Stark übergewichtiger Mann spaziert in der Stadt (Quelle: imago/Ralph Peters)
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COVID-19-Risikogruppen - Erhöht Adipositas das Risiko für schwere Coronaverläufe?

SARS-CoV-2 hält die Welt und auch Deutschland seit Monaten in Atem. Viele Menschen bangen um ihre Gesundheit und vor allem diejenigen, die einer möglichen Risikogruppe angehören und ihre Liebsten sind verunsichert. Besonders traf das auch auf Menschen mit Diabetes zu. Doch neue Zahlen aus der US-Region New York deuten darauf hin, dass Übergewicht ein sehr viel größerer Risikofaktor für einen schweren COVID-19-Verlauf ist, als Diabetes.

Übergewicht ist eine Gefahr für die Gesundheit: Es setzt Herz und Kreislauf unter Druck, erhöht das Risiko für Depressionen oder auch das für Diabetes, Arthrose oder bestimmte Krebserkrankungen, wie Darmkrebs. Und weltweit nimmt die Zahl der Menschen mit Übergewicht seit Jahren zu. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert für Fettleibigkeit, die Adipositas, drei Schweregrade, die sich nach dem Body-Mass-Index (BMI) richten: Grad l bei einem BMI von 30-35, Grad ll bei einem BMI von 35-40 und Grad lll ab einem BMI von 40.

Laut Robert Koch Institut waren 2014 etwa zwei Drittel der Männer und gut die Hälfte der Frauen in Deutschland übergewichtig und rund ein Viertel der Erwachsenen im Land sogar adipös. Die größten Gruppen bei Männern wie Frauen sind im Alter zwischen 50 und 70 Jahren alt. In der Gruppe der 60-79-Jährigen machen Frauen den größten Anteil der von Adipositas betroffenen aus, was aber auch mit der unterschiedlichen Lebenserwartung zusammen hängen kann. Bei den 30-49-Jährigen liegen die Männer vorne, was die Häufigkeit von Adipositas angeht.

Adipositas als Risikofaktor für einen schweren COVID-19-Verlauf

Auf dem Preprint-Server medRxiv ist nun eine Analyse von Forschern der Grossman School of Medicine der Universität New York (NYU) erschienen, bei der die Daten von über 4.000 Patient*innen untersucht wurden, die an einer von insgesamt vier Kliniken und 260 ambulanten Zentren des Langen Medical Centers der NYU behandelt wurden - und diesen Daten zufolge gehörte nach dem Faktor Alter (65 oder älter) vor allem starke Adipositas (Grad lll) zu den größten Risikofaktoren für eine durch COVID-19 nötige Krankenhausbehandlung. Knapp 40 Prozent der Menschen, die wegen ihrer COVID-19-Infektion stationär aufgenommen werden mussten, war adipös.

Die Stärke des statistischen Zusammenhangs lag bei Adipositas Grad lll bei 6,2 und für die anderen beiden Grade bei 4,3 - letzteres entspräche einem Risiko, wie es Menschen mit Herzinsuffizienz hatten. Patient*innen mit Adipositas (jeder Art) waren demnach auch deutlich gefährdeter als z.B. Menschen mit Lungenerkrankungen oder Krebs. Auch das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf mit intensivmedizinischer Behandlung war bei Menschen mit einem Adipositasgrad erhöht.

Erhöhtes Risiko für schwere Verläufe auch bei Patient*innen unter 60 Jahren

Eine weitere Studie, ebenfalls aus der stark von SARS-CoV-2-Infektion betroffenen Großregion New York, bestätigt das erhöhte Risiko für schwere COVID-19-Verläufe auch für Menschen unter 60 Jahren - also eine Gruppe, die aufgrund ihres Alters sonst als weniger risikobehaftet gilt. Das Forscherteam um Jennifer Lighter analysierte retrospektiv die Daten von 3.615 Patient*innen, die zwischen März und April 2020 an großen akademischen Krankenhäusern New Yorks behandelt wurden.
 
Ihre Ergebnisse: Von den unter 60-jährigen Infizierten mit einem BMI zwischen 30 und 34 (Adipositasgrad l) mussten doppelt so viele hospitalisiert werden, wie unter den Normalgewichtigen. Bei Adipositas Grad ll und lll war das Risiko eine Krankenhausbehandlung zu benötigen sogar noch etwas höher (2,2 Mal so hoch). Das Risiko dafür, eine Intensivpflege in Anspruch nehmen zu müssen lag bei Menschen mit Adipositas Grad l 1,8 Mal höher, als bei Menschen mit Normalgewicht; bei Menschen mit Adipositas Grad ll + lll sogar 3,6 Mal so hoch - und das wie gesagt alles bei Patient*innen unter 60 Jahren.
 
Die Studienautor*innen ziehen den Schluss: "Adipositas scheint ein bisher nicht erkannter Risikofaktor für Hospitalisierung und Intensivpflege zu sein."

Da in den USA noch wesentlich mehr Menschen unter Fettleibigkeit leiden, als hierzulande (nämlich rund 40 Prozent der Erwachsenen, also knapp doppelt so viele, wie in Deutschland), sieht die Autor*innengruppe ihre Erkenntnisse als wichtig für das potentielle frühe Ausmachen von Risiken für schwere Verläufe an.
 
Auch andere Studien, wie z.B. aus dem französischen Lille, belegen, dass fettleibige COVID-19-Patient*innen ein höheres Risiko dafür haben, auf der Intensivstation behandelt werden zu müssen - auch in einem eigentlich nicht risikorelevanten Alter. Der Verlauf schien sich ebenfalls tendenziell umso schwerer zu zeigen, je höher der BMI lag. Bei Menschen mit einem BMI über 35 war das Risiko dafür, eine Beatmung zu benötigen, mehr als sieben Mal so hoch.

Auf der Suche nach den Ursachen

Aber warum ist gerade das Körperfett ein so wichtiger Faktor bei schwereren COVID-19-Verläufen? Das ist noch nicht abschließend geklärt. Das französische Forscherteam vermutet einen Zusammenhang mit verstärkten Entzündungsreaktionen, die im Körper von adipösen Menschen ablaufen. Diese könnten die Sauerstoffzirkulation im Blut blockieren. Auch das Team der Grossman School of Medicine in der hier erstgenannten Vorveröffentlichung sieht zumindest einen Zusammenhang zu Entzündungsmarkern bei den Patient*innen.
 
Dass große Fettansammlungen am Körper nicht nur ein gesundheitsschädlicher Ballast sind, sondern auch hormonellen Einfluss auf unseren ganzen Körper und auch die Psyche nehmen, ist lange bekannt. Das Fett mischt sich sozusagen in den Stoffwechsel, die Immunabwehr und auch in die Psyche ein, indem von dort aus vermehrt Zellbotenstoffe ins Blut abgegeben werden - sogenannte Zytokine. Diese Stoffe können das Immunsystem "anstacheln" - und damit Entzündungsprozesse vermehrt im Körper produzieren.

Beitrag von Lucia Hennerici

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