Produzent Mario Krebs (Bild: rbb:
Bild: rbb/Michel Gilgen

Polizeiruf 110: Heimatliebe - Produzent Mario Krebs zu den Hintergründen des "Polizeiruf 110: Heimatliebe"

Am Anfang stand eine Zeitungsmeldung: Seit Jahren sei europaweit ein Anstieg der Bodenpreise in der Landwirtschaft zu beobachten. Angesichts der Zinssituation würden viele institutionelle Anleger in Agrarland investieren. In Deutschland hätten sich die Bodenpreise in wenigen Jahren verdoppelt. Weiter nachgefragt, musste ich feststellen: Das Thema Bodenspekulation beschäftigt seit langem die Bauernverbände, die Landtage, ja selbst Brüssel. Nachdem große Agrarunternehmen in Brandenburg und Sachsen-Anhalt die letzten Reste der ehemaligen LPGs übernommen und fusioniert haben, wird es für die industriell betriebene Landwirtschaft immer schwieriger, an große Flächen zu kommen. Neben Rumänien gerät Polen dadurch in den Fokus. Der polnische Staat besitzt noch immer große Mengen  Land, die in kommunistischer Zeit von Staatskolchosen bewirtschaftet wurden. Die Regierung in Warschau versucht mit mäßigem Erfolg, polnische Bauern mit Krediten zum Erwerb von Land zu bewegen, während der Kauf von landwirtschaftlichen Flächen durch Nicht-Polen eingeschränkt ist. Der Ausweg für Investoren besteht darin, Strohmänner einzusetzen. Soweit zum Wirtschaftlichen. Wer die öffentlichen Debatten in Polen verfolgt, stellt fest, dass mit der Angst Politik gemacht wird, "die Deutschen" könnten über groß angelegten Landkauf in ihre "alten Gebiete" zurückkehren. So ist der Erwerb von Häusern und Grundstücken durch Nicht-Polen weiterhin eingeschränkt. Was dabei hierzulande vergessen wird: Wer nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung in deren Dörfer und Städte zog, war oft selbst  ein Vertriebener, zwangsumgesiedelt aus dem von der Sowjetunion annektierten Osten Polens.

Als Daria Moheb Zandi und ich den Drehbuchautor und Regisseur Christian Bach ansprachen, ob er sich eine Polizeiruf 110-Episode über Bodenspekulation in Polen vorstellen könnte, sagte er sofort zu. Bei unseren Gesprächen wurde bald klar, dass die Geschichte danach verlangt, auf ganz besondere Weise auf beiden Seiten der Oder erzählt zu werden. Christian Bach hat daraufhin die Lebenswelt einer polnischen Bauernfamilie entworfen, die ins Zentrum der Bodenspekulation gerät sowie den Mikrokosmos der deutschen Akteure diesseits der Grenze. Wie beides miteinander zusammenhängt, lässt Christian Bach beim Einstieg in die Episode "Heimatliebe" bewusst offen. Im Verlauf der Ermittlungen müssen Olga Lenski und Adam Raczek erkennen, dass es in der polnischen Bauernfamilie sehr unterschiedliche Interessen gibt, der erste Eindruck also in die Irre führt, während auf der Seite der deutschen Akteure ebenfalls der Anschein trügt. Die Welt, die wir dabei auf beiden Seiten der Oder beschreiben, bleibt fiktiv, trotz aktueller und historischer Parallelen zu realen Vorgängen. Eine Treuhand Brandenburg hat es nie gegeben, Familien, die für die Rückübertragung von Ländereien kämpften, die sie durch die Enteignungen nach 1945 verloren haben, allerdings schon, ebenso aktuelle Steuerverweigerer, die den deutschen Fiskus nicht anerkennen. Und dass die Siegermächte das Land Preußen erst im Jahre 1947 per Kontrollratsbeschluss aufgelöst haben und nicht bereits direkt nach Kriegsende1945 gehört zu den komplizierten Hinterlassenschaften der damaligen Zeit.    

Pressedossier