Hand hält schmerzendes Handgelenk der anderen Hand (Bild: imago images/Panthemedia)
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Interview l Rheumatherapie - Rheuma und Corona: Was für Patienten wichtig ist

Patienten mit Rheuma sind zum Teil verunsichert: Einige müssen Medikamente nehmen, um die Entzündungen im Körper zu dämpfen und das Immunsystem zu unterdrücken. Wie verwundbar macht das im Kampf gegen Sars-CoV2? Die rbb-Praxis hat beim Rheumatologen Prof. Christof Specker nachgefragt, was Rheumatiker in der Corona-Pandemie beachten müssen.

Prof. Specker, ist man durch Rheuma besonders gefährdet, sich mit COVID-19 zu infizieren?

Das hat man am Anfang gedacht - bis jetzt ergeben die Daten dafür keinen Hinweis. Wir wissen aber von anderen Infektionskrankheiten, dass man ein höheres Risiko für Infektionen hat, wenn das Rheuma nicht gut behandelt, also die Rheumaerkrankung aktiv ist und somit eine starke Entzündung im Körper herrscht.

Wir gehen davon aus, dass dies auch für Infektionen mit Corona gilt und Rheumapatienten, die gut medikamentös eingestellt sind, kein erhöhtes Risiko aufweisen. Das, was vom Robert-Koch-Institut gesagt wird - dass Patienten zu Risikogruppe gehören, wenn sie eine chronische Erkrankung haben und Medikamente nehmen, die das Immunsystem beeinflussen - scheint sich bei Rheumapatienten nicht zu bestätigen.

Was halten Sie davon, wenn man aus Sorge vor einer Coronainfektion die Medikamente absetzt?

Da raten wir als Gesellschaft für Rheumatologie ganz klar von ab. Nur aus Angst davor, sich anstecken zu können, sei es von Seiten der Patienten selbst oder auch der behandelnden Ärzte, sollen die Medikamente bitte nicht abgesetzt werden. Denn das Absetzen birgt ein hohes Risiko Rheuma-Schübe auszulösen und dadurch erhöht sich - wie schon gesagt - das Risiko für Infektionen.
 
Um solche Schübe wieder abzufangen, muss man dann oft mehr Medikamente nehmen, als zuvor und dadurch erhöht man das Risiko einer Infektion wahrscheinlich nochmals mehr. Da ist es besser, die Medikamente bei guter Einstellung kontinuierlich weiter zunehmen.

Viele Rheuma-Patienten müssen Cortison nehmen - erhöht das das Risiko einer Coronainfektion?

Es ist sehr gut untersucht und hat sich in mehreren Studien bzw. Registern zu Rheuma und COVID-19 bewiesen, dass Cortison ab einer Dosis von etwa 10 mg Prednisolon als Dauertherapie das Risiko für einen schwereren Verlauf einer Coronainfektion erhöht.
 
Ob es durch Cortison überhaupt zu einer erhöhten Zahl von Corona-Infektionen kommt, kann man zwar nicht sagen, weil man auch bei Rheumapatienten von einer hohen Dunkelziffer ausgehen muss, das heißt, viele Patienten bemerken die Infektion gar nicht, weil sie keine oder nur leichte Symptome hatten. Wir sehen aber mehr schwere Verläufe, ablesbar an der Notwendigkeit, wegen der Corona-Infektion ins Krankenhaus müssen, wenn unsere Patienten regelmäßig Cortison in einer Dosis von 10 mg oder mehr einnehmen.

Sollte ich die Cortison-Menge dann reduzieren?

Man sollte auf jeden Fall gemeinsam mit dem Rheumatologen versuchen, das Cortison in der Dauerdosierung unter 10 mg zu halten. Es gilt ja bei Cortison wegen der Nebenwirkungen sowieso die Grundregel, in der Dauerdosierung nur noch maximal 5 mg Prednisolon zu akzeptieren und bei guter Einstellung, wenn eben möglich, dann ganz ohne Cortison auszukommen. Wenn das nicht geht, weil das Rheuma schon sehr viele Jahre besteht oder sehr aktiv ist, gilt die Obergrenze von 5 mg pro Tag.

Wie gehe ich mit meinen Medikamenten um, wenn ich mich mit Corona infiziert habe?

Wenn jemand sich mit dem neuen Coronavirus infiziert und Krankheitssymptome, wie Husten, Fieber hat oder sogar ins Krankenhaus muss, sollte er die antirheumatische Medikation pausieren. Man würde die Medikamente allerdings nicht absetzen, nur weil es in der Umgebung einen Corona-Fall gibt. Selbst, wenn man einen positiven Abstrich hat, bedeutet dies noch nicht, dass man die Medikamente absetzen muss. Man kann und sollte aber gemeinsam mit dem Rheumatologen überlegen, ob man mit der nächsten Gabe der Medikamente fünf bis sechs Tage wartet, weil das die Zeit ist, in der sich eine Corona-Infektion nach einem positiven Abstrich im allgemeinen manifestiert.
 
Wir empfehlen bei der DGRh also, die Medikamente nur dann zu pausieren, wenn Patienten Symptome einer Infektion wie Husten und Fieber aufweisen. Wer allerdings Cortison in der Dauertherapie bekommt, darf das nicht einfach absetzen. Dadurch würde der Körper, der sich dann ja an die Cortisontherapie "gewöhnt" hat, zusätzlich gestresst und es käme so zu einem provozierten Cortisonmangel, der auch Nachteile hat. Hier gilt die Empfehlung, die Cortisonbehandlung mit maximal 10 mg täglich fortzuführen.
 
Das hat übrigens nichts damit zu tun, dass man die akute COVID-19 Lungenerkrankung durch die Gabe von hochdosiertem Cortison günstig beeinflussen kann.

Rheumapatienten wird es empfohlen, regelmäßig ihre Impfungen aufzufrischen. Gilt das auch in der Corona-Pandemie?

Eindeutig ja. Das betrifft auch die Grippeimpfung. Gerade, weil sich die Symptome von COVID-19 und Influenza ähneln können. Und einen Schutz vor der schweren Virusgrippe empfehlen wir allen Rheumapatienten.
 
 

Abseits der Hygiene- und Abstandsregeln – was empfehlen sie Rheuma-Patienten noch?

Wir empfehlen auch unseren Rheumapatienten die allgemeinen Regeln wie Mund-Nase-Schutz und räumliche Distanz einzuhalten. Ansonsten sehen wir keine speziellen Verhaltensmaßnahmen für Rheumapatienten, es sei denn, sie sind gerade in der Akutbehandlung einer aktiven Erkrankung und bekommen in der Anfangsphase höhere Dosierungen von Medikamenten, die das Immunsystem stärker unterdrücken - wie z. B. hochdosiertes Cortison, denn dann ist man ja mehr gefährdet. Da sollte man zum Beispiel Menschenansammlungen und Aktivitäten in größeren Gruppen meiden, gerade in den Wintermonaten.

Herr Prof. Specker, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Laura Will

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