Sendung vom 09.11.1996 - Thalbach, Katharina
Günter Gaus im Gespräch mit Katharina Thalbach
Ich war ein politischer Maler wie Delacroix und CourbetŽ
Katharina Thalbach, geboren 1954 in Ostberlin, Ziehkind von Helene Weigel, 1976 nach Westberlin gegangen. Sie ist heute eine der berühmtesten deutschen Schauspielerinnen und Regisseurinnen.
Gaus: Sie waren zwölf Jahre, als 1966 Ihre Mutter, Sabine Thalbach, eine bedeutende, berühmte Schauspielerin in Ostberlin, starb. Daraufhin nahm sich Helene Weigel Ihrer an. Die große Schauspielerin, Helene Weigel, die Witwe Bert Brechts, war damals die Prinzipalin seines Theaters, des Berliner Ensembles. Sie haben Abitur gemacht, aber vor allem waren Sie, Katharina Thalbach, Schauspielelevin bei der Weigel. Sie haben einmal gesagt, sie sei streng gewesen. Erzählen Sie: Wie war das, Ziehkind der berühmten Helene Weigel zu sein?
Thalbach: Ziehkind ist vielleicht ein bisschen übertrieben, der private Kontakt war ja eher geringer. Aber ich glaube, sie hat mir einfach die Chance gegeben zu überleben. Es war eine schwierige Zeit für mich. Ich war zwölf Jahre alt und habe allein mit meiner Mutter gelebt. Als sie starb, fühlte ich mich wie „Hänschen allein auf der Welt“. Ich wollte vorher nie etwas mit der Schauspielerei zu tun haben. Auf einmal dachte ich: Na ja, vielleicht ist es für mich doch ein höherer Auftrag, etwas weitermachen zu können, was meine Mutter – sie war 34, als sie starb – ein bisschen früh beenden musste. Die Weigel hat mir dazu die Chance gegeben. Ich hatte das Gefühl, das wird jetzt mein Zuhause, wo ich keines mehr hatte. Das klingt sehr kitschig, aber es war wirklich so. Das ist das, was ich ihr am meisten danke. Dann hat sie mir natürlich ziemlich unsentimental diesen Beruf beigebracht, der auch ein Beruf war. Die Strenge lag in erster Linie darin, dass sie mitleidlos war. Bei den ersten Proben – ich spielte eine Hure in der Dreigroschenoper, war 13 und hatte noch ein absolutes Piepsstimmchen – wurde ich erbarmungslos angeschrieen: Lauter, lauter! Das ging so lange, bis ich mit Tränen von der Bühne zur Sprecherziehung geschickt wurde. Das hat sie durchgezogen. Sie hat mir immer wieder Chancen gegeben, aber diese sehr erbarmungslos.
Gaus: Aufgewachsen mit der Mutter. Dann stirbt die Mutter, Sie sind zwölf, der Helene Weigel überantwortet, aber Abiturientin, also Schülerin an der Oberschule. Was ist Ihnen – wir kommen auf Einzelheiten später –, was ist Ihnen an DDR-Herkunft geblieben? Seither sind Sie eine ganz und gar oder nicht ganz und gar, aber doch wesentlich vom Westen bestimmte Schauspielerin und Regisseurin geworden.
Thalbach: Ich habe jetzt die Hälfte meines Lebens im Westen verbracht.
Gaus: Was ist an DDR-Eierschalen geblieben?
Thalbach: Viel. Ich habe dort meine Kindheit verbracht. Ich habe dort die wichtigsten, prägenden Erfahrungen gemacht, die man im Leben, in der Jugend machen kann. Ich habe dort meine Mutter verloren, ich habe dort meine Schule gemacht, meine ersten Lieben erlebt. Ich habe dort mit dem Beruf angefangen, ich habe dort mein Kind bekommen. Das prägt natürlich sehr. Sicher bin ich auch politisch in vieler Hinsicht sehr geprägt worden. Das ist auch etwas, was ich glaube oder hoffe, nie verlieren zu müssen – eine Art Utopie von einer Gesellschaft, die mir dort anerzogen wurde, und die ich gerne angenommen habe. Das bedeutet, dass ich – sicher anerzogen – ein natürliches Misstrauen gegen den Staat auch hier nicht verloren habe. Es sind Bilder, es sind Bilder von Kunst zum Beispiel, die Wichtigkeit von Kunst in der DDR, die ich nie verloren habe. Und jetzt komischerweise, wo ich wieder mit dem ehemaligen Osten etwas zu tun habe, sind es Straßen, sind es Gerüche, ja Zustände …
Gaus: Sie haben das gern?
Thalbach: Ich habe es gern, sehr gern.
Gaus: Wie groß ist der Kummer, dass es vorbei ist?
Thalbach: Nicht sehr groß, weil ich finde, was nicht aufzuhalten ist, das soll man auch nicht aufhalten. Es ist eine Trauer da über etwas, wovon ich gehofft hatte, dass es funktioniert, und was nicht funktioniert hat. Aber ich bin nach wie vor der Meinung, dass das, was an Ideen dort drin war, weiterleben wird und auch nicht aufhören wird, immer wieder zu kommen. Dessen bin ich mir sehr sicher.
Gaus: Erzogen von Helene Weigel in Brechts Theatertempel, früher Ruhm als 15jährige als Polly – das ist nicht die kleine Hure, von der Sie gesprochen haben, sondern es war eine Hauptrolle. Als 15jährige spielten Sie die Polly in der Dreigroschenoper – eine große Chance, aber möglicherweise auch eine Last. Wie haben Sie sich emanzipiert?
Thalbach: Emanzipiert von was?
Gaus: Von Helene Weigel, von Brecht, vom Berliner Ensemble.
Thalbach: Brecht war damals schon lange tot.
Gaus: Ja, aber sein Schatten lag über allem.
Thalbach: Ich weiß nicht, ich habe darüber nie nachgedacht. Ich habe mich vielleicht emanzipiert von der Legende, von dem Druck, die Elevin von der Weigel zu sein. Das ging ganz automatisch, denn leider Gottes starb die Weigel, als ich 17 war.
Ich machte dann noch meine Bühnenreife, dann habe ich das Theater gewechselt. Insofern habe ich mich von der Legende Berliner Ensemble sehr schnell wieder gelöst und musste zur nächsten Legende, nämlich meinem Vater Benno Besson. Von dem habe ich mich in dem Augenblick wieder gelöst, wo er Intendant wurde und ich gekündigt habe. Ich bin immer abgehauen.
Gaus: Ist Ihr ganzes Leben eine Treppe nach oben mit immer neuen Emanzipationen?
Thalbach: Das habe ich so nie gesehen. Aber ich habe immer irgendeinen Zustand erreicht, wo ich wieder was Neues machen wollte.
Gaus: Machen musste oder machen wollte?
Thalbach: Ich glaube, das gehört zusammen. Ich habe es nicht als Zwang empfunden. Also: eher wollte.
Gaus: Ich komme noch einmal auf das Wort Emanzipation. Als ich es zuerst gebrauchte, waren Sie einen Moment verwirrt. Liegt das an der Ungenauigkeit meiner Frage?
Sie haben gesagt: Meinen Sie die Emanzipation von der Weigel? Und da habe ich gesagt: ja. Wenn ich jetzt ganz allgemein gefragt hätte – hätten Sie überhaupt antworten können? Wie haben Sie sich emanzipiert?
Thalbach: Nein, da könnte ich wahrscheinlich nicht antworten. Das Wort Emanzipation war für mich, als ich es kennen lernte, immer ein Begriff aus dem Westen. Er kam mit der Frauenbewegung auf. Was die wollte war für mich etwas, das selbstverständlich war in meinem Leben in der DDR. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich mich als Frau emanzipieren müsse.
Gaus: Halten Sie das für etwas DDR-Typisches, im Vergleich zum Westen?
Thalbach: Ich glaube: ja. Es hat sicher auch etwas mit ganz praktischen Sachen zu tun. Die Bedingungen waren andere. Frauen wurden gleich bezahlt, Frauen hatten keine Probleme, ob sie sich einen Kinderwunsch erfüllen oder nicht erfüllen sollten, weil sie auch keine Schwierigkeiten hatten, ihre Kinder unterzubringen. Was die praktischen Sachen anging, hatten es DDR-Frauen wesentlich besser als die im Westen.
Gaus: Wir kommen auf diese Fragen zurück, und ich bleibe jetzt noch bei der 15jährigen Polly. Wie hat dieser frühe Ruhm geschmeckt?
Thalbach: Im ersten Augenblick natürlich sehr angenehm. Aber Ruhm war für mich immer ein merkwürdiger Begriff, ich besaß diese falsche Ehrfurcht nie. Ich wuchs mit berühmten Leuten auf, sogar mit weltberühmten wie die Weigel oder Ernst Busch, und zu denen kamen ins Berliner Ensemble Weltstars, die sie aus der Emigration kannten, die liefen als normale Menschen an mir vorbei. Deswegen konnte ich damit umgehen, das war alles relativ. Bis ich 18 war, hatte das für mich immer noch etwas mit Liebhaberei im besten Sinne zu tun. Dahinter stand nicht der Wunsch, berühmt zu werden und Karriere zu machen, sondern zu spielen. Das war für mich eine Art von Überleben. Als es dann Beruf wurde, wurde es schwieriger. Ich dachte bald: Das soll es schon gewesen sein? Ich wurde immer unzufriedener und spielte mit dem Gedanken: Jetzt höre ich auf und mache etwas anderes. Dieses Problem hat mich weitaus stärker belastet als der Ruhm, den ich in dem Sinne auch nie hatte.
Gaus: Wenn Sie es für heute noch sagen würden, wäre es kokett – oder?
Thalbach: Nein, glaube ich nicht.
Gaus: Sie meinen nicht, Sie hätten Ruhm?
Thalbach: Ich habe eine bestimmte Art von Ruhm, aber ich bin kein Star. Ich kann in aller Ruhe auf die Straße gehen. Kein Boulevardblatt – Gott sei Dank – berichtet über mein Privatleben. Ich werde nicht überall erkannt. Das ist nicht mein Problem, das ist nicht meine Form von Ruhm.
Gaus: Zur Person Katharina Thalbach: Geboren am 19. Januar 1954 in Ostberlin als Tochter der Schauspielerin Sabine Thalbach und des Regisseurs Benno Besson. Erste Engagements: 1972 das erste am Berliner Ensemble und dann an der Volksbühne in Ostberlin, erste Filmrollen – zum Beispiel in „Lotte in Weimar“ –, 1973 Geburt der Tochter Anna, die inzwischen auch Schauspielerin ist und eine Tochter hat, womit Katharina Thalbach eine sehr junge Großmutter ist. 1976 übersiedelt Katharina Thalbach von Ostberlin nach Westberlin. Engagement am Schiller-Theater, Gastspiele in Köln, in Zürich, in Paris, viele Kinofilme, darunter die weibliche Hauptrolle in der „Blechtrommel“ 1978/79, in dem deutschen Film, der einen Oscar erhielt, wenig Fernsehen. Warum wenig Fernsehen?
Thalbach: Da muss ich etwas korrigieren: eine der weiblichen Hauptrollen. Angela Winkler war wahrscheinlich wichtiger als ich in der „Blechtrommel“. – Wenig Fernsehen, wodurch kam das? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich, weil mein Herz instinktiv natürlich der großen Kinoleinwand zugetan war. Aber das war nicht der einzige Grund. Die schöneren Projekte kamen immer vom Film. Das war einfach Fakt, und natürlich habe ich auch das Theater nie aufgegeben. Das war immer eine Zeitfrage.
Gaus: Seit 1987 auch als Regisseurin an vielen Bühnen tätig. Heute ist Katharina Thalbach eine der berühmtesten Schauspielerinnen und Regisseurinnen Deutschlands. Tut Ihnen der Erfolg gut?
Thalbach: Ja. Erfolg tut gut. Ich glaube, es ist sehr deprimierend, wenn man in diesem Beruf arbeitet, überhaupt in der Kunst tätig ist, und keinen Erfolg hat.
Gaus: Was macht Ihnen Kritik aus?
Thalbach: Kritik tut weh, wenn sie schlecht ist. Ich habe sehr oft sehr viel Dresche bekommen von Kritikern. Auf der anderen Seite habe ich das Gefühl: Solange es mit dem Publikum funktioniert, kann ich das schneller wegstecken.
Gaus: Das heißt – ich werte es nicht, ich frage nur –, es gibt immer die Versuchung der Schauspielerin und Regisseurin Katharina Thalbach, ein Bündnis mit dem Publikum zu schließen, notfalls auch gegen das Stirnrunzeln der Kritik?
Thalbach: Ich denke nie über Kritik nach, wenn ich inszeniere oder spiele.
Gaus: Aber wenn sich das Bündnis einstellt zwischen Ihrer Arbeit und dem Publikum gegen die anderslautende Kritik, dann haben Sie manchmal das Gefühl: ätsch?
Thalbach: Ätsch? Nein. Es ist ja nicht so, dass es einen nicht trifft und man nicht darüber nachdenkt, was man für Fehler gemacht haben könnte. Aber wenn ich das Gefühl habe, es ist halbwegs gelungen – es ist ja sowieso immer nur halbwegs –, und es funktioniert auch mit dem Publikum, dann sage ich: Gut, die Kritik hat Gott sei Dank nicht so viel Macht, dass sie mir die Arbeit vermiesen kann.
Gaus: Wer mit Ihnen gearbeitet hat, sagt, Sie seien ein Kraftpaket. Aber wer Sie sieht, weiß, Sie sind ein körperlich kleines – gerade mal 1,55 Meter. Lassen Sie mich fragen: Haben Sie aus diesem, möglicherweise, Handicap einen Vorteil für sich gemacht? War es Ansporn?
Thalbach: Ab einem Punkt ja. ich habe lange Zeit darunter gelitten, dass ich so klein bin. Ich bin lange Zeit mit Riesenabsätzen herumgelaufen, um es zu kaschieren. Irgendwann habe ich dann gesagt: aus. Du bist so klein, es ist eben so. Dann musst du halt vielleicht ein bisschen mehr als ein kleiner Dackel sein. Sicher ist auch der Vorteil vorhanden, dass man manchmal ein Schutzbedürfnis weckt. So bewusst ist das aber nicht erfolgt. Ab einem bestimmten Punkt habe ich nicht mehr darunter gelitten.
Gaus: Haben Sie gern Schutz?
Thalbach: Ja.
Gaus: Wo finden Sie ihn?
Thalbach: Das ist eine sehr intime Frage. Manchmal finde ich ihn auch nicht.
Gaus: Was ist dann?
Thalbach: Ein sehr blöder Zustand.
Gaus: Was tun Sie, um ihn zu ändern?
Thalbach: Was tue ich dann? Ich lese viel und träume viel. Das hat sehr viel mit Träumen zu tun.
Gaus: Was ist für Katharina Thalbach Schauspielkunst? Ich zitiere zwei Aussprüche von Ihnen dazu: „ein Leben lang nicht erwachsen zu werden, infantil zu bleiben“.
Nun sagt man viel, wenn der Tag lang ist. Was ist für Sie, Frau Thalbach, Schauspielkunst?
Thalbach: Für mich ganz persönlich?
Gaus: Ja.
Thalbach: Es ist eine Form zu überleben.
Gaus: Was heißt das?
Thalbach: Ich empfinde diese Welt nicht als so einfach. Es hat auch etwas mit Flucht zu tun, dass man dort eine Form von Leben hat – wie immer hinter anderen Figuren oder in anderen Welten –, die es einem leichter macht zu träumen oder für sich im Kopf Sachen deutlicher zu machen, auf eine Art mit Leuten zu kommunizieren, die im Privatleben oder in der Welt oft viel schwieriger ist. Es ist für mich auch eine Art zu überleben.
Gaus: Im Sinne von sich die Welt fern halten, sich schützen?
Thalbach: Nein, nicht fernhalten, sondern eine Form zu finden, mit der Welt umzugehen. Ich bin – glaube ich – eher ein sehr scheuer Mensch. Diese Form von Öffentlichkeit macht es mir leichter, mit Leuten umzugehen.
Gaus: Ihre Antwort bringt mich auf eine Erinnerung. Ich habe einmal vor vielen Jahren „Zur Person: Gustav Gründgens“ gemacht. In diesem Interview sind wir an eine Stelle gekommen, wo er mir gesagt hat, als ich ihn fragte nach seiner Rolle – in jeder Hinsicht Rolle – bei den Nationalsozialisten, als der große Generalintendant, der preußische Staatsrat, der für die Nazis das deutsche Theater zu einem großen Welttheater machte, der aber auch vielen Verfolgten half. Als wir bei dieser Problematik waren, hat er gesagt: „Wissen Sie, die Bühne war der sichere Boden. Wenn da abends der Vorhang aufging, dann wusste ich, an welcher Stelle links die Tür aufgeht, und eine Salondame im grünen Samtkleid betritt die Bühne; das war Sicherheit.“ Ich habe jetzt aus dem Kopf zitiert. Dem Sinne nach hat er so etwas gesagt. Hat das, was Sie jetzt erklärt haben über Schauspielkunst, mit solcher Sicherheit, wie Gründgens sie für diese Zeit beschrieben hat, etwas zu tun?
Thalbach: Vielleicht nicht mit der Schärfe, die er dort beschrieben hat. Aber sicher, es hat für mich auch etwas mit Sicherheit zu tun. Ich bewege mich auf diesen Brettern oder vor der Kamera sicherer als auf dem normalen Pflaster dieser Welt.
Gaus: Sind Sie ein Naturtalent?
Thalbach: Weiß ich nicht. Naturtalent – was heißt das? Ich weiß nicht, was das heißt.
Gaus: Das hätte ich Sie nämlich gefragt, wenn Sie jetzt gesagt hätten: ja.
Aber wenn man über Sie nachliest ...
Thalbach: Steht das so da?
Gaus: Steht immer da.
Thalbach: Das hat, glaube ich, auch etwas damit zu tun, weil ich eben nicht im klassischen Sinn eine Schauspielschule besucht habe und sehr früh angefangen habe zu spielen. Dann heißt es immer: Das kann man nur, wenn man Naturtalent hat. Ich bin ein Dilletant, in jeder Hinsicht. Was auch etwa mit Liebhaberei zu tun hat.
Gaus: Dann sagen Sie lieber Amateur?
Thalbach: Nein, Dilettant. Dilettant hat mehr mit Liebhaberei zu tun. Ich habe auch viel gelernt, logisch. Man lernt immer. Aber ich habe es immer als Liebhaberei empfunden.
Gaus: Ziehkind als Schauspielelevin von Helene Weigel. Über dem Theater, wo Sie das sind, liegt bedeutend schwer der Schatten Brechts; da muss man fragen, inwieweit haben Sie auch zu tun gehabt mit dem Spielen aus dem Kopf, mit dem Halten von Distanz gegenüber der Rolle? Und wie sind Sie mit dem Problem zwischen Kopf und Gefühl, zwischen Kopf und Bauch fertig geworden? Oder war das nie ein Problem?
Thalbach: Das war nie ein Problem. Diese Theorien Brechts waren zu seinen Lebzeiten noch ein aktiver Prozess. Erst danach wurde es extrem, fünfzehn Jahre später war das fast ein musealer Vorgang. Ich musste, und habe es auch gern gemacht, seine Theorien studieren; ich machte ja auch eine Schauspielprüfung. Aber Brecht war für mich eigentlich immer eine Theorie. Ich konnte sie nie wirklich ausleben oder ausarbeiten und trennen in Kopf und Bauch und Herz und all die anderen Zutaten, wie Molière im „Don Juan“ sagt. Das gehört für mich alles zusammen.
Gaus: Eine ganz bewusst unsinnige Frage. Ich habe als ein sehr junger Mensch 1951, vielleicht 1950 – Sie waren noch gar nicht auf der Welt, Sie sind 1954 geboren – Therese Giehse als Mutter Courage gesehen, und wenige Wochen später die Helene Weigel. Ich habe in beiden Fällen Rotz und Wasser geheult. Jetzt kommt die ganz unsinnige Frage: Wer war die bessere Mutter Courage für Sie?
Thalbach: Das fällt mir schwer zu sagen, ich habe die Giehse nicht gesehen. Ich habe die Giehse natürlich in wesentlich mehr Rollen gesehen als die Weigel. Es ist vielleicht fast frevelhaft zu sagen: Ich bin ein größerer Fan von der Giehse. Das ist jetzt eine sehr ehrliche – vergib mir Ziehmama – Antwort: Ich habe die Weigel sehr geschätzt, aber ich glaube, die Giehse war mir näher.
Gaus: Was denken Sie: Brecht heute und das Theater heute – würde er anders schreiben, würde er anderes Theater machen wollen?
Thalbach: Mit Sicherheit.
Gaus: Können Sie sagen in welche Richtung?
Thalbach: Das kann ich nicht sagen. Aber er war ein im besten Sinne listiger Mensch, der alle Strömungen der jeweiligen Moden aufgenommen und verarbeitet hat, und da es derer so viele gibt, wäre viel passiert. Ich bin sehr traurig, dass er nicht da ist.
Gaus: Ist die Bühne für Sie eine moralische Anstalt?
Thalbach: Ich hasse dieses Wort Moral sowieso.
Gaus: Nichts gegen Schiller.
Thalbach: Das Wort Moral hasse ich. Sie meinen den Gegensatz dazu, ob die Bühne nur eine Einrichtung der Unterhaltung ist?
Gaus: Eine Einrichtung, nur Jux und Dollerei, nur comedia dell’arte oder eine Einrichtung – wieder bei Schiller –, wo der Mensch akzeptiert. Aber bleiben wir bei dem, was Schiller gesagt hat: wo es den Menschen beigebracht wird – mehr oder weniger unterhaltsam, es darf unterhaltsam sein, ohne dass es deswegen keine moralische Anstalt ist –, was zu erkennen. So interpretiere ich es jetzt. Ist es eine oder nicht?
Thalbach: Für mich schon.
Gaus: Die Bühne ist kein Selbstzweck?
Thalbach: Nein. Ich muss Ihnen gestehen: Die Chance – selbst wenn es sogenannte Flops sind, zumindest bei der Kritik Flops sind –, große und gute Texte einfach zu sprechen, empfinde ich als einen Genus, als ein Privileg. Wenn ich keine großen und guten Texte habe, dann möchte ich auch nicht Theater spielen.
Gaus: Was bedeutet Ihnen die Sprache?
Thalbach: Enorm viel. Erstens liebe ich die deutsche Sprache, weil ich sie sehr reich finde. Ich liebe gute Formulierungen, ich liebe böse Formulierungen, und ich liebe komische Formulierungen. Damit zu spielen, rauszukriegen, wie funktioniert sie, wo tut sie weh, wo löst sie Sehnsüchte aus, wo bringt sie mich zum Lachen, das ist eine Herausforderung, die mich am Theater extrem interessiert. Beim Spielen und beim Inszenieren.
Gaus: Seit 1987 arbeiten Sie auch als Regisseurin. Warum?
Thalbach: Ich war 33 Jahre alt, als ich anfing zu inszenieren. Da hatte ich wieder eine Phase, wo ich dachte, es reicht. Nur Schauspielerin sein, das ist mir einfach nicht genug. Die eine Überlegung. Eine andere Überlegung hing mit der Tatsache zusammen, dass es ab einem bestimmten Alter schwerer wird, gute Frauenrollen zu bekommen. Das hatte nichts mit Emanzipation zu tun, mehr mit dem Wunsch nach größerer Unabhängigkeit und dem Bedürfnis, die Frage zu beantworten: Kannst du auch für mehr verantwortlich sein? Das, was du dir oft erträumst als Gesamtbild, ist das nur bei dir Blödheit im Kopf oder funktioniert das wirklich? Was dir gefällt, kann das auch dem Publikum gefallen? Könnte das auch in der Arbeit mit Schauspielern gut gehen? Das waren komplexe Gedanken, die dazu führten. Ich möchte diese Aufgabe nicht mehr missen.
Gaus: Steckte in dem Wunsch, es selber zu machen, auch Frustration über Regisseure, die Sie erlebt hatten?
Thalbach: Ja, sicher auch, aber nicht so extrem. Ich hatte ein bisschen die Schnauze voll, immer nur über Regisseure zu meckern. Ich dachte mir: Moment, du musst es ja erst einmal besser machen können. Dann machte ich das Meckern doch lieber produktiv, und probierte es selber aus.
Gaus: Manche Schauspieler, manche Schauspielerinnen klagen, wir hätten heute ein Regietheater, eine Despotie der Regisseure, in der den Stücken und Schauspielern Gewalt angetan werde. Was sagen Sie zu solchen Beschwerden, und wie verpflichtend ist Ihnen Werktreue?
Thalbach: Ich habe eher das Gefühl, dass im Augenblick die Schauspieler im Theater und auch im Film wieder wichtiger werden. Es gibt wieder Stars. Da ist der Vorwurf nicht mehr ganz so berechtigt. Der traf vor zehn Jahren zu. Meine Erfahrung ist da auch nicht so extrem, dass ich nur über die Regisseure meckern musste. Was die Werktreue betrifft: Ich halte mich immer für relativ werktreu. Manchmal vielleicht sogar viel zu viel, dass ich denke, man müsste viel innovativer mit Stücken umgehen, wie es viele Regisseure machen. Ich halte mich da für sehr altmodisch.
Gaus: Und wie behandeln Sie die Schauspieler?
Thalbach: Ich glaube gut. Weil ich selber weiß, was das heißt.
Gaus: Was sagen die Schauspieler? Hören Sie es manchmal?
Thalbach: Ja, manchmal höre ich es. Ich weiß natürlich nicht, was sie hinter meinem Rücken reden. Das will ich vielleicht auch lieber nicht wissen. Aber ich glaube, ich habe ein ganz gutes Verhältnis zu den Schauspielern.
Gaus: Sind Sie leicht zu verletzen?
Thalbach: Ich? Ja.
Gaus: Was verletzt Sie am meisten?
Thalbach: Unsicherheiten. Wenn ich merke, dass ich unsicher bin – und ich bin schnell zu verunsichern.
Gaus: Sie haben bisher keine Gegenwartsstücke inszeniert. Warum nicht?
Thalbach: Feigheit.
Gaus: Ja, Feigheit?
Thalbach: Feigheit.
Gaus: Vor zu großer Verantwortung?
Thalbach: Vor zu großer Verantwortung, und dann natürlich ist da auch ein zu großes Misstrauen. Es ist natürlich viel schwieriger, und die Welten, in die man abtauchen kann mit alten Stücken, machen mir Spaß. Vielleicht ist es auch Feigheit davor, mich mit der Realität so hart auseinanderzusetzen. Das kann durchaus sein. Ich weiß es nicht genau. Ich glaube, es ist Feigheit. Ich hoffe, irgendwann einmal knacke ich diese Feigheit.
Gaus: Im Jahr 1976 gingen Sie von Ostberlin nach Westberlin. Nicht aus politischen Gründen, wie Sie betonten, sondern weil Ihr damaliger Lebensgefährte Thomas Brasch, Schriftsteller, Theaterdichter, Filmemacher, in Ostberlin nicht so arbeiten konnte, wie er wollte. Sie machten schnell Karriere auch im Westen. Worin sahen Sie und wie empfanden Sie den Unterschied zwischen Theatermachen in der DDR und im Westen?
Thalbach: Ich kam damals in einer ganz bestimmten Phase in den Westen, dabei lernte ich zwei Seiten kennen. Ich habe damals am Berliner Schillertheater gearbeitet, habe so einen Regisseur wie Hans Lietzau kennen gelernt, den ich sehr verehrt habe, und mit dem ich sehr gerne gearbeitet habe. Der war mir überhaupt nicht fremd, bei ihm hatte ich fast das Gefühl, das ist wie zu Hause. Ich habe aber gleichzeitig noch Nachwehen der sogenannten 68er Schiene kennen gelernt, wo sich das Theater auf einem ganz anderen Gleis bewegte. Das war mir sehr fremd. Da kamen dann solche Formulierungen von Schauspielern wie: Wie komme ich drin vor? Was mich sehr befremdet hat, weil ich dachte: Wen, um Himmels willen, geht da unten an, was mit mir heute Abend los ist? Die wollen ein Stück und Figuren sind sehen. dass ich immer was von mir preisgeben muss, das finde ich billig wie Brombeeren, wie Eisler gesagt hat. Solche Debatten waren mir sehr fremd. Und dann war doch der große Unterschied: Es nicht so wichtig war, was auf der Bühne stattfand, wie es in der DDR der Fall war. Kunst besaß in der DDR eine sehr große politische Bedeutung. Aber sie war natürlich auch ein öffentliches Medium, in dem mit einer geheimen Sprache Sachen mitgeteilt wurden, es gab eine viel größere politische Korrespondenz zwischen unten und oben. Das war hier, im Westen, natürlich überhaupt nicht der Fall. Daran musste ich mich gewöhnen.
Gaus: Hat es Ihnen gefehlt, was Sie im Stich gelassen hatten, was Sie aufgegeben hatten?
Thalbach: Natürlich hat es mir auch gefehlt.
Gaus: Vor einiger Zeit haben Sie gesagt, Sie seien im Augenblick – aber wie eigentlich doch alle – orientierungslos. Und Sie hielten für möglich, dass in „zehn, zwanzig Jahren der Sozialismus wieder Fuß fassen“ werde. Drückt das eine Hoffnung aus?
Thalbach: Klar drückt das eine Hoffnung aus. Ich meine, die Welt, so wie sie ist, ist ja nicht unbedingt so attraktiv. Bis auf einige Ausnahmen. Der Wunsch nach einer gerechteren Welt ist etwas älter als der Sozialismus. Wie immer er sich äußert, ob nun mit dem Namen Sozialismus oder nicht, er ist präsent und wird sich durchsetzen. Ich habe gerade im „Stern“ einen Bericht über die brasilianischen Landarbeiter gelesen, die wie im Mittelalter einen Bauernkrieg für ihre Interessen führen. Ich finde es hoffnungsvoll. Vielleicht bin ich wirklich eine Träumerin und Utopistin, aber wenn ich mir diese Hoffnung nicht mehr vorstellen kann, dann fehlt mir auch der Grund, Kunst zu machen. Dann muss ich mir ein ganz, ganz stilles Plätzchen suchen und noch ein paar Blumen anpflanzen und mich aus dieser Welt verabschieden. Ohne diesen Traum von einer gerechteren, besseren Welt fände ich sie furchtbar.
Gaus: Wenn Sie sagen: orientierungslos – was bedeutet das für Sie?
Thalbach: Ich kann es nur im Zusammenhang mit Arbeit sagen: Wo sind die Verbündeten, wo sind die Richtungen? Wo sind die Organisationsformen. Angesichts von immer größer werdendem Geldmangel, von immer schnellerem Erfolg-haben-müssen, angesichts von immer weniger Möglichkeiten für Kontinuität und für Suche, auch von Möglichkeiten, Risiken einzugehen, kann man leicht die Orientierung verlieren. Verbündete und eine Form von Sicherheit zu finden, das gibt Orientierung.
Gaus: Sie sind jetzt 42 Jahre alt. Denken Sie manchmal als Alter?
Thalbach: Ich denke ans Alter, seit ich denken kann. Ich habe mich nie als jung empfunden, selbst als ich Fünfzehn war nicht. Ich hatte nie ein besonderes Verhältnis zum Alter. Ich fühlte und fühle mich zugleich wie eine sehr alte Frau und eine Fünfzehnjährige.
Gaus: Sie fürchten sich auch nicht vorm Alter?
Thalbach: Natürlich fürchte ich mich vorm Alter. Ich fürchte mich vor Krankheit. Ich fürchte mich vor Siechtum. Ich fürchte mich vor dem Verlust von Produktivität.
Auf der anderen Seite finde ich Alter auch wahnsinnig spannend und genieße die Erfahrungen, die damit zusammenhängen. Aber ich habe großen Schiss vor den damit verbundenen unangenehmen Eigenschaften. Davor, dass man einsam wird, dass man eben krank wird, nicht mehr angenommen wird. Das kommt doch in dieser immer mehr amerikanisch werdenden Welt, wo Jugend als absolutes, tolles Ding propagiert wird und Jungsein alles ist. Jede Falte muss versteckt werden, die Jährchen, die man auf dem Buckel hat, sollte man nicht mit großem Stolz tragen, sondern sie besser kaschieren.
Gaus: Ist Ihnen die Welt, in der wir leben, in den letzten zehn Jahren fremder geworden?
Thalbach: Die Schnelligkeit macht mir schon Angst.
Gaus: Eine erwachsene Tochter zu haben, die eine Tochter hat.
Wie viel bedeutet das?
Thalbach: Viel, sehr viel. Es ist ein großes Vergnügen, mit einem Baby oder – sie ist ja schon etwas größer – mit einem kleinen Kind was zu tun zu haben, was mir mit gehört, aber wofür ich nicht die Verantwortung habe.
Gaus: Was sagt das Kind zu Ihnen?
Thalbach: Das sagt noch gar nichts.
Gaus: Soll es Oma sagen?
Thalbach: Ich hoffe doch. – Zweitens – Sie fragten nach den Kind – empfinde ich es als eine große Chance, dass ich mit Sechzig – was ich überhaupt noch nicht als alt empfinde – die nächste Generation erleben könnte. Und vielleicht sogar mit Achtzig dann eine weitere ... Zu sehen, dass etwas weitergeht, das finde ich wunderbar. Ich empfinde es als etwas extrem Feines.
Gaus: Welche Eindrücke, welche Empfindungen vermittelt Ihnen das heutige Deutschland?
Thalbach: Furcht. Oder nein, Furcht ist ein falsches Wort. Ich finde es unwahrscheinlich spannend, Zeuge sein zu können und zu beobachten, wie etwas Neues entsteht. Ob das schön ist, das weiß ich noch nicht. Deswegen finde ich im Augenblick diese Umbruchsituation klasse. Ich fürchte mich viel mehr vor der Phase, wenn das fertig ist. dass ich bei der Entstehung dabei sein kann, empfinde ich als ein großes Privileg in meinem Leben. Ich habe sehr frühe Erinnerungen, und erinnere mich noch genau an die Zeit, als die Mauer gebaut wurde, ich habe sie persönlich sehr extrem mitbekommen. Weil ich in Westberlin war, meine Mutter in Ostberlin, und ich erst sieben Tage später die Stadthälften gewechselt habe, ganz allein über die Invalidenbrücke. Ich habe die Zeit der Mauer in der DDR noch sehr stark in Erinnerung: die ersten Verwandtenbesuche, die Verweigerung meines Wunsches, nach dem Tod meiner Mutter in den Westen zu gehen, die Übersiedlung und schließlich die Öffnung der Mauer. Da war ich nicht nur Betroffener, sondern auch privilegierter Zeitzeuge. Ich sitze wie in einem spannenden Film.
Gaus: Berlin als Baustelle.
Thalbach: Berlin natürlich als klassischen Punkt, was es immer war. Als Ausdruck von der Naht. Aber im Allgemeinen: Ich kann nicht sagen, dass ich es besonders gemütlich finde.
Gaus: Was finden Sie ungemütlich?
Thalbach: Vielleicht die Werte. dass alles nur noch um Verkäuflichkeit geht und nicht mehr um Utopie.
Gaus: Was Sie am Anfang schon einmal gesagt haben. Nun kann man niemand zu seinem Glücke zwingen. Wenn Sie der DDR einen Vorwurf machen müssten, könnte er der sein, dass man versucht hat, Menschen zu ihrem Glücke zu zwingen?
Thalbach: Ja. dass man sie entmündigt hat. Das werfe ich ihr wirklich vor.
Gaus: Und wenn Sie der Bundesrepublik, die jetzt größer geworden ist und die DDR mit umfasst, einen Vorwurf machen müssten, wäre Entmündigung nicht drin?
Thalbach: Die gehört dazu. Die tun gar nicht so, als ob es anders wäre. Die DDR hat anders getan.
Gaus: Thomas Brasch, Ihr ehemaliger Lebensgefährte, ist – nur am Rande erwähnt, nur um meinem Ehrgeiz Zucker zu geben – nicht der Vater Ihrer Tochter. Ist Thomas Brasch vielleicht der geistige Vater Ihrer Tochter, ihr Ziehvater.
Thalbach: Mit Sicherheit, ja.
Gaus: Thomas Brasch war auch Ihr künstlerischer Gefährte in einem sehr hohen Maße. Ist es kennzeichnend für Ihr Verhältnis zu Männern, Frau Thalbach, dass auch der künstlerisch befruchtende Austausch dabei sein muss?
Thalbach: Grundsätzlich muss ich diese Frage mit Ja beantworten.
Gaus: Sie beantworten sie aber nicht gern, weil Sie meinen, das gehe niemanden was an.
Thalbach: Ich glaube schon, dass es dazugehört. Aber das bedingt sich auch gegenseitig. Es mit jemandem wie mir auszuhalten, vermag wahrscheinlich nur einer, der selber mit dem Theater etwas zu tun hat.
Gaus: Brecht hat viel von Frauen bekommen.
Thalbach: Ich habe viel von Männern bekommen.
Gaus: Auch künstlerisch?
Thalbach: Ja.
Gaus: Steht Thomas Brasch ganz oben?
Thalbach: Ich will da keine Einteilung vornehmen.
Gaus: Erlauben Sie mir eine letzte Frage. Sie haben einmal gesagt: „Wenn ich, Katharina Thalbach, mittelmäßig würde, würde ich sofort aufhören.“ Worauf, auf welchen Maßstab verlassen Sie sich dabei, Frau Thalheim?
Thalbach: Habe ich das gesagt? Hoher Anspruch. Ich glaube, wenn ich nicht mehr suche, wenn ich mich zufrieden gebe mit dem Erreichten, wenn ich meine Zweifel wegtue und nicht selber mehr erkenne, wann ich – mit Verlaub gesagt – Scheiße gebaut habe, dann sollte ich wirklich besser aufhören. Noch merke ich natürlich merke, was ich vielleicht manchmal nicht zugebe. Aber wenn ich das, auch wenn ich es nicht immer zugebe ... Vielleicht könnte ich das so beschreiben: Wenn ich mich zufrieden geben, ist es vorbei.