in den letzten Jahren extrem populär geworden", bestätigt Jörg Kleine-Tebbe vom Allergie- und Asthma-Zentrum Westend in Berlin.
Schwellungen im Gesicht bis zu schweren allergischen Reaktionen
Doch nicht jeder verträgt die Hülsenfrucht mit der heilsamen Aura. Schätzungsweise eine halbe Million Menschen in Deutschland leidet unter einer Soja-Allergie. Sie bemerken nach dem Verzehr rasch Beschwerden in der Mundhöhle. Die Reaktionen reichen vom Kribbeln im Mund über geschwollene Lippen bis zu verquollenen Augenlidern. "Vor allem der Kopfbereich ist betroffen", meint Kleine-Tebbe. Gelegentlich ist die Haut mit Quaddeln bedeckt, treten Atemnot, Übelkeit, Durchfall und Erbrechen auf. Besonders empfindliche Personen können in sehr seltenen Fällen heftige allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock mit Kreislaufkollaps entwickeln. Anders als bei einem Reizdarm oder einer Nahrungsmittelunverträglichkeit seien bei einer Soja-Allergie nie allein Verdauungsprobleme zu erwarten, so der Berliner Allergologe.
Kreuzreaktivität auf Birkenpollen und Sojaprotein
Die meisten Soja-Allergiker reagieren auch allergisch auf Birkenpollen. Der Frühblüher löst jedes Jahr im April Beschwerden wie Niesattacken, Nasenkribbeln, tränende Augen und ein unangenehmes Gaumenkitzeln aus. Woher diese Doppelreaktion kommt? Kleine-Tebbe verdächtigte bereits vor 20 Jahren die Ähnlichkeit zweier Eiweiße als Auslöser – das Bet v 1 in Birkenpollen und das Gly m 4 in der Sojabohne. Mit diesen sogenannten Stressproteinen schützen sich die Pflanzen gegen Schädlinge. Die Co-Sensibilität auf beide Allergene bezeichnen Experten als Kreuzallergie. Allergene, das sind körperfremde Eiweiße, auf die das Immunsystem von Allergikern übertrieben reagiert. "Das Immunsystem bildet zunächst Abwehrstoffe gegen das Birkenprotein", erklärt Experte Kleine-Tebbe. "Weil Gly m 4 aus der Sojabohne dem so ähnelt, docken diese Antikörper zum Teil auch an das Sojaprotein an und lösen dadurch allergische Beschwerden aus."
Rohes Soja in rauen Mengen
Etwa jeder zehnte Birkenpollenallergiker verträgt kein Soja – Tendenz steigend, denn die Beliebtheit für Soja nimmt weiter zu. Das Übeltäter-Eiweiß Gly m 4 ist vor allem in Lebensmitteln zu finden, die Soja roh oder wenig verarbeitet enthalten. Dazu gehören Produkte mit frischem Sojaeiweiß, also Sojajoghurt, Sojaquark, Sojagetränke und Diätpulver mit hohem Sojaanteil. Das Risiko für schwere Reaktionen steigt, wenn Betroffene große Mengen davon zu sich nehmen, beispielsweise "nach dem Sport rasch einen halben Liter Sojamilch trinken".
Verzicht heilt
Heilung bei Soja-Allergie gibt es nicht. "Dagegen hilft nur Verzicht", meint Allergiespezialist Kleine-Tebbe. "Eine Hyposensibilisierung gegen Bet v 1 bei einer Soja-Allergie war in der Vergangenheit nicht erfolgreich gewesen. Sie wird es zukünftig daher nicht geben." Für diese einzige heilsame Therapie, auch als Allergieimpfung oder spezifische Immuntherapie bekannt, wird dem Allergiker das Allergen in steigender Dosis zugeführt, um den Körper so daran zu gewöhnen. Würde Soja hingegen gekocht, geröstet oder gegart, so Kleine-Tebbe, seien bei der Birkenpollen-assoziierten Sojaallergie keine Beschwerden zu erwarten. Kleine Mengen oder Spuren von Soja in verarbeiteten Lebensmitteln sind bei dieser Allergieform unbedenklich. Zwei Drittel der Birkenpollen-Allergiker reagieren neben Soja übrigens auch auf andere pflanzliche Lebensmittel, welche die allergenen Stressproteine enthalten. Dazu zählen Äpfel, Kirschen, Pfirsiche, Kiwi, Haselnüsse, Karotten und Sellerie – allerdings nur in roher Form.
Diagnose beim Spezialisten möglich
Und die Diagnose? Sie wird vom Allergologen anhand der typischen Vorgeschichte gestellt, erklärt Kleine-Tebbe. "Wenn der Patient im April Heuschnupfen hat und über Beschwerden nach Sojagenuss berichtet, liegt mit großer Wahrscheinlichkeit eine Birkenpollen-assoziierte Soja-Allergie vor." Wer auf Soja bereits reagiert hat und ganz sicher gehen will, lässt vom Spezialisten im Blut einen Antikörpertest auf die verdächtigen Stressproteine durchführen.
Beitrag von Constanze Löffler